Hammerer Aluminium Industries : HAI-Chef van Gils: "Wir produzieren auf Anschlag"

Rob van Gils, CEO und Managing Partner Hammerer Aluminium Industries

"Laufende Investitionen werden nicht gebremst."
Rob van Gils, CEO und Managing Partner Hammerer Aluminium Industries

- © HAI

Herr van Gils, Ihr Unternehmen legte im Geschäftsjahr 2021/22 um fast ein Drittel beim Umsatz zu. Setzt sich das Wachstum fort?

Rob van Gils:
Das vergangene Jahr lief trotz der herausfordernden Zeit sehr gut. Auch heuer konnten wir im ersten Quartal einen guten Start hinlegen. Wir nehmen aus 2021 einen hohen Auftragsbestand mit und produzieren jetzt auf Anschlag, an der Grenze der Vollauslastung. Jetzt gilt es, das gut über den Sommer zu bringen.

Rechnen Sie mit einem weiteren Umsatzsprung?


van Gils:
Die Umsätze werden auch 2022 deutlich steigen. Unser Geschäft ist strategisch sehr gut austariert. Der Green Deal bringt uns zum dritten Jahr in Folge positive Dynamik. Der Werkstoff Aluminium ist gefragter denn je. Als Bestandteil von Photovoltaikanlagen auf Häuserdächern oder bei der Gewichtsreduktion in der Mobilität. Bei vielen Anwendungen gilt: 'Gewicht muss raus'.

Rund die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen in Automotive, Bahn und Schiffsbau, jeweils ein Viertel in Industrie und Bau. Können Sie an der Transformation der Automobilindustrie im erwünschten Ausmaß mitpartizipieren?


van Gils:
Die an Fahrt gewinnende Elektromobilität bringt unserem Geschäft Dynamik. In einem Elektrofahrzeug wird deutlich mehr Aluminium verbaut. Auf die Knappheit bei Kabelbäumen und Mikrochips reagierten OEM mit einer Repriorisierung, E-Projekte wurden vorrangig beliefert. Das zeigt die Dynamiken zugunsten von Elekromobilität, auf die wir schon lange vorbereitet sind. Unsere Produkte im Automotivesegment finden mehrheitlich in Elektro- oder Hybridanwendungen. Wir hatten zuletzt über eine Milliarde Euro Auftragseingang in den Büchern stehen, diese Projekte laufen jetzt sukzessive hoch.

Die Lieferketten sind noch ein ganzes Stück weit von einer Normalisierung entfernt, oder?


van Gils:
Am Ende bewegen uns die gleichen Themen wie alle anderen. Das schwächste Glied gibt den Takt vor. Die Abrufe seitens der OEM schwanken. Die Covid19-Lockdowns in China bringen nach wie vor massive Einschränkungen bei der Teileverfügbarkeit.

"Für viele wäre ohne Erdgas Schicht im Schacht." Rob van Gils

- © HAI

Welches Investitionsverhalten legt man in einer solchen Zeit an den Tag?

van Gils:
Wir haben für heuer ein 50 Millionen schweres Investitionspaket geschnürt und freigegeben. Dabei bleibt es, diese Investitionen werden nicht gebremst. Anorganisches und organisches Wachstum sind in unserer Gruppe stark verwachsen.

Und darüber hinaus? Was sind Pläne, die über ein paar Wochen hinausgehen, aktuell wert?


van Gils:
Für den Herbst gibt es wenig bis keine Planungssicherheit. Das Kostenthema beschäftigt natürlich auch uns. Jeder kann sich ausmalen, wie die Tarifabschlüsse im Herbst die Inflation befeuern werden. Und der russische Krieg in der Ukraine drückt aufs Gemüt, das spüren wir im Investitionsverhalten unserer Kunden. Es herrscht große Vorsicht.

Wieweit ließe sich Ihre Produktion mit reduzierten Gaslieferungen weiter betreiben?


van Gils:
Für viele wäre ohne Erdgas Schicht im Schacht. Die Effekte einer Kontingentierung würden nahezu eins zu eins in die GuV schlagen. Wir selbst haben das Glück, bei unseren Sekundärprozessen nur etwa fünf Prozent des Energieverbrauchs der Primärwertschöpfung in der Aluminiumerzeugung zu benötigen. Wir brauchen anteilsmäßig weniger Energie als bei der Elektrolyse, aber bewegen trotzdem riesige Mengen. Ein Teil der Lösung muss der laufende Ausbau des Alu-Recyclings sein.

Wird Europa das energiepolitisch hinbekommen?


van Gils:
In Europa wurde jahrelang verabsäumt, sich strategisch zu rüsten. Nun ist es nötig, sich Zeit zu kaufen bis die erneuerbaren entsprechend ausgebaut worden sind. Dazu braucht es vor allem schnellere Genehmigungsverfahren. Und wohl leider auch unpopuäre Maßnahmen wie Laufzeitverlängerungen und Reaktivierungen im Bereich der Kohlekraftwerke.