Härtetest : Produktionswettbewerb Fabrik2016: So lief die Evaluierung bei Kapsch Components

Die Zahlen sind schwindelerregend. 124 Millionen Komponenten für die Elektronikbaugruppenfertigung fanden im vorigen Geschäftsjahr ihren Weg ins Materiallager des Wiener Kapsch-Werks in der Gutheil-Schoder-Gasse 17 in Wien- 23 – daraus resultierten nicht weniger als 3.500 Fertigungsaufträge für das 155-Mitarbeiter-Werk. Nach der Eingangsprüfung und der Erfassung im ERP-System fünf sogenannten Lean-Liften überantwortet, gelangen die Teile auftragsbezogen nach dem FIFO-Prinzip an ihre nächsten Bestimmungsorte. Und das üblicherweise nicht ohne allzu großer Verweildauer in den Materialspei- chern, wie Kapsch-Components-Produktionsleiterin Martina Szabo versichert: „An starken Tagen reißen wir der Logis- tik die Materialkomponenten sprichwörtlich aus den Händen“, sagt sie. Wie sie das erzählt, bleibt es nicht ohne Wir- kung. Doch das dreiköpfige Evaluierungsteam von Fraunhofer Austria, das das Werk an diesem Spätseptembertag mit hartnäckiger Detailversessenheit einem Augenschein unterzieht, bohrt tiefer. Wie genau verlaufen die logistischen Wege etwa zu den SMD-Linien? Wie schlüssig ist das hiesige Kanban-System realisiert? Und auch: Wie ordnen Mitarbeiter im Warenausgang – er ist nach den Prinzipien der chaotischen Lagerhaltung aufgesetzt – die richtigen Artikel schnell und effizient einer Liefer- tranche zu?
Ganzheitlicher Blick in die Kapsch-Welt
Bohrende Fragen wie diese hat er sich erwartet, insgeheim erhofft, sagt Standortleiter Martin Fichtner. Die Geschäfte des Elektronikfertigers laufen gut, im Geschäftsjahr 2015/16 erwirtschafteten die Wiener, Tochter der Kapsch TrafficCom, mit Produkten für Abnehmerbranchen wie Telekommunikation, Telematik und industrielle Elektronik 43,3 Millionen Euro Umsatz. So genannte Factory Acceptance Tests oder Auditierungen wie etwa jene nach der Qualitätsmanagementnorm 9001 hätte man überzeugend bestanden – ein ganzheitlicher Blick in die Prozesswelt des Unternehmens von außerhalb jedoch sei jetzt der richtige Schritt, man wolle es einfach wissen, versichert Fichtner.
Bestände gering
Und so fühlen die Experten von Fraunhofer Austria im Vormittagsabschnitt – nachmittags sollten mehrstündige Intensivierungsgespräche folgen – der Wiener Hightech-Produktion an diesem Dienstag Station für Station auf den Zahn. In den drei SMD-Linien – hierwerden die Komponenten penibel gesetzt und mit der Leiterkarte verlötet – produziert man noch „kundenneutral“, schildert Oliver Weinert, Leiter Produktionstechnik. Erst später – an den Rundtaktern – findet die Individualisierung der Auftragslose gemäß Produkt statt: Roboter fügen die Elektronik vollautomatisch in die Transponderschalen und verpressen sie. „Produziert wird zu einhundert Prozent auf Kundenauftrag“, schildert Christian Herbst, Head of Management Systems HSSEQ. Mittels Kanban halten die Wiener die Bestände gering. Neben technologisch hochgerüs- teten Fertigungs- und Prüfstationen und -apparaturen verfügen die Wiener auch über einen ziemlich kompromisslosen Software-Ansatz: Weit in die automatisierte Fertigung eingespiegelte Systeme wie MES oder MDE ermöglichen „unter anderem bessere Schichtübergänge“, sagt Produktionsleiterin Martina Szabo. Dass hinter alledem ziemlich motivierte Mitarbeiter stehen, belegen die internen Projektberichte zur schlanken Ferti- gung, etwa 5S. Aber eben nicht nur die Berichte.