Autotest : Unternehmerin Ulrike Haslauer nimmt SUV von Jaguar kritisch unter die Lupe

Autotest Ulrike Haslauer Jaguar SUV
© Thomas Topf

Es ist noch gar nicht so lange her, als sich Jaguar-Fahrer noch per freundlichem Handzeichen im rüden Straßenverkehr grüßten. Man möchte meinen, einander wildfremde Menschen zu solch netten Sympathiebekundungen zu treiben, ist ein echter Markenerfolg.

Mittlerweile grüßen sich die Jag-Piloten nicht mehr. Dafür verkauft der nun indische Hersteller mehr Fahrzeuge als je zuvor. Nach und nach sind alle Tabus gefallen: vom ersten Diesel zum ersten Kombi bis hin zur preislichen Mittelklasse schien man sich in Coventry schon längst für nichts mehr zu schämen. Und nun das: ein Jaguar-SUV. Eigentlich unvermeidlich, aber doch erstaunlich spät macht der Hersteller, zu dem auch Land Rover gehört, ein Angebot für Menschen, die gerne höher im Auto sitzen, aber keine Almhütte besitzen.

Zu diesen gehört auch Ulrike Haslauer. Sie sagt, sie hat gerne „ordentlich PS unter dem Hintern“ und fährt leidenschaftlich Auto. Diese Grundeinstellung macht sie zur idealen Kandidatin für den INDUSTRIEMAGAZIN-Autotest, zu dem sie auch noch eine weitere, unabdingbare Eigenschaft mitbringt: Sie ist erfolgreich. Mit ihrem Unternehmen Compact Electric bespielt sie vom Schaltschrankbau über SMD-Auftragsfertigung bis zu eigenen Messgeräten eine breite Palette der Elektrotechnik. Wenn man ihr zuhört, hat man nicht den Eindruck, dass sie 35 Mitarbeiter, sondern 400 beschäftigt: Hier ein eingereichtes Industrie-4.0-Projekt, dort ein mit der FH Campus Wien entwickeltes Messgerät, daneben eine Menge Tagesgeschäft und für die Lehrlingsausbildung hat sie auch noch Zeit. "Ich bin schon sehr gerne Unternehmerin", sagt sie. Spricht sie von ihren Plänen für ihr Unternehmen, kommt sie richtig in Fahrt. Wir nutzen den Schwung und legen los.

Unsere kleine Ausfahrt beginnt in einem Gewerbegebiet im 10. Wiener Gemeindebezirk. Dort hat Haslauers Firma noch einige Monate ihren Sitz. Dann wird in ein gekauftes, 3.900 Quadratmeter großes Areal im 23. Bezirk umgezogen. "Wir haben dann endlich Platz und können unsere Ideen der Clean Production in der Fertigung umsetzen." Und – das erzählt sie etwas später – dort wird sie endlich einen eigenen Proberaum für ihre Rockband unterbringen. Sie ist die Frontfrau der Firmenband C.E.L.O, dem "Compact Electric Light Orchestra". Eine logische Folge von 17 Jahren klassischem Ballett ist das nicht, beteuert sie, "ich habe halt immer schon gerne gesungen."

Katzenleben

Wieder einmal stellen wir fest, dass die Referenzen starker Marken gerne zu inhaltlichem Unfug einlädt. Und weil Jaguar der einzige Hersteller mit einem Tiernamen ist, muss die Originalausgabe von Brehms Thierleben aus 1876 für unser Bewertungsraster herhalten:

"Die schönsten Mitglieder der schönen Katzenfamilie sind die Pardel. Sie bewohnen die alte und die neue Welt."

Dem ist nichts hinzuzufügen. „Ein wirklich fesches Auto“, sagt Frau Haslauer und zeigt sich von der Formgebung höchst angetan. Der Kofferraum könnte wohl etwas größer sein, dafür bemerkt sie anerkennend: „Jaguar war für mich eher immer eine Marke für Hutträger – diesen Wagen würde ich auch fahren.“ Zu dumm, dass in ihrer Garage schon ein recht neuer X5 steht.

"Unter ihnen steht das gefürchtetste aller Raubthiere der neuen Welt, der Jaguar oder die Unze, als das größte und stärkste Mitglied der Gruppe obenan."

Naja, für dieses Exemplar gilt das wohl nicht. Die Motorisierung unseres Testwagens ist wenig furchteinflößend. Die 180 PS des Zwei-Liter-Vierzylinders lassen Frau Haslauer recht enttäuscht zurück, als sie auf der Autobahn zum Überholvorgang ansetzt. Der routinierte Fahrzeugverkäufer würde nun kontern, dass es auch anders geht. Mit mehr Hubraum, wie etwa beim 3-Liter-V6, der als Diesel 300 PS und als Benziner ganze 380 PS leistet. Ganz unten in der Modellliste rangiert eine Ausführung, die so kurios ist wie ein weißer Panther: ein SUV mit reinem Heckantrieb.

"Die Färbung ändert vielfach ab, ebenso wohl was die Grundfarbe als was die Fleckenzeichnung anbelangt."

Ihr erstes Auto hat unsere Testerin gut in Erinnerung, was nicht schwer ist: Es war ein oranger Opel Kadett City mit schwarzen Sportstreifen. Der rote Jaguar wartet nur im Innenraum mit Farbkombinationen auf. Das Interieur ist in Schwarz-Rot gehalten, was ihm das Attribut „schnittig“ von der vielseitigen Unternehmerin einbringt. Die Lederausstattung gefällt ihr, vor allem die farblich abgesetzten, sichtbaren Nähte machen Eindruck. Einzig die Bordelektronik stimmt nicht allzu froh. Die Bedienung des Touchscreens wirkt ziemlich zuckelig und träge, das könnte wohl besser gehen.

Apropos Opel Kadett: Dessen Motor versieht heute noch seinen Dienst als Schlepplift – soviel dazu, wie Qualität und Markterfolg korrelieren.

"Er ist kein Kostverächter."

Doch, das ist er. Wir fuhren ihn mit knapp sieben Litern Dieselverbrauch auf 100 Kilometer. Dagegen ist nichts zu sagen.

"Auf Bäumen lauert er niemals, obgleich er sehr gut klettert."

Ob er, der automobile Jaguar, wirklich so gut klettert, konnten wir nicht austesten. Die 8-Gang-Automatik ist aus den Limousinen bekannt, der Allradantrieb kam ebenfalls bereits im F-Type zum Einsatz. Er braucht 165 Millisekunden für eine 50:50-Verteilung auf die beiden Achsen, was für die meisten Lebenssituationen schnell genug sein dürfte.

"In den Käfigen und Thiergärten und Thierbuden benimmt sich der Jaguar wie seine Verwandten, die altweltlichen Pardel.“

Auch hier hat Brehm schon erahnt, was 150 Jahre später kommen wird: Der F-Pace ist ein schöner Wagen, der mit seinen deutschen Konkurrenten gut mithalten kann. In der Vergleichsgruppe von Audi Q5, BMW X3 oder Porsche Cayenne weiß er sich zu benehmen. Die Krallen könnten etwas schärfer sein und mehr zum Einsatz kommen – den einst so schnurrigen Individualismus der Jaguar-Limousinen versprüht er nicht mehr. Aber das macht wahrscheinlich nichts, wie die Absatzstatistik zeigt.

Ulrike Haslauer: Mit 20 zur Unternehmerin

Schaltschrankbau war nicht Ulrike Haslauers Lebenstraum. Sie hat in der Not Begeisterung entwickelt. Zwei Millionen Schilling waren es, die ihr Vater 1986 für den damaligen Elektrohandelsbetrieb Compact Electric bezahlte. Tochter Ulrike begann gerade, an der WU zu studieren. "Mein ursprünglicher Plan war, Rechtsanwältin zu werden", sagt sie. Weil der Vater Unternehmer wurde, entschied sie sich dann doch für ein BWL-Studium. "Aber das wurde dann doch eine andere Studentenzeit als erhofft", sagt Haslauer heute. Ihr Vater starb nur drei Jahre später mit 46 und sie musste ins Unternehmen einsteigen. Anstatt durch die Proseminare zu bummeln, belegte sie am BFI den Kurs "Grundzüge der Elektrotechnik." Ihre Mutter erledigte in der Firma die Buchhaltung und sie kümmerte sich darum, dass Schaltschränke gebaut und verkauft wurden. Heute ist ihr Unternehmen im Anlagenbau tätig, macht Auftragsfertigung mit SMD-Technik und baut auch eigene Geräte. Jüngster Wurf ist ein gemeinsam mit der FH Campus Wien entwickeltes, neuartiges Kennlinienmessgerät für Solarmodule, das innerhalb einer Minute die Funktionstüchtigkeit von Anlagen bis 5 kW Leistung ermitteln kann.