Umbau bei Swarovski : Swarovski vor Neuaufstellung: Neue Firma, Konflikte beigelegt – in den Standort Wattens wird investiert

Als Marilyn Monroe 1962 im Madison Square Garden hauchend „Happy Birthday, Mr. President“ sang, glitzerte ihr Kleid wie eine Galaxie aus Licht. Hauchdünn, hautfarben – und mit tausenden Kristallen bestickt, gefertigt von Swarovski. Es wurde zum wohl berühmtesten Kleid der Modegeschichte – und zum Symbol für den Glanz einer Marke, die wie kaum eine andere für Luxus, Glamour und große Bühnen steht.

Sechzig Jahre später steht der Konzern selbst im grellen Rampenlicht – nicht wegen großer Auftritte, sondern wachsender Unruhe hinter den Kulissen. Interner Machtkampf, Strukturdebatten, Spekulationen über Investoren – nun aber setzt der Konzern zum Befreiungsschlag an.

Ein unscheinbarer, aber bedeutungsschwerer Eintrag im Firmenbuch leitet den Konzernumbau ein: Am 7. Juni wurde die DSW Kristall AG & Co KG offiziell am Landesgericht Innsbruck registriert. Laut Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes widmet sich das neue Unternehmen der „Erzeugung von Kristallglas- und Edelsteinprodukten“ – also exakt jenem Geschäftsfeld, das das Herzstück des Konzerns bildet.

In einer Aussendung Mittwoch Vormittag heisst es hierzu: „Die Familien Swarovski, Weis und Frey legen mit dieser Einigung den Grundstein für eine eigenständige Weiterentwicklung ihrer Unternehmen, zu denen neben dem Kristallbereich auch Tyrolit und Swarovski Optik gehören, und schaffen neue Möglichkeiten für dynamisches Wachstum“, von Seiten des Unternehmens selbst. 

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Den Mitarbeitern wurde mitgeteilt, dass sämtliche Beschäftigte der D. Swarovski KG in das neue Unternehmen überführt werden – bei unveränderten Dienstverträgen und Betriebsvereinbarungen. Auch an der Eigentümerstruktur soll sich nichts ändern. 

Die Gründung der neuen Gesellschaft weist auffällige Parallelen zur gescheiterten Strukturreform von 2020 auf. Damals führte der Versuch, zentrale Geschäftsbereiche neu zu ordnen, zu heftigen internen Konflikten und rechtlichen Auseinandersetzungen innerhalb der Familie. Eine vergleichbare Umstrukturierung würde auch heute die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter der D. Swarovski KG erfordern – und genau diese Zustimmung hat das Unternehmen nun offenbar erhalten: „Die Gesellschafter von Swarovski beschließen einstimmig die Schaffung eines integrierten Kristallkonzerns durch Einbringung des Wattener Betriebes zur erfolgreichen Weiterentwicklung des Unternehmens. Sämtliche Rechtsstreitigkeiten sind beigelegt“, heißt es von Seiten Swarovskis.

Auch haftungsrechtlich verändert die Neugründung die Struktur des Konzerns grundlegend. Unbeschränkt haftender Gesellschafter der neuen Dachgesellschaft DSW Kristall ist die DSW Leitungsgesellschaft AG – eine Schweizer Firma, die 2021 vom damaligen Beirat gegründet wurde, darunter Robert Buchbauer, Marina Giori-Lhota und Markus Langes-Swarovski. Sie war ursprünglich dazu gedacht, die Geschäftsführung und Haftung von der D. Swarovski KG zu übernehmen. Dass DSW Kristall nun tatsächlich als neue Dachgesellschaft installiert wird, entspricht exakt jenem Strukturplan, der vor knapp vier Jahren am Widerstand innerhalb der Familie gescheitert war.

Auch die gewählte Rechtsform der neuen Gesellschaft liefert Hinweise darauf, welche strategischen Optionen der Konzern künftig offenhalten will.

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Die Konstruktion als Aktiengesellschaft legte nahe, dass mehr hinter der Neugründung steckt: Könnte die DSW Kristall ein erster Schritt in Richtung Börse sein?

Schon 2020 brachte der damalige CEO Robert Buchbauer diese Option ins Spiel. Wie die Tiroler Tageszeitung berichtete, ging aus internen Unterlagen hervor, dass Swarovski bis 2028 eine sogenannte „capital market readiness“ erreichen will – also fit für den Kapitalmarkt gemacht werden soll. Damals scheiterte der Umbau am internen Widerstand, Buchbauer trat zurück, das Projekt wurde auf Eis gelegt.

Nun könnte der alte Plan wieder aufgegriffen werden: Möglich wäre ein Einstieg externer Investoren oder sogar ein Börsengang. Die gewählte Rechtsform passt ins Bild: Die AG & Co. KG kombiniert die Kapitalmarktfähigkeit der Aktiengesellschaft mit der Kontrolle einer Kommanditgesellschaft – ein Modell, das viele Familienunternehmen bevorzugen. Ein Nebeneffekt wäre jedoch auch mehr Transparenz: Etwa durch verpflichtende Bilanzveröffentlichungen, wie sie bislang nicht erforderlich waren.

Swarovski erteilt dem jedoch eine klare Absage: An der Eigentümerstruktur soll sich nichts ändern, und auch nach Investoren wird nicht gesucht. Zwar würde die gewählte Rechtsform grundsätzlich einen Börsengang ermöglichen, aktuell wird ein solcher jedoch offenbar nicht angestrebt.

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Das Jahr 2025 begann einigermaßen Turbulent für Swarovski: Ende Februar gab es Wirbel rund um den Stammsitz in Wattens. In einem Schreiben an die Anteilseigner warnte der Betriebsrat vor einem drohenden Ausverkauf. Etwa 80.000 Quadratmeter – rund ein Drittel des Werksgeländes – sollten demnach verkauft werden. Zudem sei intern von einer möglichen Stilllegung eines der beiden Werke die Rede gewesen, berichtete der trend.

Die Konzernspitze wies die Vorwürfe entschieden zurück: Man habe „kategorisch keine Absicht, den Standort Wattens zu verkaufen“. Stattdessen sei von laufenden Optimierungen im Rahmen der Konzernstrategie „LUXignite“ die Rede. Standort-Manager Jerome Dandrieux erklärte, man arbeite an einer effizienteren Verwaltung und Produktion – befinde sich aber noch im frühen Planungsstadium. Für mögliche frei werdende Flächen würden erst Nutzungskonzepte entwickelt.

Der Brief des Betriebsrats brachte jedoch auch die tiefe Verunsicherung der Belegschaft und die Unzufriedenheit über die Unternehmensführung zum Ausdruck: Seit 2007 seien über 4.000 Stellen in Wattens abgebaut worden – allein seit Ende 2020 mehr als 1.400. Zugleich kritisierten die Arbeitnehmervertreter hohe Gehäte der Beiräte und warfen der Konzernführung vor, den Standort Wattens gezielt als defizitär darzustellen – etwa durch den Rückzug aus dem B2B-Geschäft.

Auch damit räumt der Konzern nun auf: Der Standort Wattens sei auch weiterhin zentraler Bestandteil des Unternehmens. Um das Werk Fit für die Zukunft zu machen werden zusätzliche 150 Millionen Euro in den Standort investiert. 

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Finanziell zeigt sich Swarovski erstmals seit Jahren wieder auf Erfolgskurs: Der Kristallkonzern steigerte seinen Umsatz im vergangenen Jahr um sechs Prozent auf 1,9 Milliarden Euro. Nach fünf Jahren in der Verlustzone meldete Swarovski erstmals wieder einen Gewinn – ohne Absolutzahlen zu nennen, doch der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) soll um vierzehn Prozent gestiegen sein.

Umsatzsteigerungen gab es in allen Regionen: In Europa legte der Umsatz um elf Prozent zu, in Amerika um zehn Prozent. In Asien – trotz der Abkühlung in China – wurde immerhin ein Wachstum von drei Prozent erzielt. In den USA und am Heimmarkt Österreich verzeichnete das Unternehmen sogar Rekordumsätze.

Angesichts dieser Erholung wäre der Zeitpunkt ideal für den Einstieg eines neuen Investors gewesen – doch die zahlreichen Anteilseigner konnten oder wollten sich nicht dazu durchringen.

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Dass bei Swarovski heute rund 200 Familienmitglieder und über 100 Anteilseignern mitreden, ist kein Zufall – sondern das Ergebnis eines streng geregelten Familienmodells, das auf den Gründer Daniel Swarovski zurückgeht. Der Tiroler Kristallpionier legte testamentarisch fest, dass die Firma auf ewig in Familienhand bleiben solle. Ein Verkauf an Fremde? Ausgeschlossen. Führungspositionen waren ausschließlich für Familienmitglieder vorgesehen. Auch die Weitergabe von Anteilen ist reglementiert: Nur innerhalb der Familie dürfen sie vererbt oder verkauft werden.

Die Folge dieser jahrzehntelangen innerfamiliären Teilung: Heute ist das Unternehmen im Besitz einer weit verzweigten Unternehmerdynastie die demokratisch über zentrale Fragen abstimmt. Die größten Anteile an der D. Swarovski KG hielt bis zu seinem Tod im Jahr 2001 Gernot Langes-Swarovski. Seither ist sein Sohn Markus Langes-Swarovski der größte Einzelgesellschafter – gefolgt von Marina Giori-Lhota.

Was Daniel Swarovski einst als Schutzwall gegen Fremdeinfluss verstand, ist heute mitunter ein Entscheidungshemmnis – denn in einem so breiten Gesellschafterkreis gehen die Meinungen selten glatt überein.

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Demokratie in der Familie erweist sich bei Swarovski als fragiles Konstrukt. Zwar sind die über 100 stimmberechtigten Anteilseigner durch gemeinsame Herkunft verbunden, doch inhaltlich liegen ihre Vorstellungen oft weit auseinander. Was folgt, sind Grabenkämpfe unter Cousins, Nichten und Onkeln – mitunter auch halböffentlich ausgetragen. Die Tiroler Unternehmerfamilie, mittlerweile in fünfter Generation, ist nicht nur Erbengemeinschaft, sondern ein komplexes Machtgefüge.

2020 spitzte sich der interne Konflikt zu: Robert Buchbauer, Urenkel des Firmengründers, wurde zum CEO gewählt und löste Markus Langes-Swarovski ab, der die Firma fast zwei Jahrzehnte geführt hatte. Buchbauer trat mit einem radikalen Reformplan an: Eine zentrale Familienholding in Wattens sollte alle Kristallgeschäfte bündeln. Gleichzeitig plante er einen drastischen Personalabbau.

Rund 80 Prozent der Gesellschafter stimmten dem Kurs zwar zu, doch die unterlegene Minderheit legte sich quer – mit Verweis auf die von Daniel Swarovski verankerte Pflicht zur Einstimmigkeit. Es folgten mehrere Schiedsgerichtsklagen in Österreich und der Schweiz. Buchbauer trat schließlich zurück.

Ein Schiedsgericht erklärte die Strukturreform 2022 für rechtswidrig. Sie musste rückabgewickelt werden. Die Klage kam von einer Gruppe rund um Christoph Swarovski und die Familie Manfred aus dem Zweig Fritz. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hob das Schiedsgerichtsurteil vor einem Jahr wieder auf. Um künftige Eskalationen zu vermeiden, zog die Familie die Reißleine: Erstmals in der 127-jährigen Firmengeschichte wurde mit Alexis Nasard ein familienfremder CEO bestellt. Ein historischer Bruch – und zugleich der Versuch, das zersplitterte Familienimperium wieder auf Kurs zu bringen.

Denn längst geht es nicht mehr nur um strategische Richtungsfragen oder interne Machtverhältnisse – es geht um die Zukunft des gesamten Konzerns. Ein Konzern, dessen wirtschaftliches Fundament längst breiter ist als der Glamour seiner Schaufenster.

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Swarovski steht vor einem strategischen Neubeginn. Die Rückkehr in die Gewinnzone verleiht dem Kristallkonzern neuen ökonomischen Auftrieb – und nährte zuletzt Spekulationen über externe Investoren oder gar einen Börsengang. Doch das Unternehmen hat nun Klarheit geschaffen: Es wird weder einen Börsengang noch neue Investoren geben. Stattdessen setzt man auf Kontinuität – und meldet zugleich, dass sämtliche internen Rechtsstreitigkeiten beigelegt wurden.

Ob Swarovski wieder zu langfristiger Stabilität findet, wird sich nicht allein an wirtschaftlichen Kennzahlen zeigen. Entscheidend wird sein, ob Familie, Führung und Belegschaft gemeinsam einen belastbaren Weg in die Zukunft einschlagen. Denn nur mit Vertrauen, Klarheit und Zusammenhalt kann weiterbestehen, was Daniel Swarovski einst geschaffen hat – und was ein Kristallkleid zur Legende machte: der Glanz eines geeinten Hauses.

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