Abschied nach 33 Jahren : Stefan Pierer zieht sich vollständig aus KTM-Vorstand zurück

Stefan Pierer zieht sich nach 33 Jahren vollkommen aus dem KTM-Vorstand zurück und übergibt an Gottfried Neumeister.
- © Pankl Racing SystemsDer KTM-Aufsichtsrat dankt in einer Aussendung Stefan Pierer für seine langjährige und erfolgreiche Tätigkeit. „Stefan Pierer hat in den letzten 33 Jahren KTM zu einer Weltmarke und zum größten europäischen Motorradhersteller aufgebaut.“ Pierer legt sein Vorstandsmandat in der KTM AG zurück und übergibt die Führung nun vollständig an Gottfried Neumeister. Zusätzlich wurde Verena Schneglberger-Grossmann in den Vorstand gewählt.
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"Ich wünsche Gottfried Neumeister von Herzen alles Gute. Mit ihm habe ich den perfekten Nachfolger gefunden und bin fest davon überzeugt, dass er das Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen wird“, so Stefan Pierer.
"Ich möchte mich bei Stefan Pierer für sein Vertrauen bedanken, sein Lebenswerk weiterführen zu dürfen."Gottfried Neumeister
Neumeister lobt Pierers Lebenswerk
Gottfried Neumeister, CEO der KTM AG: "Ich möchte mich bei Stefan Pierer für sein Vertrauen bedanken, sein Lebenswerk weiterführen zu dürfen. Ich sehe es als Ehre und Verpflichtung, die Geschichte von KTM fortzuschreiben und zusammen mit unseren großartigen Mitarbeitern neue Wege zu gehen.“
Gleichzeitig gibt das Unternehmen bekannt, dass Verena Schneglberger-Grossmann, Prokuristin und Leiterin der Rechtsabteilung, zum Vorstandsmitglied der KTM AG ernannt wurde. Sie wird diese Position zusätzlich zu Ihrer Rolle als Leiterin der Rechtsabteilung übernehmen.
"Frau Schneglberger-Grossmann hat in ihrer bisherigen Rolle hervorragende Arbeit geleistet und war maßgeblich für die erfolgreiche Abwicklung des Sanierungsverfahrens mitverantwortlich, und wir sind überzeugt, dass sie auch in ihrer neuen Position einen großen Beitrag leisten wird“, so Neumeister.

So hat Pierer KTM zu einer Weltmarke gemacht
An der Spitze von KTM war Stefan Pierer maßgeblich für die Entwicklung des einst regionalen Motorradherstellers zum Weltmarktführer verantwortlich. Unter seiner Führung wurde KTM zu einer Marke, die für innovative Technik und sportlichen Erfolg steht, was durch die beeindruckende Zahl von über 260 Weltmeistertiteln im Offroad- und Rallyesport belegt wird. Mit strategischen Akquisitionen wie Husqvarna, GasGas und MV Agusta sowie der Erschließung internationaler Märkte legte Pierer den Grundstein für den weltweiten Erfolg des Konzerns.
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Ebenso beeindruckend wie die sportlichen Erfolge sind die wirtschaftlichen Erfolge von KTM. Unter der Führung von Stefan Pierer entwickelte sich das Unternehmen aus bescheidenen Anfängen - 1992 wurden gerade einmal 6.000 Motorräder verkauft - zum Weltmarktführer mit einem Umsatz von 1,6 Mrd. Euro und über 260.000 verkauften Fahrzeugen. Gleichzeitig expandierte KTM kontinuierlich: Mit einer Produktionskapazität von bis zu 1.000 Motorrädern pro Tag und einer Belegschaft von über 4.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter festigte das Unternehmen seine Position als der führende Motorradhersteller in Europa.

Chronologie des KTM-Absturzes
Trotz langjähriger Erfolge und eines beeindruckenden Markenaufbaus geriet Pierers Strategie in den letzten Jahren in eine Krise. Schwere Umsatzeinbußen, drastische Produktionskürzungen und ein massiver Anstieg der Verschuldung führten dazu, dass KTM in ein Eigenverwaltungsverfahren rutschte - ein klarer Wendepunkt, der als Scheitern der Expansionsstrategie gewertet wird. Diese finanziellen Schwierigkeiten führten schließlich zum Rücktritt von Stefan Pierer, während das Unternehmen nun um seine Zukunft und den Fortbestand kämpft.
- Januar/Februar 2024: Es werden erste Maßnahmen zur Kostensenkung eingeleitet – die Produktionslinien in Mattighofen wurden vorübergehend stillgelegt und der Betrieb auf einen Ein-Schicht-Modus umgestellt, was zu signifikanten Stellenkürzungen führte.
- März 2024: Die Produktion soll trotz der vorangegangenen Kürzungen wieder aufgenommen werden – allerdings in reduzierter Kapazität, um den überhöhten Lagerbestand an Motorrädern zu senken.
- Ende November 2024: Aufgrund massiver finanzieller Einbußen im Geschäftsjahr 2024 und eines drastisch gestiegenen Schuldenstandes stellt die Pierer Mobility AG am 29. November 2024 einen Insolvenzantrag in Form eines Eigenverwaltungsverfahrens, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.
- Dezember 2024: Am 17. Dezember 2024 wurde bekannt, dass Pierer Mobility AG Citigroup Global Markets AG beauftragt hat, potenzielle Investoren zu finden – Ziel ist es, die für den Fortbestand nötigen Mindestrestrukturierungsquoten (30 % der Schulden) zu erreichen.
- 24. Januar 2025: Vor einer wichtigen Gerichtsverhandlung in Ried im Innkreis, bei der der Insolvenzanwalt über den Stand des Verfahrens berichtet, tritt Stefan Pierer als CEO zurück und wird zum Co-CEO. Gottfried Neumeister übernimmt der Vorsitzvortand.
- 25. Januar 2025: Gläubiger sollen über den vorgelegten Restrukturierungsplan abstimmen, ein entscheidender Schritt im weiteren Verfahren.
- Februar 2025: Am 25. Februar 2025 findet die endgültige Abstimmung der Gläubiger über den Restrukturierungsplan statt. Die Gläubiger haben den Sanierungsplan akzeptiert und eine Zerschlagung des Unternehmens abgewendet. Damit ist aber noch lange nicht alles unter Dach und Fach.
- 4. März 2025: Stefan Pierer zieht sich endgültig aus dem Vorstand zurück. Gottfried Neumeister hat nun das Sagen im KTM-Vorstand.
Wie geht es nun weiter?
Unbestätigten Informationen zufolge wurden mit 23 potenziellen Investoren intensive Gespräche bei der Investorensuche für die insolvente KTM-AG geführt, die derzeit rund 200 Mio. Euro an frischem Kapital benötigt. Ein prominenter Kandidat war die BMW Group, die jedoch zurückgezogen hat und somit nicht als Investor bei KTM einsteigen wird.
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Parallel dazu gibt es konkrete Ansätze anderer potenzieller Investoren. Als möglicher strategischer Investor wurde unter anderem Stephan Zöchling, Miteigentümer von Remus, genannt. Zudem soll ein US-Asset Manager bereits ein unverbindliches Angebot abgegeben haben. Die Details der Verhandlungen sind weitgehend vertraulich. Neben dem indischen Partner Bajaj, der bereits 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat, werden weitere Gespräche geführt, um die notwendigen Investitionssummen zu sichern. Letztlich sollen diese Maßnahmen dazu beitragen, die angestrebte Sanierungsquote von 30 Prozent zu erreichen.
KTM will mit Gottfried Neumeister nun einen "Neustart" hinlegen. Ob das gelingt, hängt stark vom Erfolg der Verhandlungen mit den potenziellen Investoren ab.