Maschinenbau : Der Blick asiatischer Maschinenbauer nach Europa

containers food boxes chinese cuisine takeout take chopsticks lunch asian dinner isolated carton fast paper carry objects convenience red utensil east color eating japanese blank restaurant empty oriental cardboard open image japan sticks snack symbol receptacle rest vietnamese wood containers food boxes chinese cuisine takeout take chopsticks lunch asian dinner isolated carton fast paper carry objects convenience red utensil east color eating japanese blank restaurant empty oriental cardboard open image japan sticks snack symbol receptacle rest vietnamese wood
© Denis Tabler - Fotolia

Botschafter, Minister, hochrangige russische Unternehmer. Alle sind sie an diesem Maitag nach Berlin gekommen. Ihre Stimmung: nicht grundlos ausgelassen. Der Majak-Preis, vom Verband der russischen Wirtschaft in Deutschland vergeben, würdigt auch diesmal wieder besondere unternehmerische Leistungen. So etwa in der Kategorie „Innovatives und erfolgreiches Management“: Die russische Industrieholding Kirovsky Zavod nimmt die vielbeachtete Auszeichnung entgegen. Die Rettung des Maschinenbauers Monforts aus der Insolvenz und seine erfolgreiche Restrukturierung – beides war der russischen Gruppe gelungen, heißt es in der Jurybegründung. Um Dankesworte nicht verlegen: Vorstand Albrecht Bochow. Man sehe sich bestärkt im Engagement als strategischer Investor in Deutschland, gibt er an diesem Tag zu Protokoll. Und die Anwesenden erfahren, wie Bochow nachhaltiges Wirtschaften interpretiert: "Auch bei Kunden und Lieferanten, der Region sowie Branchenverbänden konnten wir uns als langfristig orientierter Investor in Deutschland etablieren", sagt er nicht ohne Stolz. Das war 2013. Worte, die etwas mehr als ein Jahr später nicht mehr viel wert sind: Der russische Eigentümer kappt 2014 – wie man hört unfreiwillig – den Liquiditätszufluss. Monforts schlittert nach 2010 zum zweiten Mal in die Insolvenz. Im Zuge eines Asset Deals überführt die Taiwaner Maschinenbaugruppe Anderson neben dem Anlagevermögen auch Mitarbeiter sowie Namens- und Produktrechte in die neue Gesellschaft Monforts. Wieder hören die Mitarbeiter ein Bekenntnis zur Kontinuität: Der Fortbestand des Unternehmens sei gesichert, heißt es bei der neuen Mutter aus Asien. Monforts könne von der Wachstumsstrategie profitieren, "die Anderson vorantreibt".

Mehr als nur Verwalter

In der im Zuge der Insolvenz um zwei Drittel dezimierten Belegschaft am Standort Mönchengladbach keimte trotz zukunftsoptimistischer Töne des Neueigentümers freilich Skepsis über die Haltbarkeit dieser Versprechen. Ängste, die nur mehr wenig gemeinsam haben mit der marottenhaften Sorge eines "Ausverkaufs" des deutschen Maschinenbau-Know-hows der frühen Zweitausenderjahre, als sich chinesische Firmen mit wachsendem Interesse nach in Schieflage geratenen Übernahmezielen umsahen. Mit der steigenden Zahl der asiatischen Einstiege in westliche Unternehmen – mit Monforts und MAG IAS angelten sich die Taiwaner etwa zwei Traditionsbetriebe – rückt die Frage aber wieder stärker in den Mittelpunkt: Was haben die Asiaten vor – und wie langfristig denken sie wirklich? Ein deutscher Berater greift nicht zu hoch, wenn er asiatische Produktionsfirmen abfällig als "Inkarnation des Workarounds" beschreibt, die in Deutschland und Österreich deshalb versuchen müssten, "Wissen abzugreifen". Längst sind in deutschen Betrieben asiatische Eigner am Werk, die sich auf mehr als nur die Verwaltung der Aktiva des ehemals stolzen deutschen Ingenieurswesens verstehen. Diskret, klar in der Kommunikaton der Ergebnisvorstellungen und für Synergien nicht unaufgeschlossen üben sie wachsenden Einfluss.

Synergiensuche

Ihn, den Chairman, hat die Monforts-Belegschaft schon zu Gesicht bekommen: Johnny Liao, Chef der taiwanischen Anderson-Gruppe, war beim Gladbacher Weihnachtsfest zugegen und ist auch sonst schon mehrfach in Erscheinung getreten. "Positiv kommt er rüber", meint ein Mitarbeiter anerkennend. Das beruht auf Gegenseitigkeit: Liao streute dem deutschen Bearbeitungszentrenhersteller nach der Übernahme Rosen. „Alle befragten Kunden bestätigten uns, dass Monforts-Maschinen stets zuverlässig funktionieren“, so Liao. Die Monforts-Belegschaft will ihn lieber an Taten messen – und die stimmen Mitarbeiter in den ersten Monaten nach der Übernahme durchaus zuversichtlich: Zum einen wurde von Anderson eine sehr nüchtern denkende, zweiköpfige (deutsche) Geschäftsführung installiert, die sich in der taiwanischen Gruppe ihre Sporen verdiente. Zudem mache der neue Eigentümer „nicht einen auf Schönwetter“, erzählt ein Mitarbeiter. "Existierende Mängel werden beim Namen genannt und derart behoben, dass auch für den Mitarbeiter der Erfolg sichtbar wird", heißt es im deutschen Werk. Synergien mit der Mutter aus Asien gibt es bereits. Seit Kurzem fertigt der Standort Schaltschränke selber – ganz nach dem konzerneigenen Vorbild Detmold. Und Teilelieferungen aus dem (heute nicht mehr existenten) bulgarischen Werk ins deutsche substituierte die neue Führung durch lokale Lieferanten. Eine der Kernziele der neuen Eigentümer: die alteingesessene Traditionsmarke wieder zu einer konstanten Größe am Markt zu entwickeln. An der geografischen Ausrichtung hat sich nach Meinung eines Mitarbeiters jedenfalls bisher wenig geändert: Hauptabsatzmarkt der hier montierten Maschinen für Grob- und Feinstbearbeitung mit der Spezialiät einer hydrostatischen Führung bleibt – Westeuropa.

"Wirtschaftlicher werden"

Dass finanzkräftige Taiwaner Maschinenbauunternehmen das Kapitel Portfolioergänzung ernst nehmen, kommt auch Anger Machining zugute. Im Vorjahr machte sich Taiwans drittgrößter Maschinenbauer Tongtai mit dem Erwerb von 76 Prozent der Anteile von Klaus Dirnbergers und Dietmar Bahns mbi-group zum Mehrheitseigentümer des Trauner Transferzentrenherstellers – und rettete die Oberösterreicher akut aus der Liquiditätskrise. Tongtai-Chairman Jui-Hsiung Yen, ein agiler Mitdreißiger, sorgte bald mit der Ankündigung für Aufsehen, dass das Anger-Produkt um ein Drittel günstiger werden müsse. "Dass wir wirtschaftlicher werden müssen, ist ja nicht falsch", heißt es dazu aus Traun. Einsparungen seien etwa durch die stärkere Modularisierung der Maschine und noch mehr Standards möglich. Die Annäherung an den neuen Eigentümer haben sich einige im Unternehmen jedenfalls schwieriger vorgestellt, als sie sich derzeit tatsächlich darstellt: Westlich, hemdsärmelig – mit diesen Attributen belegen Mitarbeiter den Stil des neuen Eigentümers. "Wiewohl die Hierarchien vielleicht nicht mehr ganz so flach sind", meint ein Mitarbeiter.

Der Austausch ist jedenfalls rege: "Die Zusammenarbeit mit Tongtai funktioniert reibungsfrei und pragmatisch, wir haben ein starkes Commitment erhalten", heißt es bei Anger. Vor wenigen Wochen erhielten die Trauner Anschauungsmaterial in Form einer Tongtai-Maschine – "es geht darum, das Produkt kennenzulernen", heißt es in Traun. Anfang März ist Anger auf der Tongtai-Hausausstellung in Kaohsiung mit der Transferzentrentechnologie gesetzt. Das Ticket nach Asien ist gelöst: Die Pläne, einen Anger-Maschinentyp preislich an asiatische Marktanforderungen anzupassen, nehmen laut einem Mitarbeiter konkrete Form an. Komponenten könnten dafür aus Taiwan beschafft werden – oder die Fertigung dieser Maschinen zur Gänze nach Taiwan gehen.

Er gilt als Selfmade-Unternehmer, der trotz geringer Schulbildung, dafür aber mit strategisch klugen Übernahmen das Unternehmen zu stattlicher Größe aufgebaut hat: Jimmy Chu, Chairman der taiwanischen Fair Friend Group (FFG), sorgte mit der Übernahme des Maschinenbauers MAG für Aufsehen. Mit Tongtai-Chairman Jui-Hsiung Yen, der sich mit der Mehrheitsübernahme der mbi-group beim Trauner Maschinenbauer Anger Machining Einfluss sicherte, verbindet ihn laut asiatischen Medien mehr als nur eine gut gefüllte Kasse für Übernahmen: Beide werden als hart arbeitende Personen beschrieben, die einen wichtigen Beitrag zur Taiwaner Wirtschaft leisten. Und ihre Unternehmenswerte klingen auch für westliche Maßstäbe keineswegs fremd: bei FFG werden Nachhaltigkeit und Kundensupport großgeschrieben. Zu den wichtigsten Werten für Angestellte zählen die kontinuierliche Verbesserung mit "selbst- und furchtlosem Einsatz".