Shared Economy : Machine Sharing: So teilen Sie Produktionskapazitäten effizient

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© freshidea - Fotolia

Es sind Zahlen, für die sich die Branche nicht zu schämen braucht: Um satte sieben Prozent wuchs Europas Maschinenbau zwischen 2010 und 2014 - ein Höhenflug, der gut begründet scheint. Europa punkte mit "herausragender Produkt- und Servicequalität" - so lautet das Fazit einer Studie des Deutschen Maschinenverbands VDMA, in die Einschätzungen von über 200 Maschinenbauern einflossen. Doch neben leicht verdaulicher Zahlenkost gab es auch einen Happen Kritik: Erst ein Fünftel der Unternehmen hätte bereits die so dringenden neuen Geschäftsmodelle aufgebaut, die viele vollmundig seit Jahren versprechen. Eine gefährliche Gratwanderung - technologisch hochinnovativ, hat es der Maschinenbau bisher über weite Strecken verabsäumt, den Sprung vom reinen Lieferanten für Hardware zu einem vollintegrierten Anbieter für Maschine, Software und Services zu vollziehen: Maschinenbauer müssten flexibler werden, heißt es in der Studie mit mahnenden Worten. "Experten für Digitales" müssten stärker in das eigene Netzwerk integriert werden. Und pikant - auch erbitterte Mitbewerber, wenn die Auftragsbücher auch noch morgen voll sein sollen.

Beben in der Ingenieurswelt

Denn was sich noch reichlich schemenhaft am Horizont abzeichnet, könnte die bisherige Denkart des Maschinenbaus, der von immer neuen Stückzahlenrekorden lebt und gedeiht, schlagartig obsolet machen: Die digitalisierte Zukunft lässt keinen Platz für Abschottung. Die Shared Economy wird völlig neue Produktionsverbunde bringen. Schon morgen könnten im Internet freie Maschinenkapazitäten - kinderleicht in Echtzeit einsehbar und erwerbbar - gehandelt werden. Für Trumpf-Forschungschef Peter Leibinger ist das keine allzuferne Vision, wie er einer Zeitung mitteilte: "In Zukunft müssen wir uns ein ganzes Stück vom ingenieursgetriebenen Denken befreien", sagt er. Bessere Auslastung in Kombination mit einem machine sharing-Ansatz mache für das gleiche Ergebnis nunmal weniger Maschinenkapazität erforderlich. Der Umsatz were dann eben über eine "optimale Steuerung der Aufträge" hereingespielt, so Leibinger.

Tabus fallen

"Kapazitätenbörsen widersprechen eindeutig der früheren Philosophie von Maschinenherstellern, ausschließlich im Neumaschinenabsatz ihr Heil zu suchen", sagt er. Regelrecht tabuisiert seien neue Vertriebsmodelle gewesen. Die jetzt an Glaubwürdigkeit gewännen, wie ein Beispiel aus dem Spritzgießbereich zeigt: Immer mehr Betriebe sind Besitzer einer Spritzgussmaschine - "aber nicht ihr Eigentümer", beobachtet Karner. Kapazitätsbörsen würden nun ebenfalls für einen gesunden ökonomischen Ausgleich sorgen, wenn man die ineffizienzte Anlagenabschreibung durch nicht optimale Auslastung betrachtet. "Dass Missverhältnis von Investition und Produktion wird korrigiert, sagt Karner.

DMG-Börse

Einer der ersten, der sich vorgewagt hat, ist der Maschinenbauer DMG Mori. Auf der Metallverabeitungsmesse METAV im Februar wurde die Online-Börse Matool.com vorgestellt. Laut Matool böte die Plattform "schnellen Zugang" zu freien Maschinenkapazitäten und "Chancen für neue Geschäftsmöglichkeiten". Ein Schweizer Fertiger hat sich etwa schon registriert, um zusätzliche Kapazitäten in die eigene Fertigung zu kriegen. "Wir sehen großes Potential, wenn der Stein erst mal ins Rollen gekommen ist", heißt es in dem Betrieb. In der Tat ist die Idee bestrickend: Zum Abfangen von Auftragspitzen - etwa infolge eines gerade hereingekommenen Großauftrags - greift ein Bearbeiter auf die Maschinenkapazitäten eines Partners in derselben Region zurück. Der wiederum profitiert von einer besseren kapazitativen Auslastung. Am Ende verfügen beide Unternehmen - Stichwort Umsatzgenerierung - über besser eingesetzte Maschinenressourcen. Matool ist ein Beispiel von wenigen. "Warum Maschinenbauer machine sharing noch mehrheitlich "aus ihrer Gedankenwelt ausblenden, ist mir schleierhaft", meint ein Produktionsexperte. Gerade das Aufkommen disruptiver Geschäftsmodelle in Branchen wie der Luftfahrt sollte ein Umdenken provozieren. "Was der 3D-Druck dort in kurzer Zeit zu ändern vermochte, würde mich als Maschinenbauer nervös machen", sagt er.

Handel sieht Chancen

Selbst der Handel müsste sich nicht als großer Verlierer einer Shared Economy sehen. Der Maschinenabsatz würde sich in einem solchen Szenario vielleicht rückläufig entwickeln, dafür legen die "durch Service, Wartung und andere Dienstleistungen erzielten Umsätze zu", glaubt Anton Köller, Geschäftsführer des auf Okuma und Quaser spezialisierten Wiener Maschinenhändlers precisa CNC-Werkzeugmaschinen. Sharing-Modelle wie etwa das in der Zerspanung derzeit höchstens in Spurenelementen verbreitete Maschinenleasing könnten leichter Kunden finden, als einige in der Branche wahrhaben wollen: "Entwickler sind furchtbar auf neue Features bedacht", beobachtet Köller. Für Kunden sei Wertschöpfung wichtiger - "da kann ein neues Geschäftsmodell, das diese optimal berücksichtigt, durchaus Platz haben", meint er. Er gibt aber zu bedenken, dass Sharing-Modelle naturgemäß wohl eher bei stärker standardisierten Prozessen ihren Nutzen entfalten könnten. Mithin Prozesse, die auf der langen Werkbank ohnedies günstiger abgebildet werden könnten.

Zielgruppe wächst

Und die Anwender? Das Fertigungsbetriebe immer noch ganz gern uneingeschränkt Kapazitäten samt Puffer zur Verfügung haben, ist die eine Wahrheit. Die andere, dass die Sichtweise, Sharing Economy werde "nur von Spinnern oder Idealisten" betrieben, längst von der Wirklichkeit widerlegt ist, wie Daniel Palm, Professor für Logistikmanagement an der ESB Business School der Universität Reutlingen zu Protokoll gibt. Die Autoindustrie macht es vor: Kaum einer ahnte, dass Sharing-Dienste wie MyDrive einmal derartige Akzeptanz finden.

Grundsätzlich begrüßenswert findet die Idee geteilter Kapazitäten der Werkleiter eines Kunststoffwerks in Oberösterreich. "Wir ließen lieber einige Lose von einem Mitbewerber produzieren, als wegen eines Engpasses in der eigenen Fertigung zu riskieren, dass der Kunde ein Werkzeug abzieht", sagt er. Denn so etwas hänge einem Fertigungsbetrieb durchaus länger nach. Die Zertifizierung wäre für einen kurzentschlossenen Kapazitätentausch seiner Meinung nach kein wirklicher Hinderungsgrund. Das betreffe weniger nachgelagerte Fertiger. Sondern - um beim Beispiel Automobilbau zu bleiben - noch eher Tier-One-Zulieferer. Dass trotz der einfachen Handhabbarkeit per Computer die Mitgliedschaft bei einer Kapazitätenbörse durchaus auch Betreuungsaufwand, etwa des Fertigungspartners, mitbringt, glaubt er aber schon. Darum dürfte ein einspringender Fertigungsbetrieb auch nicht weiter als 100 Kilometer vom Firmenstandort entfernt liegen: "Alles andere wäre unrentabel".