Produktionsstopp : Wieder Stillstand bei Tesla in Shanghai – wurden die Probleme unterschätzt?

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Die Giga-Fabrik von Tesla in Shanghai steht abermals still.

- © YouTube/ Tech Vision

Der Elektroautobauer Tesla muss Insidern zufolge die Produktion in der chinesischen Wirtschaftsmetropole Shanghai wegen Lieferengpässen erneut aussetzen. Es sei unklar, wann die Probleme gelöst sein werden und wann Tesla die Produktion wieder aufnehmen könne.

Der strikte Lockdown der Wirtschaftsmetropole Shanghai zur Eindämmung des jüngsten Coronavirus-Ausbruchs belastet die Konjunktur und den weltweiten Handel samt Lieferketten. Tesla hatte die Produktion am Standort Shanghai nach einem 22-tägigen Stillstand erst am 19. April wieder hochgefahren. Das Unternehmen reagierte nicht sofort auf eine Anfrage zur Stellungnahme.

Die sogenannte Gigafactory in Shanghai ist das größte Werk von Tesla. Es bedient nicht nur den chinesischen Markt, sondern exportiert auch viele Fahrzeuge nach Europa und Japan.

Schon in den vergangenen Quartalen waren Lieferkettenprobleme der wichtigste begrenzende Faktor für die Fabriken. Dies dürfte sich auch das ganze Jahr fortsetzen. Allerdings ist der US-Konzern besser als mancher Rivale mit den Lieferbeschränkungen und der Coronavirus-Pandemie zurechtgekommen. Schon in der jüngeren Vergangenheit zeichnete sich ab, dass Tesla dem grassierenden Chipmangel in der Branche besser trotzt als viele Konkurrenten. Der Konzern verwendet weniger knappe Halbleiter und hat Software neu geschrieben, um auf Bauteile auszuweichen, die weniger stark gefragt sind.

Durch den letzten Betriebsstopp, der am 28. März in der Fabrik in Shanghai begann, wurden laut Reuters-Berechnungen mehr als 50.000 Fahrzeuge nicht gebaut.

Screenshot Elon Musk Tesla Batterie
Konzernchef Elon Musk will, dass die Produktion jährlich um mehr als 50 Prozent wächst. - © Screenshot: INDUSTRIEMAGAZIN

Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen der neuerliche Stillstand auf die Geschäftszahlen haben wird. Erst vor wenigen Tagen zeigte sich, dass Tesla die Umsatz-Erwartungen zuletzt übertroffen hat.

Der Umsatz stieg im ersten Quartal auf knapp 18,8 Milliarden Dollar (17,40 Mrd. Euro). Experten hatten 17,8 Milliarden Dollar erwartet - ein Plus von mehr als 70 Prozent zu Vorjahreszeitraum - wie aus Refinitiv-Daten hervorging. Der Nettogewinn lag bei 3,3 Milliarden Dollar nach 438 Millionen im Vorjahreszeitraum.

Grund für das gute Ergebnis ist, dass der Elektroautoproduzent Preissteigerungen durchsetzen konnte. "Der Preisanstieg liegt schön über der Kosten-Inflation", sagte der Senior Research Analyst Craig Irwin von Roth Capital. Tesla hatte jüngst die Preise seiner Fahrzeuge angehoben, um die steigenden Kosten auszugleichen.

Im abgelaufenen Quartal lieferte Tesla so viele Fahrzeuge aus wie noch nie, wie bereits Anfang April bekanntwurde. Insgesamt rollten in den ersten drei Monaten 310.000 Autos zu den Kunden. Das waren rund 1000 mehr als von Experten erwartet und rund 1500 mehr als im Schlussquartal 2021. Binnen Jahresfrist erhöhten sich die Auslieferungen im Auftaktquartal um zwei Drittel.

Auch wenn die Liste der Hindernisse für Tesla länger wird, die Nachfrage ist nach Einschätzung von Analysten hoch. Zum Problem könnte sich aber entwickeln, wenn die beiden gerade erst eröffneten Werke in Grünheide bei Berlin und Austin im US-Bundesstaat Texas nicht schnell genug hochgefahren werden können. Gleichzeitig steigen die Roh- und Energiekosten rasant.

Trotz zunehmender Schwierigkeiten trauten Analysten Tesla auch für heuer einen starken Anstieg bei den Auslieferungen zu. Morgan Stanley etwa rechnete mit 1,46 Millionen Fahrzeugen, was gegenüber 2021 einem Plus um 56 Prozent entsprechen würde. Die Zahlen wurden wohlgemerkt vor dem neuerlichen Stillstand verlautbart und gingen von einer vollen Auslastung aus.

Liegen die Analysten aber in etwa richtig, würde Tesla in der Größenordnung der von Konzernchef Elon Musk versprochenen jährlich mehr als 50 Prozent wachsen.

Tesla käme so in Reichweite der VW-Premiumtochter Audi, die im vergangenen Jahr fast 1,7 Millionen Fahrzeuge an ihre Kunden brachte. Auch Premiumhersteller wie BMW und Mercedes-Benz wären dann nicht mehr weit voraus. (apa/red)