Nach Machtkämpfen bei AT&S : AT&S-CEO Andreas Gerstenmayer tritt zurück – Peter Schneider übernimmt interimistisch

Peter Schneider AT&S

Peter Schneider übernimmt interimistisch die Aufgaben von Ex-CEO Andreas Gerstenmayer

- © AT&S

Nach dem Rücktritt von Andreas Gerstenmayer, der seit Februar 2010 als CEO des österreichischen Technologieunternehmens AT&S tätig war, beginnt das Unternehmen nun die Suche nach einer Nachfolge. Gerstenmayer hat seine Entscheidung, das Amt des Vorstandsvorsitzenden zum 1. Oktober 2024 aus persönlichen Gründen niederzulegen, am Montag bekannt gegeben. AT&S plant, in den kommenden Monaten eine geeignete interne oder externe Person für die Position zu finden.

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Bis zur Ernennung eines neuen CEO wird der Vorstand die Aufgaben des Vorsitzenden übernehmen, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Peter Schneider, bisher stellvertretender CEO, wurde interimistisch zum Sprecher des Vorstands ernannt. Schneider begann seine berufliche Laufbahn bei Wacker-Chemie und wechselte später zu Mayr-Melnhof Karton. Seit September 2020 ist er bei AT&S tätig und wurde im Sommer 2021 in den Vorstand berufen. In den kommenden Monaten soll sowohl intern als auch extern nach einer passenden Person für die Position des Vorstandsvorsitzenden gesucht werden.

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- © Industriemagazin

"Höhen und Tiefen"

„Unter der Führung von Andreas Gerstenmayer ist es gelungen, dass sich AT&S in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten zu einem globalen Technologieführer in der Mikroelektronik entwickelt hat“, lobt der Aufsichtsrat die langjährige Arbeit Gerstenmayers. „AT&S hat in dieser Zeit nicht nur einen erfolgreichen Wachstumskurs gestartet, sondern arbeitet mit den innovativsten Unternehmen der weltweiten Elektronikindustrie zusammen und konnte bedeutende Technologieunternehmen als Kunden gewinnen. Dafür möchten sich die Mitglieder des Aufsichtsrats, die Andreas Gerstenmayer alles Gute für die Zukunft wünschen, herzlich bedanken.“

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Andreas Gerstenmayer selbst blickt ebenfalls auf seine Zeit bei AT&S zurück: „Ich habe AT&S mehr als 14 Jahre lang geleitet, die Höhen und Tiefen erlebt und die Wachstumsphase eingeleitet. Es ist nun an der Zeit, die Unternehmensführung in neue Hände zu legen“, erklärt er. Zudem betont er, dass das Unternehmen trotz des herausfordernden Marktumfelds gut aufgestellt sei: „Für die zukünftigen Herausforderungen in einem für die gesamte Technologiebranche schwierigen Marktumfeld ist AT&S gut vorbereitet, daher ist es ein guter Zeitpunkt für die Staffelübergabe.“

Andreas Gerstenmayer
Andreas Gerstenmayer verlässt AT&S - © AT&S

Interner Machtkampf zwischen Gerstenmayer und Androsch

Der interne Machtkampf bei AT&S zwischen dem langjährigen CEO Andreas Gerstenmayer und Hannes Androsch, dem Aufsichtsratsvorsitzenden und bedeutenden Anteilseigner, eskalierte im Jahr 2024 und führte schließlich zum vorzeitigen Rücktritt Gerstenmayers. Dieser stand seit 2010 an der Spitze des steirischen Leiterplattenherstellers und sollte seinen Vertrag eigentlich bis 2026 erfüllen. Der Rücktritt kam für viele überraschend, obwohl bereits zuvor Spannungen zwischen Gerstenmayer und Androsch öffentlich wurden.

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Androsch, dessen Stiftung rund 18 Prozent der Anteile an AT&S hält, hatte wiederholt Bedenken über bestimmte strategische Entscheidungen des Unternehmens geäußert. Besonders die geplante Kapitalerhöhung im Mai 2024, die letztlich abgesagt wurde, sorgte für Konflikte. Diese Kapitalmaßnahme hätte Androschs Anteil verwässert, und es gab Berichte, dass unterschiedliche Ansichten über den Einstieg der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG die Entscheidung beeinflussten. Zudem traf das Unternehmen harte Maßnahmen wie Stellenabbau und den Verkauf der AT&S Korea für rund 405 Millionen Euro, was weitere Spannungen zwischen dem Management und Androsch auslöste​.

Trotz öffentlicher Bekundungen von Androsch, dass der Rücktritt Gerstenmayers „persönlich“ sei, deutet vieles darauf hin, dass der Machtkampf letztlich zu dieser Entscheidung geführt hat. Gerstenmayers Rücktritt wird als bedeutender Wendepunkt für AT&S betrachtet, da das Unternehmen nicht nur unter wirtschaftlichem Druck steht, sondern auch die Nachfolge unklar bleibt​.

Hannes Androsch
Hannes Androsch hält 18 Prozent der Anteile an AT&S - © Lukas Ilgner / VGN Medien Holding / picturedesk.com