Datenbrille : Smart Glasses in der Industrie: Was können die Wearables?

Mixed Reality: Smart Glasses in der Anwendung im Lehrlingsausbildungszentrum bei Greiner Next Generation

Wearables im Industrieeinsatz, hier bei der Lehrlingsausbildung bei Greiner. Die „Einstiegsdroge“ sind für viele Unternehmen die Funktionen Remote Assist oder Remote Support.

- © YouTube/TietoCorporation

Smart Glasses sind in der Greiner Packaging gut eingeführt. Seit einigen Jahren schon kommen Augmented-Reality-Brillen bei Fernwartungseinsätzen zum Einsatz - "sehr hilfreich in der Corona-Zeit, als Geschäftsreisen nicht so leicht möglich waren", erzählt Patric Eiper, Global Technician Blow Molding, bei Greiner Packaging.

Der Kunststoffverpackungshersteller habe gute Erfahrungen mit Anwendungsfällen gemacht, bei denen internationale Techniker unterschiedliche Standorte des Unternehmens gut und schnell unterstützen konnten. So konnten mithilfe der Headsets im Wartungs- und Reparaturprozess Anleitungen oder Bilder zur Hilfestellung aufgerufen werden. Mittlerweile, schildert Eiper, gebe es in jedem Produktionsstandort der Packaging-Sparte zumindest eine AR-Brille - und weiters einige Modelle im Greiner Ausbildungszentrum im Lehrlingsbereich sowie bei der Greiner Bio-One. An einem Standort des Medizintechnikunternehmens wird zudem gerade ein Projekt zur Einführung von Smart Watches evaluiert.

"Das ist dann hilfreich, wenn der Einsatz von Smartphones in der Produktion nicht möglich ist", sagt Eiper. Die Smart Watches sollen die Beschäftigten besser mit den Maschinen vernetzen und den Prozessablauf insgesamt reibungsloser gestalten.

Fester Bestandteil

Wearables sind in der Industrie angekommen, auch wenn man sich ihnen nicht überall mit Hingabe zuwendet. Mancherorts wird ihr Einsatz geprüft und wieder verworfen, anderswo gibt man sich dogmatisch: Man müsse nicht jede Modeströmung mitmachen, meint ein Geschäftsführer eines Kärntner Unternehmens, "das Projekt Inspector Gadget verfolge er "nicht weiter".

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So testete der Feuerwehrausrüster Rosenbauer den Einsatz einer Datenbrille, um die Beladung von Feuerwehrautos zu visualisieren. Damit soll die Aufgabe erleichtert werden, alle Geräte, die für einen Einsatz gebraucht werden, im Inneren eines Fahrzeugs ergonomisch und strategisch am besten unterzubringen. Oder der Kranhersteller Palfinger: „Mit unserer Smart-Eye-Lösung können wir Lehrlinge in China beim Schweißen unterstützen“, gibt Martin Friedl, Vice President Global Operations Excellence zu Protokoll.

Wearables - "für uns hauptsächlich Extended Reality Datenbrillen" – seien ein bedeutendes Werkzeug der Digitalisierung", sagt Andreas Pfleger, Head of Market Unit Industry & Consumer Products bei Zühlke Österreich. Der Innovationsdienstleister befasst sich seit mittlerweile sieben Jahren mit den Möglichkeiten dieser Technologie. Man sei zertifizierter MS HoloLens Entwicklungspartner und haben einige Leuchtturmprojekte - etwa bei Jungheinrich oder Thyssen Krupp geschaffen. Datenbrillen dienen der Erklärung durch Anreicherung und Interaktion. Sie können vielseitig als Arbeitsmittel eingesetzt werden, da – anders als bei mobilen Geräten- "die Hände frei bleiben und die Arbeitsinformationen im Sichtfeld angezeigt werden", sagt Pfleger. Für den Einsatz aus seiner Sicht entscheidend: Ob die Brillen für den betreffenden Anwendungsfall das passende Arbeitsmittel darstellen - Stichwort "Task-Technology-Fit". Die „Einstiegsdroge“ sei für viele Unternehmen Remote Assist oder Remote Support.

Patric Eiper, Global Technician Blow Molding, Greiner Packaging
"Smart Glasses sind dort hilfreich, wo kein Einsatz von Smartphones möglich ist": Patric Eiper, Global Technician Blow Molding, Greiner Packaging - © Thomas Penzinger

Offenheit in der Belegschaft.

"Die Belegschaft ist prinzipiell sehr offen gegenüber derartigen Devices", schildert Alexander Leitl. Er ist Digital Business Transformation Manager in der Greiner AG. In manchen Bereichen gebe es freilich die Herausforderung, die Weareables auch in den Alltag zu integrieren "und als Standard zu etablieren", sagt Leitl. Die Wartung der Geräte erfolge im Großen und Ganzen gut. Die große, übergeordnete Vision, die mit dem Einsatz von Wearables verbunden ist? "Das große Thema lautet hier schlicht Effizienz", sagt Alexander Leitl. Sowie der Austausch und das Speichern von Knowhow.

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"Die Geräte unterstützen sehr hinsichtlich Wissensmanagement und sorgen dafür, dass Anleitungen einfacher und unkomplizierter benutzt werden können und so auch permanent aktualisiert und überarbeitet werden", schildert Leitl. Zudem könnten Informationen besonders zwischen verschiedenen Standorten einfacher und schneller geteilt werden. Zum Thema Alterskohorten: "Auch wenn jüngere Mitarbeiter oft schon mehr Erfahrung im Bereich Wearables haben als ältere Semester, haben wir in der Vergangenheit festgestellt, dass die gesamte Belegschaft für diese Themen recht offen ist, wenn es ausreichend Hilfestellung gibt und der Benefit und das Potential klar kommuniziert werden", so Greiner-Experte Leitl.

Die Idee ist, dass eine "Fachkraft mit Standardausbildung durch eine Brille geführt eine breite Bandbreite an komplexen Tätigkeiten durchführen kann und kein anderes Device mehr benötigt", sagt Andreas Pfleger von Zühlke Österreich. Alles werde automatisch dokumentiert, bestellt und gegebenenfalls eskaliert. Je nach Informationsstand des Tragenden sei "eine unterschiedliche Tiefe an Augmentierung notwendig".

Potenzial für Optimierung


Erfahrungen mit Wearables sammeln konnte auch schon das Energieunternehmen Wien Energie. Microsofts Hololens 2 war im Kraftwerksbereich für mechanische und elektrische Freischaltungen sowie Wartungs- und Instandhaltungstätigkeiten im Piloteinsatz. Der Projektfokus lag auf Usability im Bereich des einfachen Erstellens und Abarbeitens von Arbeitsschritten. Welcher messbare Nutzen erzielt werden konnte? Selten duchgeführte Tätigkeiten (sowie Expertenwissen) wurden dokumentiert, neue Mitarbeiter eingeschult, die Sicherheit bei gefährlichen Freischaltungen wurde erhöht. Geschaffen wurde ein Zugang zu digitalen Schnittstellen wie SAP sowie (Online)-Anlagendaten.

"Man navigierte im Kraftwerk und die Hände blieben frei", schildert Lukas Maier, Teamleiter Verfahrenstechnik. Der Testlauf war von "großer Neugier" begleitet. Aber auch Bedenken in punkto Übertragbarkeit in den produktiven Einsatz. Das Gewicht der aktuellen Version mit Helm sei noch recht schwer und "die Akkulaufzeit kurz". Eine absolute Ausnahme: Systemabstürze. Der Pilot zur Dokumentation von Arbeitsschritten ist abgeschlossen, die Holoens soll nun jedoch weiter evaluiert werden, sagt Maier. Stichwort Virtueller Assistent.

Alexander Leitl, Digital Business Transformation Manager, Greiner AG
"Die Belegschaft ist offen gegenüber derartigen Devices." Alexander Leitl, Digital Business Transformation Manager, Greiner AG - © Greiner AG