Schwerindustrie : Salzgitter will ab 2026 auf klimaneutrale Stahlproduktion umsteigen

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© APA/dpa-Zentralbild/Martin Schutt

Der deutsche Stahlkonzern Salzgitter will einen ersten Hochofen bis spätestens 2026 außer Betrieb nehmen und in der Folge auf CO2-freie Stahlproduktion umstelleb. Das kündigte Vorstandschef Gunnar Groebler am Dienstag auf der Hannover Messe an. Bis 2033 soll der Standort fast komplett CO2-neutral sein.

Dafür stellt Salzgitter seine Herstellung von klimaschädlicher Kohle auf Gas um – zunächst überwiegend auf Erdgas, später auf Wasserstoff, der mit Strom aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden soll. „Wenn wir das nicht tun, werden wir unsere gesellschaftliche „licence to operate“ verlieren“, sagte Groebler. Mit dem englischen Begriff ist die gesellschaftliche Akzeptanz gemeint.

Bislang ist Salzgitter für rund ein Prozent der deutschen CO2-Emissionen verantwortlich. Allein am Standort Salzgitter fallen rund acht Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) pro Jahr an. Diesen Wert will das Unternehmen bis 2033 annähernd auf Null reduzieren.

Allerdings steigt der Strombedarf dadurch gewaltig: Rund 14 Terawatt grünen Stroms jährlich wird Salzgitter laut Firmenchef Groebler benötigen, wenn die Produktion vollständig umgestellt ist. Der deutsche Stromverbrauch insgesamt lag im Jahr 2021 laut Umweltbundesamt bei rund 565 Terawattstunden.

Für den Bezug von Wasserstoff führt das Unternehmen derzeit weltweit Sondierungsgespräche. Ein Zwischenziel sei es, bis Ende des Jahrzehnts mehr Wasserstoff als Erdgas einzusetzen, sagte Groebler. Salzgitter setzt dabei auch auf den Aufbau neuer Infrastruktur wie die in Norddeutschland geplanten Terminals für Gas-Importe.

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voestalpine will CO2-ärmere Hochöfen

Bei der voestalpine setzt man indessen auf CO2-ärmerer Hochöfen, wie der frühere langjährige voestalpine-Vorstandschef Wolfgang Eder bei seinem Einzug in den Aufsichtsrat des Unternehmens erklärte. Der Stahlkonzern nimmt einen "niedrigen dreistelligen Millionenbetrag" in die Hand, um den Bau neuer, deutlich CO2-ärmerer Hochöfen vorzubereiten. Das hat der Aufsichtsrat bei seiner heutigen Sitzung beschlossen, wie das Unternehmen am Abend mitteilte.

Die voestalpine plant, große Summen in die Hand zu nehmen, um von kohlebasierten Hochöfen auf die strombetriebene Elektrolichtbogenofentechnologie umzusteigen. Ziel ist die Nutzung von Grünstrom, also Strom aus erneuerbaren Quellen. Ab Sommer 2022 sollen Baufelder freigemacht werden und infrastrukturelle Umbauarbeiten an den beiden Standorten in Linz und Donawitz beginnen. Dafür sei der niedrige dreistellige Millionenbetrag nötig.

Im nächsten Jahr soll dann die endgültige Entscheidung über den Bau von zwei Elektrolichtbogenöfen fallen, als Baustart ist 2024 vorgesehen. Anfang 2027 sollen jeweils ein Elektrolichtbogenofen in Linz und Donawitz in Betrieb gehen. Dafür werden "aus heutiger Sicht" rund eine Milliarde Euro an Investitionen erwartet. Die CO2-Emissionen sollen dadurch um rund 30 Prozent sinken - das entspreche einer Einsparung von 3 bis 4 Mio. t CO2 pro Jahr oder fast 5 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen Österreichs.

Die voestalpine sei "weitgehend startbereit", brauche aber "ausreichend erneuerbare Energie zu wirtschaftlich darstellbaren Preisen sowie leistungsfähige Netze", erinnert Herbert Eibensteiner, Vorstandsvorsitzender der voestalpine AG. Auf der Kundenseite entwickle sich derzeit gerade "ein Markt für grünen Stahl in Europa". Langfristig visiert die voestalpine eine klimaneutrale Stahlproduktion auf Basis von Wasserstoff an, die Technologie dafür muss aber erst entwickelt werden.

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