Digitale Transformation : Das große Digitalisierungs-Puzzle

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© Alex from the Rock - stock.adobe

Wann bringt Digitalisierung etwas, wann geht beim Einsatz digitaler Tools etwas verloren? 

Dass Alexandra Leopold, Personalleiterin bei Rosendahl Nextrom, ausgerechnet diesen Punkt für eine zentrale Frage hält, mag auf den ersten Blick überraschen. Denn Rosendahl Nextrom ist als weltweit agierender Produzent von Sondermaschinen für die Batterie-, Kabel- und Glasfaserindustrie ein sehr technikaffines Unternehmen. Die Entscheider:innen bei Rosendahl Nextrom sehen sich als First Mover und digitale Visionäre, deren Innovationsvorhaben auch bei den Mitarbeiter:innen auf große Zustimmung stoßen. 

„Die hohe Zustimmung begründet sich dadurch, dass wir Digitalisierung sehr stark von den Prozessen im Unternehmen denken und uns im Vorfeld sehr ausführlich darüber Gedanken machen, was jede einzelne Maßnahme für die Mitarbeiter:innen bedeutet. Täten wir das nicht, wären wir bei der Digitalisierung nicht so erfolgreich“, erklärt Alexandra Leopold.

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Alexandra Leopold, Portraitbild
„Wir denken Digitalisierung sehr stark von den Prozessen im Unternehmen her", so Alexandra Leopold. - © Rosendahl Nextrom

Warum tun Sie das?

Anna Nowshad, Partnerin im Consulting bei Deloitte Österreich und mit Rosendahl Nextrom aus gemeinsamen Projekten gut vertraut, kann das nur bestätigen. Auch sie betont, dass Digitalisierung kein Selbstzweck ist und einen ganzheitlichen Blick erfordert: „Ein Unternehmen sollte sich immer wieder bewusst machen, was es mit Digitalisierung erreichen möchte, aber auch, wie viel es den Mitarbeiter:innen an Veränderung zumuten und mit welchen Tempo sie diese umsetzen kann. Darüber hinaus ist die Frage essenziell, warum gerade ein bestimmtes Digitalisierungsprojekt vorangetrieben wird.“

Die Gründe können sehr unterschiedlich sein: Kostendruck, Fachkräftemangel und sehr oft auch die Erkenntnis, dass man sonst hinter dem Wettbewerb zurückbleiben würde. Bei Rosendahl Nextrom sind die Ursachen auch noch andere: „Wir haben einen positiven Veränderungsdruck. Weil unsere Produkte sehr oft im Kontext digitaler Technologien angewendet werden, verfolgen wir neue Entwicklungen in diesem Bereich von Anfang an sehr intensiv und profitieren davon, wenn wir manche dieser Entwicklungen auch für unsere internen Prozesse nutzbar machen.“

Anna Nowshad Portraitbild
„Richtig herausfordernd wird es, wenn es darum geht, digitale Tools in die Unternehmenskultur einzubetten und dadurch ihre Anwendung im Alltag sicherzustellen", betont Anna Nowshad. - © Deloitte/feelimage

Mitarbeiter:innen im Fokus

Derzeit ist Rosendahl Nextrom unter anderem dabei, eine firmeninterne KI auszurollen. Die Erfahrungen, die man dabei gemacht hat, sind durchwegs positiv. Dabei ist die Aufgabe, ein Tool, das viele Mitarbeiter:innen aus ihrem privaten Umfeld kennen, in eine Firmenumgebung zu transferieren, gar nicht trivial. Anders als bei der Privatnutzung kann beim KI-Einsatz im Unternehmen nicht auf allgemein zugängliche Tools zurückgegriffen werden, weil hochsensible Kunden- und Unternehmensdaten geschützt werden müssen. „Bietet ein Unternehmen seinen Mitarbeiter:innen keine firmeninterne, sichere KI-Lösung, besteht die Gefahr, dass dann die Firmenrichtlinien umgangen werden und doch frei verfügbare Modelle zum Einsatz kommen“, sagt Alexandra Leopold. Aus Mitarbeitersicht ist das verständlich, denn sie wollen ihre Arbeit schnell und effizient erledigen, aus der Sicherheitsperspektive ist das hingegen alles andere als optimal.

Beispiele wie dieses zeigen sehr gut, dass Digitalisierung immer auch mit Fragen der Mitarbeiterführung und -zufriedenheit einher geht. Dementsprechend muss das Verhältnis zwischen technischer Machbarkeit, Effizienz, Sicherheit und den Bedürfnissen derer, die eine digitale Lösung verwenden sollen, immer wieder neu ausgelotet werden. Bei der digitalen Übermittlung von Krankenstandbestätigungen etwa spricht aus der Effizienzsicht alles dafür, ein digitales Tool einzurichten. Andererseits geht für Personalverantwortliche damit eine wichtige Gelegenheit für persönlichen Austausch mit den Mitarbeiter:innen verloren.

Wichtige Abwägungen

Solche Abwägungen sind absolut wichtig, findet Deloitte Expertin Anna Nowshad . Ansonsten kann es passieren, dass Unternehmen in einen Aktivismus verfallen, der nur wenig Nutzen und im schlimmsten Fall sogar Schaden mit sich bringen kann. Stattdessen ist es besser, weniger Digitalisierungsprojekte und diese aber mit dem entsprechenden Einsatz sowie den entsprechenden Ressourcen durchzuführen. 

Ohnehin herrscht zwischen dem technisch Machbaren und dem tatsächlich Durchführbaren oft eine beträchtliche Lücke. „Wir wissen aus vielen Projekten, dass auf der technischen Seite von Digitalisierungsvorhaben oft der überwiegende Fokus liegt. Die Lernkurve ist hier sehr steil. Beim Innovationsgrad, den man erreichen kann, fällt sie hingegen schon flacher aus. Und richtig herausfordernd wird es digitale Tools in Unternehmenskultureinzubetten und dadurch ihre Anwendung im Alltag sicherzustellen.“ Das zeigt: Die Technologie selbst ist nur ein Puzzlestück von vielen.

Kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren

Fehlen andere wichtige Puzzleteile wie beispielsweise eine klare Vision, das Commitment des Top-Managements und eine offene Kommunikationskultur, ist ein Scheitern von Digitalisierungsprojekten sehr wahrscheinlich. Ein klassisches Beispiel ist das Umgehen von ungeliebten Digitallösungen und der Einsatz von bequemeren, nicht immer sicheren Tools. Für ein Unternehmen, dem das passiert, ist die Lage gleich doppelt kritisch: Zum einen merken die Verantwortlichen oft erst mit Verspätung, dass eine im guten Glauben implementierte Lösung nicht angenommen wird, und zum anderen setzen sie sich einem unnötigen Cyberrisiko aus. 

Mit technokratischen Lösungen lässt sich die Tatsache, dass eine zunehmend digitale Arbeitsweise von den Mitarbeitenden abgelehnt werden, nicht lösen. Eine Zauberformel, sagt Deloitte Expertin Anna Nowshad, gibt es aber trotzdem. Und die heißt: Kommunizieren, kommunizieren und nochmals kommunizieren. Denn nur so können alle Beteiligten auf die große Digitalisierungsreise mitgenommen und leere Kilometer vermieden werden.