Rüstungsboom als Chance : Wie Semperit von steigenden Verteidigungsausgaben profitieren kann

Vorstandsvorsitzender Karl Haider, der zukünftige Semperit-CEO Manfred Stanek, Gerfried Eder (CIO) und Helmut Sorger (CFO) am Donnerstag, 20. März 2025, anl. der Bilanz-PK der Semperit AG Holding
- © APA/HELMUT FOHRINGERDer niederösterreichische Gummi- und Kautschukkonzern Semperit sieht großes Wachstumspotenzial, sobald die Konjunktur wieder anzieht. Dies könnte laut Unternehmensprognosen im zweiten Halbjahr 2025 der Fall sein. „Wir sehen Potenzial für eine Erholung“, erklärte Finanzvorstand Helmut Sorger am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Allerdings spiegle sich dies aktuell noch nicht im Auftragsbestand wider. Bis dahin bleibt das Marktumfeld „unverändert schwierig“, so Sorger weiter. Zölle bereiten Semperit keine Sorgen.
Zu den positiven Marktfaktoren zählen das Infrastrukturprogramm in Deutschland, die erhöhten Rüstungsausgaben in Europa sowie das Interesse der USA am Rohstoffabbau in der Ukraine. Semperit, mit Sitz in Wimpassing, Niederösterreich, ist bekannt für seine Gummi-Förderbänder für die Bergbauindustrie sowie Hydraulikschläuche für Kräne, die unter anderem auch im Militärsektor eingesetzt werden können.
Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!
Semperit und die Rüstungsindustrie: Wachstumspotenzial durch steigende Verteidigungsausgaben
Die weltweit steigenden Rüstungsausgaben eröffnen neue Geschäftschancen für spezialisierte Industriezulieferer wie Semperit. Der niederösterreichische Konzern könnte von dieser Entwicklung profitieren – insbesondere in den Bereichen Hydrauliktechnologie, Förderbänder und Spezialkomponenten für militärische Anwendungen.
Viele Länder, insbesondere in Europa und Nordamerika, erhöhen ihre Verteidigungsbudgets. Deutschland etwa plant im Rahmen des Sondervermögens Bundeswehr erhebliche Investitionen in die Modernisierung der Streitkräfte. Auch andere EU-Staaten sowie die USA stocken ihre Militärausgaben auf.
Semperit ist in mehreren Bereichen tätig, die für die Rüstungsindustrie von Bedeutung sind:
- Hydraulikschläuche für Militärfahrzeuge und Kräne: Militärische Fahrzeuge, Panzer und spezialisierte Kräne für den Transport schwerer Ausrüstung benötigen hochbelastbare Hydrauliksysteme. Semperit produziert robuste Hydraulikschläuche, die extremen Bedingungen wie hohen Druck- und Temperaturunterschieden standhalten – eine essenzielle Komponente für moderne Verteidigungstechnik.
- Förderbänder für den Bergbau und Rohstoffabbau: Die zunehmende geopolitische Bedeutung von kritischen Rohstoffen erfordert sichere und effiziente Fördertechnik. Semperit stellt Gummi-Förderbänder her, die in Bergwerken und Steinbrüchen zum Einsatz kommen. Gerade im militärischen Sektor, wo Rohstoffversorgung und Materiallogistik essenziell sind, könnten diese Produkte verstärkt gefragt sein.
- Hitzebeständige Spezialprodukte für militärische Infrastruktur: Ob bei Flughäfen, Marinehäfen oder mobilen Kommandozentralen – widerstandsfähige Gummikomponenten sind gefragt. Semperit könnte mit seinen bewährten Dichtungen, Beschichtungen und Industriekomponenten einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung der Verteidigungsinfrastruktur leisten.
Die steigenden Rüstungsausgaben in Europa und den USA könnten Semperit neue Absatzmärkte erschließen. Besonders durch langfristige Großaufträge aus dem Verteidigungssektor könnte das Unternehmen seine Marktposition stärken und gleichzeitig technologische Innovationen vorantreiben.
Semperit-Produkte im Alltag – von Rolltreppen bis Hörgeräten
Nicht nur in der Industrie, sondern auch im Alltag kommen Menschen regelmäßig mit Semperit-Produkten in Berührung. Der Konzern stellt Gummihandläufe für Rolltreppen her, die weltweit zum Einsatz kommen. Zudem produziert Semperit durch seine Tochtergesellschaft Rico, die 2023 übernommen wurde, Silikonkomponenten für Hörgeräte und Babyschnuller.
Obwohl Semperit immer noch mit Autoreifen assoziiert wird, stellt das Unternehmen bereits seit 1985 keine Reifen mehr her. Die Reifensparte und Markenrechte wurden damals an Continental verkauft. Auch im Medizinbereich gab es zuletzt Veränderungen: Semperit trennte sich von seiner Medizinsparte, die nun vom südostasiatischen Handschuhproduzenten Harps betrieben wird. Die Produktionshalle in Wimpassing wird dafür von Semperit an Harps vermietet.

Rückkehr in die Gewinnzone: Semperit schreibt 2024 schwarze Zahlen
Nach einem Verlust von 17,1 Millionen Euro im Jahr 2023 erzielte Semperit 2024 wieder einen Nettogewinn von 11,5 Millionen Euro. Der Umsatz sank leicht um 0,8 Prozent auf 676,6 Millionen Euro, während das operative Ergebnis (EBITDA) auf rund 85 Millionen Euro anstieg. Die Börse reagierte positiv auf die Zahlen: Die Semperit-Aktie legte bis Mittag um 2,8 Prozent zu.
Das Unternehmen hatte 2023 ein umfassendes Sparprogramm umgesetzt. Für 2024 erwartet der Vorstand – „unter Berücksichtigung weiterer Kosteneinsparungen und abhängig von Zeitpunkt und Intensität der Markterholung“ – ein EBITDA zwischen 70 und 90 Millionen Euro. Bis 2026 soll es auf rund 120 Millionen Euro steigen, sofern die wirtschaftliche Erholung 2025 einsetzt.
2023 reduzierte Semperit seine Belegschaft um rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ende 2024 beschäftigte der Konzern noch circa 4.000 Personen. Für 2025 könnte der Personalstand wieder wachsen. „Wenn wir wachsen, werden es mehr“, kündigte Vorstandschef Karl Haider an, dessen Vertrag Ende März ausläuft. Nachfolger wird Manfred Stanek, ehemaliger Greiner-Manager und seit dem 1. März Mitglied des Semperit-Vorstands.