Rekordgewinn für Post AG : Post-Chef Georg Pölzl verabschiedet sich: "Unsere globalen Wettbewerber lachen sich schief"

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Georg Pölzl verlässt die Post und geht in den Ruhestand

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Georg Pölzl, der scheidende Generaldirektor der teilstaatlichen Österreichischen Post AG, hat heute die Halbjahresbilanz der Post vorgestellt. Das Betriebsergebnis (EBIT) stieg um 10,9 Prozent auf 105,6 Millionen Euro, während der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 17,2 Prozent auf 1,51 Milliarden Euro anstieg. Das Eigenkapital betrug Ende Juni 682,0 Millionen Euro. Für das gesamte Jahr erwartet Pölzl ein EBIT-Wachstum im mittleren einstelligen Bereich.

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"Das zweite Quartal war das beste in der Firmengeschichte", erklärte Pölzl, der nach 15 Jahren an der Spitze des Unternehmens zum 1. Oktober an den bisherigen Finanzvorstand Walter Oblin übergibt. Pölzl wies jedoch darauf hin, dass die starken Währungsschwankungen in der Türkei einen bedeutenden Beitrag zum Umsatz der dortigen Post-Pakettochter Aras Kargo geleistet haben. Aras habe eine "derart positive Entwicklung genommen, wie auch er es nicht für möglich gehalten habe", so Pölzl auf seiner Abschiedspressekonferenz. Im April feierte er seinen 67. Geburtstag. Am 1. Oktober 2024 übernimmt dann der bisherige Finanzvorstand Walter Oblin das Ruder in einem der größten heimischen Unternehmen.

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Pölzl gründete Post 99

"Angesichts des herausfordernden Marktumfeldes und inflationsbedingten Kostensteigerungen verlief das erste Halbjahr 2024 sehr erfolgreich mit einem Anstieg bei Umsatz und Ergebnis", meinte heute der scheidende Post-Generaldirektor Georg Pölzl.

Pölzl erinnerte auch daran, dass "hier harte Bretter gebohrt wurden", da es lange Streitigkeiten zwischen der ursprünglichen türkischen Eigentümerfamilie und der Post über die Komplettübernahme gegeben hatte. Am Ende habe sich die Hartnäckigkeit des ausgebildeten Montanisten Pölzl durchgesetzt.

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Auch die Trennung der BAWAG vom gemeinsamen Bankgeschäft stellte eine Herausforderung dar. Pölzl setzte alles auf eine Karte und gründete die Post 99. Diese Entscheidung erwies sich als richtig, da es laut Pölzl in Europa nur den staatlichen und ehemals staatlichen Postunternehmen gut gehe, die auch eine Bank hätten.

Ein weiterer Erfolg für Pölzl war die Teilprivatisierung der Post, die noch vor seiner Amtszeit stattfand. Ohne diese Privatisierung wäre die Post ein "Zuschussbetrieb", der jährlich mindestens 500 Millionen Euro kosten würde. "Wir sehen das an Postgesellschaften im Ausland. Man muss einfach sagen, dass privatisierte Postgesellschaften besser funktionieren", betonte Pölzl. Ohne die Teilprivatisierung hätte das Unternehmen nicht die Freiheit gehabt, das sinkende Briefgeschäft durch Auslandsinvestitionen zu kompensieren.

Man muss einfach sagen, dass privatisierte Postgesellschaften besser funktionieren.
Georg Pölzl

"Wir sind die einzige Postgesellschaft, die sich in ihrem Kerngeschäft positiv entwickelt", so Pölzl vor Journalisten. Die Post AG habe eine gute Dividendenpolitik betrieben und gleichzeitig die notwendigen Investitionen getätigt. Von den Dividenden profitiere zu einem erheblichen Teil der Staat, da der Staatsanteil an der Post 53 Prozent beträgt.

Pölzl wies auf spezifisch österreichische Besonderheiten hin, wie das Flugblatt, wo man "Europameister" sei, obwohl sich hier die Krise im Einzelhandel widerspiegle. Im Paketsektor hätten sich die Paketboxen "extrem gut" bewährt und würden weiter ausgebaut. International gebe es einen Trend zur Direktzustellung in Boxen, der sich in Österreich noch nicht so stark durchgesetzt habe. Mit dem Geschäft der Onlineplattform shöpping ist Pölzl noch nicht ganz zufrieden. Diese sei zwar für den heimischen Handel sehr wichtig, werde aber zu wenig genutzt.

Marktführerschaft wurde verteidigt

Pölzls Fazit nach 15 Jahren an der Spitze der Österreichischen Post: Die Marktführerschaft wurde verteidigt, es gab ein profitables Wachstum bei gleichzeitigem Ausbau des Filial- und Digitalangebots mit einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit und Diversität. Die Österreichische Post hat die Herausforderungen des Onlinehandels, der Digitalisierung und der Nachhaltigkeit erfolgreich gemeistert. "Wir haben die Leistungen den echten Bedürfnissen angepasst", betonte Pölzl.

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Bevor er als Postler tätig wurde, hatte er tatsächlich "mit der Post nie etwas zu tun." Der Absolvent der Montanuniversität in Leoben, Steiermark, kam ursprünglich aus dem Telekomsektor, wo er sowohl in Österreich als auch in Deutschland in führenden Positionen gearbeitet hatte. Und: Der Wechsel zur Post war nicht immer einfach. Die Schließung zahlreicher Postfilialen zugunsten von Post-Partnern führte zu Unmut. Zudem klagten Mitarbeiter über eine gestiegene Arbeitsbelastung und schlechtere Tarifverträge für Neueinsteiger. Öffentliche Proteste gehören mittlerweile der Vergangenheit an, was Pölzl darauf zurückführt, dass es wichtig war, "offen und transparent vorzugehen - und zuzuhören". Er betonte die Bedeutung des Verständnisses für den Standpunkt des anderen, aber auch, "nichts schön zu reden".

Auch der Ausstieg der BAWAG aus dem gemeinsamen Finanzgeschäft und die Umstellung auf die konzerneigene Bank99 waren "von Pleiten, Pech und Pannen" begleitet. Zu dieser Herausforderung kam der Beginn des neuen Instituts während des Corona-Lockdowns hinzu. Mittlerweile jedoch arbeitet die Bank99 operativ "plus-minus-null".

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"Den Wohlstand muss man erwirtschaften"

Von der Politik wünscht sich Pölzl "mehr Zuwendung auf Dinge, die Unternehmen erfolgreich machen". Er kritisierte die derzeitige politische Diskussion als "Verteilungsdiskussion" und betonte: "Den Wohlstand muss man erwirtschaften". Pölzl, der trotz seiner Position als Chef eines Unternehmens, das zu 53 Prozent dem Staat gehört, stets offen seine politische Meinung geäußert hat, warnte eindringlich vor einer Überregulierung in Europa. Dabei stellte er heraus, dass Österreich als Musterknabe agiere und sogar noch zusätzliche Maßnahmen ergreife. "Unsere globalen Wettbewerber lachen sich schief", so der Post-Chef.

Der leidenschaftliche Segler hinterlässt ein gut organisiertes Unternehmen mit einem Umsatz von 2,74 Milliarden Euro, einem Betriebsergebnis von 190,2 Millionen Euro und einem Eigenkapital von 716,7 Millionen Euro. In diesem Jahr erhielten die Mitarbeiter einen Bonus von 813 Euro.

Aktuell verfügt die Post über 73.440 Empfangsboxen und 113.731 Fächer in Abholstationen, die noch in diesem Jahr auf 200.000 erweitert werden sollen. Der Ausbau der Stationen wird laut Pölzl der Schwerpunkt der Investitionen im nächsten Jahr sein. Das Ziel sei es, dass es im "Schlapfenradius" der Kundinnen und Kunden von 400 bis 700 Metern eine Station gibt.