Supply Chain : Lieferketten in Gefahr: Österreich spürt bereits die Folgen

Siegfried Wolf MAN Steyr

Siegfried Wolf: Keine Kabelbäume aus der Ukraine

- © FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR

Sollten die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland weiter verschärft werden und es zu einem Handelsstopp für russisches Erdgas kommen, wäre Österreich nicht in der Lage, das russische Gas durch Importe aus anderen Quellen zu ersetzen, sagt der Ökonom Kurt Kratena vom Centre of Economic Scenario Analysis and Research (CESAR) in Wien.

Österreichs Industrie würde das besonders hart treffen: ein Großteil des Gasverbrauchs im Land entfällt auf sie, nämlich 30,8 Prozent auf die Industrie im Emissionshandelssystem ETS und 22,2 Prozent auf Industrie und Dienstleistungen außerhalb des ETS. 27,7 Prozent werden für die Strom- und Wärmeerzeugung benötigt und 19,3 Prozent verbrauchen die Haushalte.

Russisches Gas schwer ersetzbar

Die EU könnte die entfallenden Importmengen aus Russland (1.700 Terawattstunden) durch nicht genutzte Kapazitäten anderer Lieferanten über Pipelines (650 TWh) und über LNG (1.100 TWh) ersetzen. Das würde aber Investitionen in die LNG-Infrastruktur erfordern und wäre mit einem signifikanten Gaspreisanstieg verbunden und wäre nicht von einem Tag auf den anderen realisierbar.

Die EU müsste 40 Prozent ihrer Gasimporte durch andere Lieferanten ersetzen, der Anteil der nicht-russischen Lieferanten müsste also um zwei Drittel steigen. Dieses zusätzliche Angebot käme aber nur im Laufe mehrerer Jahre auf den Markt, kurzfristig müsste somit auch die Nachfrage gedämpft werden, was aber genau durch den Preisanstieg geschehen würde.

Stahlproduktion braucht Eisenerz aus der Ukraine

Doch nicht nur das fehlende Gas ist eine potentielle Gefahr. Der oberösterreichische Stahlkonzern voestalpine bezieht zum Beispiel früheren Berichten zufolge gut 30 Prozent des von ihm benötigten Erzes aus der Ukraine.. "Die Auswirkungen der aktuellen Situation in der Ukraine sind für uns derzeit schwer einzuschätzen", sagt Konzernsprecher Peter Felsbach. Die Versorgung der Produktionsbereiche sei aber "aus heutiger Sicht für die nächsten Monate durch eigene Lagerbestände gesichert. Wir gehen davon aus, unseren Rohstoffbedarf über diesen Zeitraum hinaus durch unsere anderen Rohstofflieferanten abdecken zu können.

Automotive-Branche spürt die Folgen schon jetzt

Direkt zu spüren bekommen den Konflikt schon jetzt BMW Steyr und Sigfried Wolfs Steyr Automotive. Hauptgrund dafür sind fehlende Kabelbäume, die aus der Ukraine kommen.

Im BMW-Werk in Steyr führen die Ausfälle in der ukrainischen Zulieferindustrie daher nun zu Kurzarbeit, wie das Motorenwerk mitteilte. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt rechnen wir damit, dass die Produktion ab Freitag zu einem Stillstand kommt", heißt es aus dem Unternehmen. Die Kurzarbeitsregelung wurde bereits in Kraft gesetzt. Sie betrifft die rund 3.200 Mitarbeiter der produzierenden Bereiche im Werk Steyr. Die Regelung gilt bis Ende Mai.

Von Problemen mit Kabelbäumen ist auch der gesamte MAN-Verbund, für den Steyr Automotive von Siegfried Wolf Auftragsfertigung macht, betroffen. Die kommenden vier Werktage steht die Produktion bei Steyr Automotive daher still. Bereits zuvor hatte Steyr Automotive die Verlängerung der mit Ende Februar auslaufenden Kurzarbeit um vier Monate bis Ende Juni beantragt. Diese stehe aber in Zusammenhang mit der Halbleiter-Krise, nicht mit dem Ukraine-Krieg, betonte eine Sprecherin.