Risikomanagement in der Steiermark : "Wir reagieren schnell und unbürokratisch"

GrECo-Team von links nach rechts: Martin Lang, Jürgen Spari, Christoph Repolust und Robert Pitschko
- © Edi AldrianINDUSTRIEMAGAZIN: Das Managen von Risiken ist Ihr täglich Brot. Wieviel Disruption, wieviel kurzfristige Veränderung verträgt denn dieses Geschäftsmodell?
Christoph Repolust: Wir sind auch bei größten Herausforderungen stets nahe am Klienten. Ein Beispiel, dass das illustriert: In der Nacht vor dem Interview kam es zu einem Großbrand bei einem renommierten Salzburger Industrieunternehmen. Ab sieben Uhr früh waren unsere Mitarbeiter bei dem Klienten im Einsatz. Darin zeigt sich unser absoluter Anspruch, die Klienten zu unterstützen, wenn´s - im wahrsten Sinn des Wortes - brennt.
Beigemengt wird der aktuellen Lage ein ungesundes Maß an Disruption aufgrund geopolitischer Spannungen. Was bedeutet das für Ihr Geschäft?
Christoph Repolust: Der anhaltende Krieg in der Ukraine macht uns betroffen - und hat auch für unser Geschäft Implikationen. Wir verkauften unser russisches Geschäft. Dazu kommt ein Geschäftseinbruch in der Ukraine, weil dort die Wirtschaft bis zu einem gewissen Grad stillsteht. US-Präsident Donald Trump auf der anderen Seite kocht die Zollthematik hoch. Für unsere Klienten in Gewerbe, Handel, Industrie sowie im öffentlichen Sektor bedeutet das erst mal nichts Gutes. Strafzölle erschweren Lieferungen exportierender Unternehmen oder diese müssen sich für Produktionskapazitäten in den USA wappnen. Selbiges erleben wir in China. Dann gehen wir natürlich mit unseren Klienten mit in diese Region. Und managen vor Ort mit einem Co-Broker, sodass es auch dort vom Risikomanagement her passt.
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"Automotive-Klienten erwarten von uns, dass wir die Risikofinanzierungsprämien optimieren und ihnen noch näher zur Seite stehen."
Robert Pitschko, Head of Bancassurance Austria
Nach Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz war er am Zivil- und Landesgericht Graz juristisch tätig. 2005 ist er in die Versicherungs- und Finanzbranche gewechselt. Verschiedene Verantwortungsbereiche bei einem Versicherer, die Tätigkeit als Financial Planer und Versicherungsmakler in unterschiedlichen Funktionen und Organisationen haben ihn 2015 in die VMG geführt. Dort war er zunächst als Account Manager tätig. Seit 2019 hat er die Position des Regional Managers für die Steiermark inne und leitet das Büro in Graz. Seit 01.01.2025 verantwortet er die Kooperation mit den Sparkassen in Österreich als Head of Bancassurance Austria.
Sind als Familienunternehmen Ihre Abstimmungswege kürzer?
Christoph Repolust: Wir können als solches sehr schnell reagieren - speziell auf die angesprochenen wechselnden Anforderungen.
Jürgen Spari: Der große Vorteil von Familienunternehmen ist jener, nicht auf Börsenkurse schielen zu müssen und damit flexibler und rascher reagieren zu können. In vielen börsennotierten Unternehmen stehen das EGT und die Dividendenpolitik in Wahrheit am 1. Jänner schon fest. Das ist in einem Familienunternehmen schon ein wenig anders. Wenn sich Möglichkeiten ergeben, dann können wir sehr individuell reagieren - sei es im Personalbereich, bei Unternehmenszukäufen oder Investitionen. Wenn die Eigentümerfamilie dahintersteht, ist es schon ein ganz ein anderes Arbeiten, als wenn Unternehmensentscheidungen vom Börsenkurs bestimmt sind.
Christoph Repolust: Und wenn es unsere Risikoingenieure braucht für den angesprochenen Großbrand, dann lassen diese alles liegen und stehen und eilen zum Klienten. Mitbewerber müssten in Deutschland oder USA anfragen, um ein Team hierher zu bekommen. Das dauert Wochen. Wir können schnell und unbürokratisch reagieren.
Robert Pitschko: Bei uns geht die Sonne in Österreich auf, nicht irgendwo anders. Das spürt man in der Unternehmenskultur und in der Zusammenarbeit mit unseren Klienten.
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"Wir können als Familienunternehmen sehr schnell reagieren."
Christoph Repolust, Vorstand GrECo International AG
Nach Abschluss des Universitätslehrgangs für Versicherungswirtschaft an der Universität Graz ist er seit mehr als 30 Jahren in der Versicherungswirtschaft tätig. Nach verschiedenen Führungsaufgaben bei der Zürich Versicherungs AG und Aon wechselte er 2011 als Regional Manager Steiermark und Mitglied der Geschäftsleitung zu GrECo. Seit 2016 war er als Mitglied des Vorstands der GrECo International AG für das Ressort Risiko und Versicherungstechnik verantwortlich. Seit 1. Juli 2020 verantwortet er im Vorstand den Bereich Sales & Account Management.
Die Steiermark ist das Automotive-Bundesland schlechthin. Hier herrscht gerade gedämpfte Stimmung.
Robert Pitschko: Die Wirtschaftskrise und die Rezession sind in der Automotive wohl am allermeisten zu spüren. Viele Arbeitsplätze eines großen Players hängen hier an einem seidenen Faden. Klienten wiederum erwarten, dass wir auf diese Krise Antworten haben. Dass wir die Umsätze im Vorfeld reduzieren, die Risikofinanzierungsprämien optimieren und den Klienten noch näher zur Seite stehen.
Jürgen Spari: Die Steiermark ist gemeinsam mit Oberösterreich das größte Industriebundesland in Österreich. Die aktuelle Krise spüren die steirischen Unternehmen in voller Stärke. Wir bemerken in den Gesprächen mit Klienten, dass die Stimmung leider keine gute ist, und es aktuell wenige bis keine Wirtschaftsindikatoren gibt, die für 2025 nach oben zeigen. Umso mehr gilt es daher, jetzt zusammenzuarbeiten und gemeinsam diese Krise zu durchtauchen. Und auch Risikokosten können ein wesentlicher Faktor in einer Gewinn- und Verlustrechnung sein. 2025 werden wir besonders gefordert sein - gerade vor dem Hintergrund, dass in den letzten zwei, drei Jahren die Prämien unabhängig von der individuellen Schadenssituation stark gestiegen sind. Jetzt gilt es intensiv daran zu arbeiten, dass sich die Risikokosten auf dem hohen Niveau zumindest stabilisieren.
Robert Pitschko: Gerade in der Situation ist Risikomanagement essentiell. Denn es müssen die wichtigsten Elemente ja trotzdem weiterhin abgesichert sein – gerade in einer Zeit, in der es nicht so läuft. So spare ich vielleicht am falschen Fleck, wenn ich eine mögliche Betriebsunterbrechung nicht mehr absichere oder reduziere. Wir haben auch Business Continuity Plans in unserer Dienstleistungspalette. Ihnen gilt gerade jetzt ein Augenmerk.
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"Versicherungsprämien können ein wesentlicher Faktor in einer Gewinn- und Verlustrechnung sein."
Jürgen Spari, Regional Manager GrECo International AG Steiermark
Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Karl-Franzens-Universität in Graz hatte er verschiedene Führungsfunktionen bei österreichischen Versicherern inne, unter anderem als Leiter des Partnervertriebes der Wiener Städtischen Versicherung AG von 2002 bis 2008 und als Landesdirektor Steiermark der Merkur Versicherung AG von 2009 – 2014. Seit 2015 ist er als Regional Manager und Mitglied der Geschäftsleitung für die Leitung der Region Steiermark verantwortlich.
In der öffentlichen Wahrnehmung ist Nachhaltigkeit zuletzt hinter andere gesellschaftspolitische Ziele gerückt - ist das in Unternehmen ähnlich?
Robert Pitschko: Die großen Industrieunternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Spannend wird es bei den KMUs. Da sehen wir großen Aufholbedarf - selbst in Unternehmen mit 100 oder 200 Millionen Euro Jahresumsatz. Die haben sich teilweise noch viel zu wenige Gedanken gemacht, wie unsere Erfahrungen aus Klientengesprächen der letzten Monate zeigen. Wir sind oft die ersten, die das Thema mit unseren Dienstleistungen anstoßen.
Für die Risikolandschaft definieren Sie vier Pole: Soziale Disruption, Umwelt, Globalisierung und digitale Transition. Wie steht es denn in Unternehmen um letztere?
Christoph Repolust: Unternehmen versuchen umzudenken. Sie entwickeln sich weiter, lassen digitale Kompetenzen einfließen.
Jürgen Spari: KI ist eine Chance für viele Unternehmen, wiewohl für manche auch ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Auf Deep Fakes etwa sollte man vorbereitet sein. Das ist die negative Auswirkung von KI. Und hier sind wir gefragt, darauf aufmerksam zu machen und aufzuzeigen welche Wege es gibt, so etwas zu verhindern.
Robert Pitschko: Mit der Abteilung Financial Lines bieten wir etwa umfassende Lösungen an, von denen Cyberversicherungen ein Teil sind.
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Tritt im April 2025 seine neue Rolle als Regional Manager Bancassurance in der Steiermark an:
Martin Lang, Regional Manager Bancassurance Steiermark
Seit 2007 in der Versicherungsbranche tätig, 2011 fügte er den Abschluss zum Akademischen Versicherungskaufmann hinzu.
In dieser Zeit war er bereits bei der GRAWE tätig, wo er von 2014 bis 2017 zunächst Verkaufsorganisator der Landesdirektion Steiermark Süd war und seit 2018 als Gebietsleiter in Graz tätig ist.
In dieser Funktion war er mit der Führung des Vertriebsteams in Graz beauftragt. Im April 2025 tritt er seine neue Position als Regional Manager Bancassurance in der Steiermark an.
Wie stark ist denn Risikoabsicherung per se automatisier- und standardisierbar?
Robert Pitschko: Da gibt es Bereiche, bei denen das sehr gut funktioniert - etwa in den Financial Lines. Aber auch im Bereich D&O oder in der Fuhrparkabsicherung. Dort kann ich die Pflichtversicherung erfüllen und automatisieren. Aber nicht im Core Business. Da gilt: Das Risiko in Absprache mit dem Klienten auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Im Falle des Brandschutzes etwa mit Brandmeldeanlagen oder automatischen Löschvorrichtungen oder organisatorischen Maßnahmen. Wenn diese Hausaufgaben gemacht sind, folgt ein maßgeschneidertes Finanzierungs- und Versicherungskonzept. Das meinen wir mit maßgeschneidert. Nicht mit einem Produkt von einem Versicherer zu kommen und zu sagen, das ist es. Sondern vom Risiko zu kommen und für beste Konditionen und beste Deckung zu sorgen.
Jürgen Spari: Wir sind nahe am Klienten und nahe an den Entscheidungsträgern unserer Klienten. Wir stellen viele Fragen und wir müssen diese Fragen auch stellen, um unsere Klienten und deren Geschäftsmodelle gut zu kennen und zu verstehen. Aspekte und Auswirkungen des Green Deals und der Nachhaltigkeit auf Geschäftsmodelle müssen wir vorher kennen. Internationalisierung und Globalisierung erfolgen immer schneller und haben Implikationen auf das Risikomanagement. Das wird auch keine KI meistern. Da wird es immer uns brauchen, also einen verlässlichen Partner, der mit Unternehmen spricht und herausfindet, was diese beschäftigt. Risikomanagement ist mittlerweile in der obersten Managementebene angesiedelt und man spricht nicht mehr nur über die Versicherungsprämien sondern eben auch über Strategien der Risikobewältigung
Robert Pitschko: Wir müssen verstehen, was der Kunde macht. Und was er kurz- und mittelfristig tun könnte. Was seine Herausforderungen sind. Das ist ein entscheidender Prozess, um für ihn zukunftsfit maßgeschneiderte Lösungen zu erarbeiten. Und zwar gemeinsam.
Haben Sie ein Beispiel?
Christoph Repolust: Nehmen wir ESG. Die CSRD-Richtlinie, die nun endlich in ein Gesetz eingeflossen ist, fordert einen Glasproduzenten heraus: Dieser befeuert seine Glasschmelzöfen derzeit mit Gas oder Diesel und muss dies künftig mit Strom tun. Damit verändert sich sein Risikoprozess, den wir begleiten. Und das tun wir gerne. Wie übrigens auch der Versicherer, der das Risiko zeichnet. Der freut sich, denn dieser ist ja dazu angehalten, sein Buch Richtung ESG zu optimieren.
Vielen Dank für das Gespräch!
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GrECo
Die GrECo Gruppe, ein eigentümergeführtes Unternehmen, bietet ihren Klienten individuelle Lösungen im Risiko- und Versicherungsmanagement an und ist Österreichs führender Spezialist für Industrie, Handel, Gewerbe und den öffentlichen Sektor. Aktuell werden vom Unternehmenssitz in Wien aus 65 Niederlassungen und ca. 1.400 Mitarbeiter:innen in 21 Ländern, davon über 400 in Österreich, gesteuert. Mit zwölf Standorten in den Bundesländern garantiert GrECo Service aus einer Hand. Die dezentrale Standortpolitik und die damit verbundene persönliche Nähe zu den Klienten sind essenzielle Elemente der umfassenden Dienstleistung. Große steirische Industriebetriebe, Anlagenbauer und öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie Bau- und Baunebengewerbe zählen zu den rund 200 Klienten von GrECo und etwa 300 Klienten von Bancassurance in der Steiermark.
GrECo Bancassurance
Die VMG Versicherungsmakler GmbH fusionierte 2024 mit der GrECo International AG. 1978 als Inhouse-Broker der Erste Bank und Sparkassen gegründet, erwarb die GrECo Gruppe 2010 einen Anteil von 95 % an der VMG. Im Jahr 2023 gingen die restlichen 5 % der Anteile an die GrECo Gruppe über. Diese langjährige Verbundenheit von GrECo und VMG und die enge Kooperation mit der Gründerin Erste Bank und Sparkassen ist das Fundament für diese Fusion.
