Erwartungen sind gedämpft : WIFO: Industrieproduktion geht weiter zurück

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Marcus Scheiblecker ist Senior Economist mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Forschungsgruppe "Makroökonomie und öffentliche Finanzen" am WIFO tätig.

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"Die derzeitige Industrierezession dauert bereits länger an als die drei letzten Krisen und dürfte auch die größten Produktionseinbußen mit sich bringen", so der Autor des aktuellen WIFO-Konjunkturberichtes Marcus Scheiblecker. Die schwache internationale Nachfrage nach Industriegütern dämpft die Produktion im Euroraum. In Deutschland schrumpfte der Index der Industrieproduktion 2024 zum dritten Mal in Folge. Die Erwartungen der Unternehmen deuten noch nicht auf eine spürbare Verbesserung der Industriekonjunktur hin, vielmehr herrscht weiterhin Krisenstimmung. Die immer konkreter werdende Androhung von US-Zöllen auf Waren aus der EU dürfte die europäische Industrie in den kommenden Monaten weiter belasten.

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Die österreichische Wirtschaftsleistung ist im IV. Quartal 2024 laut den aktuellen Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) von Statistik Austria um 0,4% gesunken und damit etwas stärker als im III. Quartal (-0,3% gegenüber der Vorperiode). Da auch die Werte für die ersten drei Quartale 2024 deutlich nach unten revidiert wurden, ergibt sich für das Gesamtjahr 2024 nunmehr ein BIP-Rückgang von 1,2% (real, vorläufig). Damit hat sich die Rezession gegenüber 2023 (-1%) verschärft.

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Seit Dezember 2022 steckt die österreichische Industrie in der Rezession. - © WIFO

Unsicherheit in den USA, Talfahrt im Euroraum

In den USA entwickelt sich die Wirtschaft bislang robust, allerdings nahm angesichts der wirtschaftspolitischen Weichenstellungen der neuen Regierung die Unsicherheit zu. Das BIP expandierte im IV. Quartal 2024 um 0,6% und damit kaum schwächer als in der Vorperiode. Die Inflationsrate ist seit September 2024 aufwärtsgerichtet und erhöhte sich im Jänner weiter auf 3,0% (Dezember 2024: 2,9%). Diese Entwicklung und die Aussicht auf neue Importzölle schüren die Erwartung eines erneuten Inflationsanstieges. Dies dämpft die Konsumlaune der privaten Haushalte.

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Die schwache Konjunktur im Euro-Raum trifft auch die österreichische Industrie hart. Wenngleich die Produktion bereits seit Anfang 2023 tendenziell abnimmt, beschleunigte sich die Talfahrt Ende 2024. Unternehmensumfragen deuten lediglich auf eine Verlangsamung des Abwärtstrends in den kommenden Monaten hin. Die Zolldrohung der USA, des zweitwichtigsten Handelspartners Österreichs, drückt die Stimmung zusätzlich.

Bauinvestitionen ziehen wieder an

Demgegenüber dürfte Österreichs Bauwirtschaft die Talsohle erreicht haben. Vermehrte Neuabschlüsse von Hypothekarkrediten, das etwas günstigere Zinsumfeld und die für Mitte 2025 erwartete Lockerung der Kreditvergaberichtlinien verbessern die Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen. Auch die Konsumnachfrage, die sich im IV. Quartal 2024 stabilisierte, gewinnt tendenziell an Schwung. Die realen Einzelhandelsumsätze zogen im 2. Halbjahr 2024 wieder an. Die Neuzulassungen von Pkws legten in den letzten Monaten kräftig zu. Lediglich das Verbrauchervertrauen schwächelt, belastet durch die Angst um den eigenen Arbeitsplatz und die zahlreichen Firmeninsolvenzen.

Die Inflationsrate schnellte Anfang 2025 aufgrund des Auslaufens der Strompreisbremse, der Verteuerung fossiler Brennstoffe und des schwachen Euro wieder auf 3,2% empor. Laut Schnellschätzung von Statistik Austria erhöhte sie sich im Februar weiter auf 3,3%. Der Arbeitsmarkt erweist sich angesichts der Konjunkturflaute noch als relativ robust. Die Arbeitslosenquote stieg zwar im Vergleich zum Vorjahr deutlich an, stagnierte aber in den letzten Monaten nahezu (saisonbereinigt).