Finanzen : Russland/Ukraine: RBI braucht Schutz, sagt Wifo-Chef
Die gegen die russische Zentralbank und Finanztransfers über das SWIFT-Zahlungsverkehrssystem gerichteten westlichen Sanktionen wegen der Invasion in der Ukraine werden Russland schaden, ist Wifo-Chef Gabriel Felbermayr überzeugt. Für Russland seien seine Währungsreserven nun deutlich weniger nützlich, es drohe ein Run auf Russlands Banken mit einer ausgemachten Finanzkrise, sagte Felbermayr am Montag im Ö1-Morgenjournal. Über die RBI sollte ein Schutzschirm gespannt werden.
Die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) sei mit ihren Investments in Russland in Prozent der Bilanzsumme die wahrscheinlich am stärksten betroffene Bank überhaupt, noch vor der UniCredit oder Societe Generale, "da haben wir echt ein Thema". "Da wird man jetzt einen Schutzschirm spannen müssen, damit das nicht zu echten Problemen bei der RBI führt, das muss man sehen im Laufe des Tages", meinte der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) im ORF-Radio. Die schon vorige Woche stark unter Druck gestandenen RBI-Aktien starteten am Montag an der Wiener Börse gleich einmal 14 Prozent tiefer, später baute sich das Minus auf über 18 Prozent aus.
Die Geschäftsbanken würden natürlich an der russischen Zentralbank hängen. Diese stelle sicher, dass der Rubel gegen den Euro oder den Dollar austauschbar, also konvertibel sei. Die Zentralbank sei auch zuständig dafür, dass der Zahlungsverkehr läuft. Und jetzt sehe man, dass die Notenbank auf ihre Reserven, die großteils in Frankfurt sowie anderswo im Ausland liegen würden, nicht mehr zugreifen könne. Dann könnten Forderungen russischer Banken gegenüber ihrer Zentralbank nicht mehr befriedigt werden "Das heißt, wir müssen damit rechnen, dass es in Russland Bank-Runs gibt, also einen Ansturm auf die Banken. Eine ganz ausgemachte Finanzmarktkrise droht da."
"Die Gretchenfrage in den nächsten Stunden" ist für den Wifo-Chef, ob unter diesen Bedingungen - der Kombination von Swift-Sanktionen plus Zentralbank-Sanktion - Russland überhaupt bereit sei, weiter Gas zu liefern, denn mit den Euros, die da jetzt durch Ausnahmen von den Swift-Sanktionen weiter fließen können, könne Russland wenig anfangen. "Das ist quasi als ob man anschreiben ließe irgendwo im Ausland, da baut sich dann jetzt ein Euro- oder Dollar-Guthaben auf, aber das kann Russland nicht einsetzen, um damit zum Beispiel in Indien oder in Japan irgendwelche wertvollen Dinge zu kaufen, die für die Kriegsführung relevant wären", so Felbermayr.
Russland könne vermutlich eine ganze Weile ohne diese Deviseneinnahmen funktionieren, so der Wifo-Chef: "So schnell wird Russland nicht zusammenbrechen, das ist klar." Aber die Kosten dieser Eskalation würden jetzt bei den Russen sehr viel deutlicher spürbar. "Und man kann hoffen - das ist ja auch das, was man mit den Sanktionen bezwecken will -, dass der Widerstand gegen diesen Krieg in Russland deutlich wächst."