Es ist einer jener Expansionsschritte, die man nicht alle Tage hinlegt. In jeder Hinsicht monumental – und wohlgemerkt einer, der dieser Tage rapide weiter an Plastizität zulegt: Schon im Juli will der Waldviertler Automobilzulieferer Pollmann in der zentralmexikanischen Metropole San Miguel de Allende auf 5000 Quadratmetern die Produktion auf nehmen. Zum Auftakt wird ein Auftrag des deutschen Schließsystemherstellers Kiekert über die Fertigung von Türschlossgehäusen für die Premiummarken BMW und Daimler – Jahresvolumen: 1,4 Millionen Stück – für die nötige Basisauslastung im neuen Werk sorgen. Derzeit sei man am Circuito Corral de Piedras 52 „voll in Terminschiene“, schildert Manfred Jäger, der Standortleiter des PollmannWerks 2 in Vitis. Dass er so penibel über die Expansion im NAFTA-Raum Bescheid weiß, ist wohlgemerkt kein Zufall.
Große Abschnitte der Montagelinien für Mexiko wurden im 2019 eröffneten Werk in Waidhofen an der Thaya komplett hochgefahren und durchgecheckt. Vor Wochen wurden die Anlagen abgebaut und per Container verfrachtet, nur Werkzeug befindet sich noch in Vitis. Der Produktionsanlauf ist folglich zum Greifen nah. Sollte die Pandemie – womit heute keiner rechnet – den Wald viertlern bei ihrer schnellen Lokalisierung dennoch einen Strich durch die Rechnung machen, wäre auch das kein Bremseffekt: „Weil typengleich, könnten diese größeren Baugruppen vor übergehend auch auf unseren Spritzgießmaschinen mit 650 Tonnen Schließkraft im Waldviertel produziert werden“, sagt Jäger.
Und das hocheffizient, denn in Vitis findet die ausgeklügelte Produkttechnologie der Waldviertler ihren würdigen Bezugsrahmen, wie Jäger, von der ersten Minute an maßgeblich in die Planung und Umsetzung des zweiten heimischen Standorts der Gruppe involviert, nur zu gut weiß: Die Prinzipien der schlanken Fertigung sind fester Bestandteil der Prozesslandschaft. Maschinendaten werden erfasst und Auf träge über MES, SAP und Warehousemanagement-Software an die Logistikarbeitsplätze durchgeschleust. Der hauseigene Anlagenbau automatisiert die Prozesse.
Standardgeräte wie etwa sechsachsige Knickarmrobotern oder Linearhandling bilden flexible und zugleich robuste Lösungen auf den fünf Spritzgießfertigungs- und zwei weiteren reinen Automatisierungslinien für beispielsweise das Setzen von Dioden oder Mikroschaltern.
Eindruck macht auch das 80 Meter lange, dreigassige Hochregallager mit seinen 5.500 Palettenplätzen, in dem zwei Regalbediengeräte auf zehn Ebenen bis zu 1.200 Palettenbewegungen täglich verrichten können. Auch energetisch lassen die Waldviertler aufhorchen: Durch seine Nord-Süd-Ausrichtung und Nutzung aller Möglichkeiten zur Energierückführung ist für das gesamte Gebäude bei 24Stunden Produktionsauslastung keine externe Energie für Heizzwecke erforderlich. Der Standort Vitis wärmt sich also selbst.