Lkw-Transport : Mangel an 100.000 Fahrern gefährdet Europas Wirtschaft

Vorstandssprecher des deutschen Bundesverbands Güterverkehr Logistik, Dirk Engelhardt

BGL-Vorstandssprecher Dirk Engelhardt: "Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft in Gefahr"

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Der Logistikbranche in Europa droht nach Angaben des deutschen Bundesverbands Güterverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) durch den Ukraine-Krieg der Ausfall von über 100.000 ukrainischen Lkw-Fahrern im internationalen Warenverkehr. Es sei zu befürchten, dass sie wegen der Einberufungsbefehle zur ukrainischen Armee nicht mehr zur Verfügung stünden, sagte BGL-Vorstandssprecher Dirk Engelhardt am Dienstag in Frankfurt am Main. "Grundsätzlich hat ganz Europa den Fahrermangel durch den Ukraine-Krieg", so Engelhardt.

Jeder dritte Lkw-Fahrer, der für polnische oder litauische Transportunternehmen und Speditionen im internationalen Verkehr unterwegs sei, komme nach Angaben des polnischen Schwesterverbandes des BGL aus der Ukraine. Bei einem Marktanteil von 20,5 Prozent für die Transportunternehmen dieser Länder in Deutschland seien 2021 in mindestens 7 Prozent der in Deutschland eingesetzten Lkw ukrainische Fahrer hinterm Steuer gesessen.

Osteuropäische Unternehmen hätten bereits davon berichtet, dass dort erste Transporte verschoben oder abgesagt werden müssten. "Inwieweit sich das auch auf die Versorgungssituation in Deutschland auswirken wird, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen", so Engelhardt.

Schon jetzt sei die Situation der Branche in Deutschland angespannt. Allein in Deutschland fehlen laut BGL 60.000 bis 80.000 Lkw-Fahrer. Ukrainische Lkw-Fahrer erhalten in der Regel keine Arbeitserlaubnis der deutschen Behörden.

Zudem gebe es ein weiteres Problem: "Auch wenn nur wenige deutsche Transportunternehmen Verkehre in oder aus der Ukraine durchführten, ist die indirekte Betroffenheit der Branche über die explodierenden Spritpreise sehr groß. Es droht schlicht und ergreifend eine Insolvenzwelle im deutschen Transportlogistikgewerbe - dann wäre die Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft in Gefahr." Leere Regale und damit ein gesamtwirtschaftliches Problem würden drohen, denn mehr als 70 Prozent der deutschen Versorgung hänge vom Lkw-Verkehr ab.

Die Branche fordert daher eine temporäre Unterstützung des Staates. "Die Unternehmen sind wirklich verzweifelt", so Engelhardt am Donnerstag. (apa/red)