ÖIAG : Letztes Tafelsilber

Laut ÖIAG-Gesetz aus dem Jahr 2000 wird der Aufsichtsrat nicht von den Eigentümern bestellt, sondern erneuert sich selbst. Aufsichtsratsmitglieder nominieren die Nachfolger von ausscheidenden Mitgliedern und lassen darüber im Kontrollgremium abstimmen.

Ex-Finanzminister Michael Spindelegger musste im August in einer seiner letzten Anfrage-Beantwortungen eingestehen, er habe als Eigentumsvertreter „nach der bestehenden Gesetzeslage keine Möglichkeit, Entscheidungen von Organen der ÖIAG zu beeinflussen“. Ein neues ÖIAG-Gesetz soll jetzt den Einfluss der Republik Österreich auf ihr letztes Tafelsilber wiederherstellen. Doch der Weg dahin ist weit. Denn das Gesetz soll auch regeln, ob und welches weitere Bundeseigentum unter das Dach der Holding geführt wird.

Theoretisch hat der ÖIAG-Vorstand 37 Beteiligungen identifiziert, die dafür in Frage kommen – von Asfinag über Bundesforste bis hin zu EVN, Verbund und diversen Landesversorgern. Die Zeitungsenten, dass Asfinag und Verbund bereits fix und bald in die ÖIAG überführt werden, signalisieren, dass in der Frage Druck gemacht werden soll. Tatsächlich wird das Thema der neuen Beteiligungen erst geklärt, „wenn wir eine Einigung über die frischen ÖIAG-Strukturen“ haben, heißt es aus dem Umfeld von SPÖ-Chefverhandler Rudolf Hundstorfer.

Im Klartext: Wenn die Schwarzen einem neuen Bestellungskodex in Aufsichtsrat und Vorstand zustimmen, werden die Roten ihre Ablehnung eines erweiterten Zuständigkeitsbereiches der Holding aufweichen. Do ut des, wie die alten Lateiner sagen.

Auslöser der breiten ÖIAG-Kritik der vergangenen Monate war der Syndikatsvertrag zwischen der Telekom Austria und der mexikanischen Holding des zweitreichsten Menschen der Erde, Carlos Slim. Ironischerweise wurden die ÖIAG und deren federführender Verhandler Siegfried Wolf in diesem Fall vor vollendete Tatsachen gestellt.

Tatsächlich bezahlte die Republik Österreich den Preis für mehrheitliche Privatisierung und ihren Rückzug auf 28,4 Prozent. América Móvil erhöhte am freien Markt ihr Aktionärspaket von 23 auf fast 51 Prozent. Dass der Coup nicht gänzlich in einer feindlichen Übernahme endete, liegt in der Bereitschaft der Mexikaner, einen Syndikatsvertrag abzuschließen.

Das von Wolf mitverhandelte Vertragswerk garantiert dem nunmehrigen Mehrheitsaktionär América Móvil die alleinige Kontrolle über die Telekom Austria. Dafür bekommt die ÖIAG umfangreiche Veto- und Nominierungsrechte. Die Kritik, dass hier durch den Aufsichtsrat ein weiterer Privatisierungsschritt ohne gesetzlichen Auftrag gesetzt wurde, lässt ÖIAG-Vorstand Rudolf Kemler nicht gelten:

„Die ÖIAG hat keine einzige Aktie verkauft.“ Vielmehr sah sie sich mit der Situation konfrontiert, dass „ein anderer Großaktionär an der Börse dabei war, die Mehrheit aufzukaufen“. Er ist überzeugt, „das Beste aus der Situation herausgeholt zu haben“. Die Mexikaner hat die Übernahme der Telekom Austria 800 Millionen Euro gekostet.