Strategische Neuausrichtung : Agrana: Zwei Zuckerfabriken werden geschlossen

Zwei von vier Agrana-Zuckerfabriken in Österreich und Tschechien werden geschlossen.
- © AgranaDie Entscheidung zur Schließung von zwei Produktionsstandorten sei "schwierig, aber notwendig", so Agrana-Chef Stephan Büttner. Diese Maßnahme sei "ein wichtiger Teil der strategischen Neuausrichtung des Konzerns, mit der eine langfristige Stabilisierung und Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Zuckerproduktion erreicht werden soll". Steigende Produktionskosten, zunehmender Wettbewerbsdruck durch den Rückgang des Zuckerverbrauchs in der EU, Marktliberalisierungen sowie regulatorische Vorgaben hätten die Fortführung der Produktion an je zwei Standorten in Österreich und Tschechien "wirtschaftlich untragbar gemacht", erklärte die Agrana.
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In Österreich wird die gesamte Zuckerproduktion der Agrana in Zukunft nur mehr am Standort Tulln und in der Tschechischen Republik nur mehr am Standort Opava erfolgen. Die Zuckerfabrik Leopoldsdorf stand bereits in der Vergangenheit wegen zu geringer Rübenmengen vor dem Aus. Im Herbst 2020 wurde daher von der Agrana, dem Landwirtschaftsministerium und den Rübenbauern ein "Zuckerpakt" zur Absicherung des Werkes Leopoldsdorf verkündet. Um die Fabriken in Tulln und Leopoldsdorf gut auszulasten, benötigt das Unternehmen nach Angaben vom Mai des Vorjahres eine Rübenanbaufläche von 38.000 Hektar. Damals hatte Büttner im Zusammenhang mit der in Ausarbeitung befindlichen Konzernstrategie betont, dass Leopoldsdorf nicht zur Disposition" stehe.

270 Mitarbeiter von Schließungen betroffen
Der Zuckerkonzern will "umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen" für die 270 von den beiden Werksschließungen betroffenen Mitarbeiter setzen. Vorgesehen sind Umschulungs- und Qualifizierungsprogramme, die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung an anderen Agrana-Standorten sowie individuelle Abfertigungen und Beratung bei der beruflichen Neuorientierung.
Das Werk Leopoldsdorf wurde in den Jahren 1901 und 1902 als Rohzuckerfabrik errichtet. Im Jahr 1925 erfolgte der Umbau zur Weißzuckerfabrik. Von hier aus wurde der Zucker vor allem in loser und verpackter Form an die weiterverarbeitende Industrie geliefert. Der Agrana-Standort Leopoldsdorf soll auch nach dem Ende der Zuckerproduktion als Logistikdrehscheibe erhalten bleiben.
Die Schließung von Leopoldsdorf ist ein massiver Einschnitt für die heimische Landwirtschaft.Johannes Schmuckenschlager
"Massiver Einschnitt für Landwirtschaft"
"Die Schließung von Leopoldsdorf ist ein massiver Einschnitt für die heimische Landwirtschaft", so der Landwirtschaftskammer-NÖ-Präsident Johannes Schmuckenschlager in einer Aussendung. Die Rübenbauern würden nun "vor erheblichen Herausforderungen, sowohl wirtschaftlich als auch hinsichtlich ihrer langfristigen Planungssicherheit" stehen.
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Da unter anderem ukrainischer Zucker auf die Agrana-Absatzmärkte dränge, sei es "derzeit nicht möglich, den in Österreich über den Eigenbedarf hinaus produzierten Zucker wie bisher in diesen Regionen abzusetzen", erklärte der Verband "Die Rübenbauern". Daher habe die Agrana die Rübenflächen für den Anbau 2025 "drastisch reduziert". "Offenbar sieht unser heimisches Zuckerunternehmen in seinen Ostmärkten keine Perspektive für eine Marktverbesserung", so der Rübenbauernbund. Das gemeinsame Ziel mit der Agrana bleibe "die Sicherung der Eigenversorgung mit heimischem Zucker aus österreichischen Zuckerrüben", so Verbandspräsident Ernst Karpfinger. Die Rübenbauern sind über den Landesverband mit knapp 15 Prozent an Agrana beteiligt.
