GG Group in Transformation : GG Group-CEO Fastabend: "Wir denken über den Rand unserer Kernindustrie hinaus"
Aktive Mitgliedschaft erforderlich
Das WEKA PRIME Digital-Jahresabo gewährt Ihnen exklusive Vorteile. Jetzt WEKA PRIME Mitglied werden!
Sie haben bereits eine PRIME Mitgliedschaft?
Bitte melden Sie sich hier an.
INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Fastabend, Ende 2022 hat die GG Group einen Transformationsprozess eingeleitet. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation in der Automobilzulieferindustrie und die Rolle der GG Group?
Holger Fastabend: Die Automobilbranche befindet sich in einer Phase des tiefgreifenden Wandels. Verbraucherpräferenzen ändern sich, neue Mobilitätskonzepte entstehen und technologische Innovationen setzen neue Maßstäbe. Für Unternehmen wie uns ist es unerlässlich, flexibel und resilient zu sein. Die gesamte Branche, insbesondere die OEMs, steht unter erheblichem Druck. Viele Modellstrategien greifen nicht, und die Elektromobilität hat in Europa langsamer an Fahrt aufgenommen als erwartet. Wir sehen derzeit etwa 25 Prozent weniger Autoverkäufe in Europa. Gleichzeitig hat sich die Profitabilität der OEMs verbessert, während Zulieferer mit schrumpfenden Volumina und geringeren Margen zu kämpfen haben. Bei GG Group sind wir zwar im Premiumsegment weniger stark betroffen, aber auch wir spüren den Kostendruck deutlich. Die Inflation der Personalkosten sowie die Material- und Energiekosten sind ein ständiges Thema. Um weiterhin profitabel zu bleiben, müssen wir in allen Unternehmensbereichen sehr konsequent arbeiten.
Welche Maßnahmen haben Sie im Zuge des Transformationsprozesses ergriffen?
Fastabend: Unser Transformationsprozess, den wir Ende 2022 gestartet haben, war umfassend. Wir haben unser Wires - Portfolio überarbeitet und uns auf profitable Kernprodukte fokussiert, während wir weniger ertragreiche Produkte zurückgefahren oder neu verhandelt haben. Ein besonderes Augenmerk lag auf dem Ausbau unseres Geschäfts im Bereich der „Connected Mobility und autonomes Fahren“ also Datenleitungen. Auch die Optimierung der Produktionskosten war ein zentraler Punkt. Wir haben unsere Produkt- und Prozess Designs weiter verbessert, um den Anforderungen unserer Kunden gerecht zu werden, und gleichzeitig die Produktivität in unseren Werken gesteigert. Unsere Planungsprozesse wurden optimiert, und wir haben die sogenannten Value Streams ausgebaut, was bedeutet, dass wir heute grundsätzlich weniger Kapital in der Lieferkette binden.Auch mit unseren Lieferanten haben wir intensiv gearbeitet. Wir haben Lieferzeiten verkürzt und bessere kommerzielle Bedingungen ausgehandelt. Besonders in der Serien- und Vorentwicklung sowie im Projektmanagement haben wir die Zusammenarbeit gestärkt, um effizienter und flexibler auf Marktanforderungen reagieren zu können. Und wir haben jeden Prozessschritt inkl. After-Sales-Bereich überprüft, von der Angebotsgestaltung bis zur Auslieferung.
„Wir suchen stets nach Effizienzsteigerungen und treiben die Digitalisierung, vor allem in der Supply Chain, voran.“Markus Ganahl, COO
Wie ist die Zusammenarbeit innerhalb Ihres Führungsteams organisiert?
Fastabend: Unser Führungsteam besteht aus sehr engagierten und kompetenten Personen. Markus Bode, unser CSO, bringt viele neue Ideen ein, besonders in den Bereichen Sales und Produktmanagement. Elke Vlach, unsere CFO, fokussiert sich stark auf Profitabilität und steuert innovative Ansätze bei. Markus Ganahl, unser COO, verantwortet weiterhin die Produktion und die Werke und optimiert erfolgreich deren Effizienz. Das Team ist sehr gut aufgestellt, und wir haben eine offene Diskussionskultur, bei der die besten Ideen im Wettbewerb entstehen. Es gibt keinen Platz für Elfenbeintürme – wir sitzen im selben Raum, arbeiten eng zusammen und diskutieren alles transparent.
Was sind die langfristigen Ziele von GG Group im Rahmen der Strategie 2030?
Fastabend: Unsere Strategie 2030 zielt darauf ab, unser Automobilgeschäft weiter auszubauen, aber wir wollen uns nicht allein darauf beschränken. Wir wollen auch in das Industriegeschäft weiter einsteigen, etwa in den Bereichen Industrie 4.0 und Maschinenbau. Wir prüfen derzeit, welche weiteren Industrien wir erschließen können, da die Technologie- und Produktanwendungen, die wir beherrschen, auch in anderen Sektoren gefragt sind.
Wie viel wird laufend investiert?
Fastabend: Wir investieren rund vier Prozent unseres Umsatzes in F&E, um zukünftige Innovationen voranzutreiben. Dabei setzen wir auch auf moderne Produktionsmethoden und nutzen zur Optimierung Simulationstechniken, künstliche Intelligenz und teilweise auch schon Big Data. Unsere Werke sind bereits gut vernetzt, und es geht nun darum, diese Daten zu nutzen bzw. die Nutzung weiterzuentwickeln, beispielsweise durch Feinplanungssysteme und andere moderne Technologien.
Entdecken Sie jetzt
- Lesen
- Videos
-
Podcasts
- Varta-Übernahme: Wie Porsche mit V4Drive die Turbohybrid-Strategie retten will | IM News 16.10.2024
- VW-Sparplan: Automobil-Zulieferindustrie durch Volkswagen-Krise massiv unter Druck | IM News 09.10.2024
- AT&S: Chaostage in Leoben, CEO Gerstenmayer tritt ab | Stillstand der Autoindustrie | IM News 09.10.2024
„Nur mit einer stabilen finanziellen Basis können wir unser strategisches Potenzial ausschöpfen.“Elke Vlach, CFO
Ein spannender Punkt ist die Entwicklung der Employer Brand. Was ist der Hintergrund dazu?
Fastabend: Die Employer Brand ist ein zentrales Thema für uns, vor allem im Kontext der aktuellen Transformation. Wir haben erkannt, dass es in der GG Group eine große Diversität an Kulturen gibt, nicht nur innerhalb der Unternehmensgruppe, sondern auch bei unseren Partnern. Diese Diversität möchten wir stärker nutzen. Unsere Vision ist es, eine Marke zu schaffen, die Menschen unterschiedlicher Altersgruppen und Hintergründe anspricht. Dafür haben wir einen strukturierten Prozess gestartet, an dem alle Standorte und Hierarchieebenen beteiligt sind. Wir wollen die Stärken der Vielfalt nutzen.
Wie gehen Sie mit den aktuellen Unsicherheiten in der Planung um, insbesondere angesichts der Volatilität im Markt?
Fastabend: Die Volatilität ist tatsächlich eine der größten Herausforderungen, besonders in der Automobilindustrie. Bestellungen werden oft kurzfristig storniert oder geändert, was eine flexible Unternehmensführung erfordert. Dieses Problem betrifft nicht nur Europa, sondern auch China und USMCA. Trotz der Unsicherheiten bleiben wir zuversichtlich. Verbrennungsmotoren werden in vielen Regionen weiterhin nachgefragt. Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet und passen unser Portfolio entsprechend an.
Wie sehen Sie die langfristige Ausrichtung der GG Group in Bezug auf die Gewichtung von Industrie- und Automobilgeschäft?
Fastabend: Wir möchten das Verhältnis zwischen Industrie- und Automobilgeschäft weiter ausbalancieren. Derzeit machen unsere Industrieaktivitäten etwa 10-15 Prozent unseres Umsatzes aus, was wir langfristig steigern möchten. Wir möchten uns breiter aufstellen und denken über den Tellerrand unserer Kernindustrie hinaus.
„Unsere Stärke liegt in der vertikalen Integration unseres Portfolios“Markus Bode, CSO
GG Group hat in den letzten Jahren viele Veränderungen durchlaufen. Würden Sie sagen, dass das Unternehmen nun auf Kurs ist?
Fastabend: Absolut. Wir haben turbulente Zeiten hinter uns, aber wir haben es geschafft, unsere finanzielle Basis zu stabilisieren. Das war eine enorme Leistung des gesamten Teams, und darauf können wir aufbauen. Wir sind gut aufgestellt, um unsere Profitabilitätsziele zu erreichen, und das wird uns erlauben, auch unsere strategischen Ziele weiter zu verfolgen. Europa durchlebt derzeit eine Welle von Insolvenzen, insbesondere in der Automobilzulieferindustrie. Es findet eine Art natürliche Auslese statt, und nur die stärksten Unternehmen werden bestehen. Wir haben uns das Ziel gesetzt, die Zukunft der Mobilität aktiv mitzugestalten, und ich bin überzeugt, dass wir durch unsere Transformation gut gerüstet sind.
Was ist Ihrer Meinung nach der wichtigste Erfolgsfaktor für die GG Group in den nächsten Jahren?
Fastabend: Resilienz ist der Schlüssel. Die Fähigkeit, sich an veränderte Bedingungen anzupassen, ohne die eigene Ausrichtung zu verlieren, ist essenziell. Zudem wird es entscheidend sein, dass wir weiterhin effizient arbeiten und gleichzeitig in die Zukunft investieren. Unsere Innovationskraft ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Strategie. Mit einem starken Fokus auf Forschung und Entwicklung sowie einer flexiblen Organisation, die schnell auf Marktveränderungen reagieren kann, sind wir gut aufgestellt.