Gummi & Kautschuk : Semperit schreibt rote Zahlen – Rüstungsboom könnte Trendwende einleiten

Produktion im Semperit-Werk im tschechischen Odry: Hier fertigt der Konzern unter anderem Hochleistungsschläuche und Spezialprofile für Industrie- und Verteidigungsanwendungen.
- © Semperit AG HoldingSemperit rutscht ins Minus – Auftragsschub im Frühjahr bringt Wendezeichen
Der Wiener Gummi- und Kautschukhersteller Semperit hat im ersten Halbjahr 2025 tiefrote Zahlen geschrieben: Ein Verlust nach Steuern von 11,2 Mio. Euro steht einem Vorjahresgewinn von 9,6 Mio. Euro gegenüber. Der Umsatz sank um 7,2 % auf 320,5 Mio. Euro. Doch im zweiten Quartal drehte der Trend: Ab März zog der Auftragseingang spürbar an, im zweiten Quartal stieg das EBITDA von 11,1 auf 19,6 Mio. Euro, das EBIT schaffte den Sprung von minus 1,3 auf plus 4,0 Mio. Euro.
Konzernchef Manfred Stanek sieht die Talsohle durchschritten und setzt für das zweite Halbjahr auf weiteres Wachstum. Ziel sei es, den positiven Auftragstrend in allen Geschäftsbereichen zu nutzen – mit Produktinnovationen, konsequenter Kostenoptimierung und höherer Effizienz, um die Marktposition nachhaltig zu stärken.
Keinen Wendepunkt in Österreichs Industrie verpassen – von Quartalszahlen bis Rüstungsboom: Unser Daily Briefing liefert Ihnen werktags um 7 Uhr die wichtigsten Branchennews direkt in Ihr Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!
Semperit-Sparten entwickeln sich differenziert – Engineered Applications mit deutlichem Einbruch
Im ersten Halbjahr 2025 schrumpfte der Gewinn des Gummi- und Kautschukherstellers Semperit um 35,2 % auf 30,7 Mio. Euro – doch die Geschäftsfelder entwickelten sich sehr unterschiedlich. Die Sparte „Industrial Applications“ mit Schläuchen und Profilen verzeichnete einen Umsatzrückgang um 4,7 % auf 133,6 Mio. Euro, der Gewinn sank vergleichsweise moderat um 19,2 % auf 24,2 Mio. Euro. Deutlich härter traf es die „Engineered Applications“ mit Fördergurten, Rolltreppenhandläufen und Flüssigsilikonprodukten: Hier brach der Umsatz um 9,0 % auf 186,9 Mio. Euro ein, die Gewinne stürzten um 46,9 % auf 14,7 Mio. Euro ab.
Finanziell bleibt Semperit aber solide aufgestellt: Die Eigenkapitalquote lag Ende Juni bei 45,5 %, die liquiden Mittel bei 112,9 Mio. Euro. Der Verschuldungsgrad stieg von 1,2 Ende 2024 auf 1,7, während der bereinigte Free Cashflow mit 13,9 Mio. Euro unter dem Vorjahreswert von 23,6 Mio. Euro blieb.
Rüstungsboom bietet neue Absatzchancen
Trotz des operativen Gegenwinds sieht Semperit strategische Chancen – vor allem in der Rüstungsindustrie. Die weltweit steigenden Verteidigungsausgaben könnten für den niederösterreichischen Konzern neue Märkte öffnen, insbesondere in der Hydrauliktechnologie, Fördertechnik und bei hitzebeständigen Spezialkomponenten. Militärfahrzeuge, Panzer und Spezialkräne benötigen hochbelastbare Hydraulikschläuche, wie sie Semperit fertigt. Auch Förderbänder für den Bergbau und Rohstoffabbau gewinnen an Bedeutung, da gesicherte Lieferketten für kritische Rohstoffe im Verteidigungssektor immer wichtiger werden. Zudem könnten widerstandsfähige Gummikomponenten – etwa für Marinehäfen, Flughäfen oder mobile Kommandozentralen – zur Modernisierung militärischer Infrastruktur beitragen.
Vor allem Europa und Nordamerika stocken ihre Budgets massiv auf. Deutschland investiert im Rahmen des Sondervermögens Bundeswehr Milliarden in neue Ausrüstung, auch andere NATO-Staaten planen große Beschaffungsprogramme. Langfristige Großaufträge aus diesem Umfeld könnten Semperit nicht nur zusätzliche Umsätze sichern, sondern auch die technologische Weiterentwicklung beschleunigen.
Semperit hält Prognose fest – Digitalisierungsprojekt kostet 5 Millionen Euro
Trotz durchwachsener Halbjahreszahlen bekräftigt Semperit seine Prognose für 2025. Der operative Gewinn soll weiterhin zwischen 65 und 85 Mio. Euro liegen. Für das laufende Digitalisierungsprojekt kalkuliert der Konzern mit ergebniswirksamen Kosten von rund 5 Mio. Euro.