Ranking der Top 1000 Führungskräfte : Österreichs 1000 wichtigste Manager

Ist Einfluss objektiv messbar? In Kooperation mit dem Strategieberatungsunternehmen FAS Research nimmt INDUSTRIEMAGAZIN das Beziehungsgeflecht der 20.000 wichtigsten Führungskräfte der österreichischen Wirtschaft unter die Lupe. Für das Ranking der Top 1000 Managerinnen und Manager erfolgte ein Mapping von mehr als einer Million Datensätze der 5000 größten Unternehmen. Das Resultat bildet die vieldimensionale Leadership-Landschaft in Österreichs Wirtschaft ab: Das sind die 1000 wichtigsten Managerinnen und Manager des Landes.
Was versetzt Managerinnen und Manager in die Lage, auf Unerwartetes schnell und adäquat zu reagieren? Welches Netzwerk und Beziehungsgeflecht ist dafür förderlich? Und: Ist Einfluss objektiv messbar? Die Analytiker von FAS Research, führend im netzwerkbasierten Stakeholder-Mapping und Strategiedesign, erarbeiteten in Zusammenarbeit mit INDUSTRIEMAGAZIN eine Objektivierung von Einfluss in Österreichs Wirtschaft. Begleiten Sie uns durch die hochgradig komplexe - und interaktive - Landschaft des Leaderships.
>>> Netzwerkforscher Katzmair: "Jeder Erfolg produziert eine Pfadabhängigkeit"
Neun (nach zehn im Vorjahr) Banker und Versicherer unter den Top-40: Damit sind Spitzenvertreter von Banken und Versicherungen weiterhin ein nicht von der Hand zu weisender Machtfaktor im Ranking der Top-1000. In Windeseile bildete sich nach Abgängen von Andreas Treichl & Co Einfluss abseits der klassischen Finanzwirtschaft in neuen Strukturen heraus. Mit Raiffeisen-Holding NÖ-Wien-Obmann Erwin Hameseder (Rang 1) und Uniqa-Vorstandschef Andreas Brandstetter (Rang 3) sind weiterhin zwei Topleute voran.
Wer ist gelistet?
Grundlage des Rankings sind die Wirtschaftscompass-Firmenbuchdaten aller Personen in Österreichs 5000 umsatzstärksten Industriebetrieben, den zehn größten Kreditinstituten (nach Bilanzsumme) sowie den mit jenen verbundenen Privatstiftungen. Aufnahme in die Liste fanden alle in diesen Unternehmen operativ tätigen Menschen wie Vorstände und Geschäftsführer sowie die Aufsichtsrats-Vorsitzenden dieser Unternehmen.


Raiffeisen-Generalanwalt Erwin Hameseder: Auf die Netzwerkpflege versteht er sich wie Vor-Vorgänger Christian Konrad glänzend.
Rang 1: Erwin Hameseder (68)
Obmann RAIFFEISEN-HOLDING NIEDERÖSTERREICH-WIEN
In den Kategorien Vernetzung, Variabilität und Umsatz kann dem Militär keiner das Wasser reichen: Erwin Hameseder führt – wie schon im Vorjahr – das Ranking der Top-1000 an. Seit 2012 ist er Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien und seit 2022 Raiffeisen-Generalanwalt. In dieser Funktion vertritt er die Raiffeisen-Organisation sowie die Genossenschaften mit rund zwei Millionen Mitgliedern und über 60.000 Mitarbeitern. Die Pflege seines Netzwerks liegt ihm im Blut – wie bereits seinem Vorgänger Christian Konrad.
Rang 2: Michael Strugl (61)
Vorstandsvorsitzender Verbund
Höchstwerte bei der Systemrelevanz: Michael Strugl ist vollständig in den großangelegten Umbau der Energiesysteme eingebunden. Der Verbund hat zuletzt Milliarden Euro in den Ausbau der Wasserkraft und der Netzinfrastruktur investiert. Strugls politische Vergangenheit? Kein Nachteil. Nach wie vor hält er engen Kontakt zu Entscheidungsträgern wie Umweltministerin Gewessler.

Verbund-Vorstandsvorsitzender Michael Strugl: Höhere Systemrelevanz geht nicht

Systemisches Risiko in Russland abgebaut: UNIQA-Vorstandsvorsitzender Andreas Brandstetter
Rang 3: Andreas Brandstetter (55)
Vorstandsvorsitzender UNIQA
Der Manager mit einem äußerst variablen Netzwerk sorgte mit seinem Rückzug aus Russland für Aufsehen, der durch den Verkauf der Tochtergesellschaft Raiffeisen Life in Moskau umgesetzt wurde. Damit wurde konsequent systemisches Risiko reduziert. 2023 verzeichnete der Versicherer ein erfolgreiches Jahr: Die verrechneten Prämien stiegen um zehn Prozent, während das Ergebnis vor Steuern auf 426 Millionen Euro kletterte.
Rang 4: Sabine Herlitschka (58)
Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria
Nur zwölf Prozent der Vorstandsposten sind mit Frauen besetzt. Sabine Herlitschka führt seit Jahren erfolgreich Infineon in Villach. Auch im Jahr 2024 attestiert das Top-1000-Ranking der in Villach ansässigen Managerin Bestwerte in der Kategorie Variabilität. Ihre Positionen bringt Herlitschka, die kürzlich als IV-Vizepräsidentin bis 2028 bestätigt wurde, geschickt auf den Punkt: Sie fordert eine Stärkung der nationalen Technologie-, Innovations- und Umsetzungskapazitäten. Zudem bleibt Herlitschka, die im Sommer in den Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG berufen wurde, bei ihrer Forderung an die europäische Politik: Europa habe die Mikroelektronik als systemrelevante Schlüsseltechnologie definiert und müsse diesen Kurs verstärken.

Holt die besten Köpfe ins Unternehmen: Infineon-Österreich-Vorstandsvorsitzende Sabine Herlitschka

Setzt die Transformation unter der Strategie 2030 fort: OMV-Vorstandsvorsitzender Alfred Stern
Rang 5: Alfred Stern (59)
Vorstand-Vorsitzender OMV
Bis 2026 wurde das Mandat des ausgebildeten Montanisten verlängert. Stern ist mit dem klaren Auftrag angetreten, die OMV durch die grüne Transformation zu führen. Nun gilt es, ersten Schritten im Rahmen der Strategie 2030 - sauberer Flugtreibstoff, Geothermiebohrungen, sinkende Emissionen - weitere folgen zu lassen. Die OMV will sich von einem integrierten Öl-, Gas- und Chemieunternehmen zu einem führenden Anbieter von innovativen nachhaltigen Kraftstoffen, Chemikalien und Materialien entwickeln und in der Kreislaufwirtschaft punkten. Mit der Umstellung auf ein CO2-armes Geschäft verfolgt Stern das Ziel, bis spätestens 2050 bis 2050 netto keine Treibhausgase mehr zu emittieren.
FAQ's: So funktioniert das Ranking der Top 1000
So wird bewertet
Der Einfluss ergibt sich aus einer Kombination von Umsatz, Vernetzung, Variabilität des Netzwerks und der systemischen Relevanz. Analysiert werden dabei die kumulierten Umsätze der Unternehmen, über die eine Person durch ihre Tätigkeit im Vorstand oder Aufsichtsrat Einfluss ausübt. Zusätzlich wird die Vernetzung der Personen anhand ihrer Positionen in Vorständen, Aufsichtsräten, Forschungsinstitutionen, Wirtschaftsverbänden oder Vereinen berechnet. Ein dritter Faktor ist die Variabilität, die Verbindungen zu anderen Branchen, Ländern, Altersgruppen und Geschlechtern im Netzwerk abbildet. Zur Bestimmung der systemischen Risiken dient die Güterklassifizierung der Input-Output-Matrix der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Die Gewichtung erfolgt anhand der Bruttowertschöpfung sowohl innerhalb als auch zwischen den Sektoren, basierend auf den zirkulierenden Güterflüssen in Millionen Euro.
Was ist Systemrelevanz?
Sie stellt die Abhängigkeitsverhältnisse innerhalb der Wertschöpfungskette dar. Für die Berechnung der systemischen Risiken wurden die Güterklassen der Input-Output-Matrix der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung verwendet. Die Gewichtung basiert auf der Bruttowertschöpfung sowohl innerhalb der einzelnen Sektoren als auch sektorenübergreifend, unter Berücksichtigung der zirkulierenden Güterflüsse in Millionen Euro.
Wann überflügeln Einzelvorstände ihre Chefs?
Auf den ersten Blick mag das Ergebnis überraschend erscheinen: Wenn vermeintlich einflussreichere Personen wie Vorstandschefs oder Eigentümer von ihren berichtspflichtigen Führungskräften, etwa Bereichsvorständen, übertroffen werden, stellt sich die Frage nach den Gründen dafür. Dies gilt, obwohl – wie Netzwerkanalytiker Harald Katzmair erklärt – Vorstandsvorsitzende aufgrund ihrer stärkeren Gewichtung eigentlich "nach oben gepusht" werden sollten. Die Darstellung ist jedoch in jedem Fall korrekt und lässt sich durch die Einzelmandate, deren Branchenzuordnung sowie die jeweiligen systemischen Risiken erklären.
Wieso so viele Senkrechtstarter?
Rangverschiebungen sind ein fester Bestandteil im Ranking der 1.000 einflussreichsten Manager. Wie immer lassen sich größere Sprünge in die Spitzenpositionen oder signifikante Platzverluste durch die Übernahme oder Abgabe von Führungspositionen, etwa von bedeutenden Aufsichtsratsmandaten, erklären. Neu hinzu kommt, wie bereits im Vorjahr, die Berücksichtigung des systemischen Risikos: Führungskräfte von besonders exponierten Energiedienstleistern sowie Unternehmen aus Branchen mit hohem Materialeinsatz, wie der Bauwirtschaft, konnten teils zweistellige Platzgewinne verzeichnen. Ebenso profitierten Vertreter technologiestarker Branchen wie der IKT-Industrie.