Henn : Langfristig Alleineigner

Mit stolz geschwellter Brust steht Martin Ohneberg auf der Frankfurter Automobilmesse IAA vor einem Daimler-Motor. Zwei seiner Steckverbindungen für Ladeluftkupplungen hat das Teil an jeder Seite montiert. 25 Millionen Stück liefert der Dornbirner Automobilzulieferer Henn jedes Jahr. Das sind um 35 Prozent mehr als 2010, als Ohneberg den Vorarlberger Automobilzulieferer gekauft hat. Und Ohneberg hat ehrgeizige Ziele: 2016, also in vier Jahren, soll der Umsatz von Henn auf 50 Millionen Euro steigen. Neue Anwendungen Das geht natürlich nicht nur mit Ladeluftkupplungen, dafür müssen schon neue Anwendungsbereiche her. Und auch hierfür holt sich Ohneberg auf der IAA ausreichend Inspiration. Im Automobilbereich sind die Henn-Steckverbindungen neben dem Ladeluftkreis auch für Kühlwassersysteme oder den Ölkreislauf geeignet: Bis zu 40 solcher Verbindungen werden für jedes einzelne Auto benötigt. Damit kann Henn eine Menge machen. Der aktuelle Verkaufspreis der Schnellkupplung liegt zwischen einem und 1,4 Euro. Die wesentlich günstigeren Alternativen, die Schellen, kosten zwar nur zwischen 40 und 50 Cent, anders als Steckverbindungen können diese aber Extremtemperaturen und Überdrucken nicht standhalten. „Dass bei einer groß angelegten Rückholaktion eine Henn-Steckverbindung die Ursache ist, kann uns nicht passieren“, sagt Ohneberg. USP: Vorsprung Zu ausgeklügelt sei die Technologie, zu hoch die Qualität und zu genau die Qualitätskontrolle. Damit will Ohneberg künftig punkten, denn laut Eigenangabe liegt der USP von Henn in genau jenem Technologie- und Qualitätsvorsprung. Rund 118 Patente hat das Unternehmen angemeldet – auch im Vorjahr wurde für den Lkw-Bereich eine Kupplung für die Wasserkühlung patentiert. Schon jetzt beliefert der Vorarlberger Betrieb die Elite der Automobilindustrie: Mercedes-Benz, Audi, Peugeot, Fiat, Renault, Porsche, BMW, Volkswagen etc. Um näher an den großen Automobilherstellern im Fernen Osten zu sein, hat Henn 2011 eine Vertretung in Japan installiert, 2012 steht eine in Südkorea auf der Agenda des Firmenchefs. Das muss sein, weil aktuell quasi das gesamte Geschäft im Export gemacht wird. Und bei der nächsten Automobilmesse will Ohneberg seine Verbindungen auch in Daewoo & Co installiert sehen. Für die Zeit nach 2016 – wenn der Umsatz also die 50-Millionen-Euro-Grenze durchbrochen haben sollte – hat Ohneberg auch schon Pläne. Dann sollen die Henn-Steckverbindungen auch in anderen Anwendungen wie in Flugzeugen und im Energiebereich als Verbindung montiert werden. Bis dahin liegt aber noch eine weitere große Aufgabe vor dem Vorarlberger: Er muss dafür sorgen, dass er ausreichend qualifiziertes Personal in seinem Werk in Dornbirn beschäftigt hat. Und das ist in Vorarlberg kein Honigschlecken, denn auch dort sind Facharbeiter Mangelware. Deshalb fängt Ohneberg schon heute an, HTL-Absolventen und Fachkräfte anzusprechen. „Eine spannende Herausforderung“, sagt der Henn-Chef. Langfristiges Ziel: Alleineigner Spannende Herausforderungen ist Ohneberg gewohnt. Für die Soravia-Gruppe hat er nicht nur den bulgarischen Mineralwasserproduzenten Devin gekauft und an die Börse gebracht, sondern auch die Privatisierung des Dorotheums verantwortet. Ohneberg war zehn Jahre Präsident der Jungen Industrie in Österreich und Vorsitzender der europäischen Jungunternehmervereinigung. Schon deshalb war ihm klar, dass er nicht ewig Manager bleiben, sondern ein eigenes Unternehmen haben wollte. Eines im produzierenden Bereich sollte es sein. Als Henn-Unternehmensgründer Willi Sonderegger Anfang 2011 sein Unternehmen mangels Nachfolger verkaufen wollte, fackelte Ohneberg nicht lange. Eine Stange Geld Die Konkurrenz um Henn war groß, Ohneberg war aber als Einziger bereit, die Altlast namens Amasond mit zu übernehmen. Das Unternehmen stellte Sonden für Erdwärme her, ging aber immer mehr schlecht als recht. Ohneberg hat versucht zu retten, was zu retten war. Vergeblich: Einige Monate nach der Akquisition von Henn musste Amasond Insolvenz anmelden. Ein Abenteuer, das Ohneberg nach eigenen Angaben eine Stange Geld gekostet hat. Aber nicht nur Ohneberg: Denn bei der Akquisition von Henn hatte der Neo-Industrielle tatkräftige Unterstützung in Form von Michael Tojners Global Equity Partners (GEP). Heute gehören 55 Prozent an Henn Ohneberg selbst, 45 der GEP. Ohnebergs Langfristziel ist aber – nach eigenen Angaben – definitiv das Alleineigentum. Und bei dem Tempo, das der 41-jährige Vorarlberger vorlegt, kann das nur noch eine Frage der Zeit sein.Anna Offner