Interview mit Peter Umundum, Vorstand Paket & Logistik : Internationales Wachstum im Paketgeschäft der Österreichischen Post

Elektrisches Postauto mit Fahrer und Peter Umundum

Die Post ist nun elektrisch auch in den Bergen unterwegs.

- © STEFANIE J.STEINDL

Die Post ist nun auch in Georgien und Usbekistan aktiv. Warum expandiert die Post in diese Märkte? 
Peter Umundum Wir wollen im E-Commerce einen sehr breiten internationalen Footprint anbieten. Wir erreichen über 150 Millionen Empfänger in Österreich, Süd- und Osteuropa, der Türkei und darüber hinaus über unsere Beteiligungen durch Tochterunternehmungen. Die Türkei hat etwa großes Potenzial. Von der Türkei aus haben wir weitere Schritte entwickelt und sind vor zwei Jahren in Aserbaidschan, und zu Beginn des Jahres in Georgien gestartet. Jetzt sind wir dabei, Usbekistan hochzufahren. Die Logik dahinter ist, dass wir große, internationale Kunden dorthin begleiten. Wir machen die Konsolidierung und gegebenenfalls die Verzollung, falls notwendig, und haben für die Logistik auf der letzten Meile Zustellpartner. Diese 150 Millionen Empfänger, die wir erreichen, nutzen wir auch in Kundengesprächen aus Drittländern. Ich war vor kurzem in Südkorea und China, um Kunden, aber auch neue Anbieter zu besuchen und das gesamte Portfolio anzubieten.

Können Sie das Wissen und Know-how von Österreich in diese Länder tragen? 
Ja, es geht aber in beide Richtungen. Man darf das Know-how nicht unterschätzen, das wir etwa von der Türkei oder Südosteuropa nach Österreich bringen. Beim Thema Nachhaltigkeit ist es sicher so, dass wir in Österreich einen Schritt vorne sind. Umgekehrt gibt es in der Türkei mit Aras Digital eine IT-Firma, die Software für ganz Südosteuropa entwickelt. Auch in Österreich prüfen wir gerade das Locker Operating-System der Aras Digital zu implementieren.

Wie kann sich die Post im internationalen Wettbewerb differenzieren?
Auch durch dieses Netzwerk. Wir sind in diese Länder gegangen, da es – historisch gesehen – von Österreich ausgehend eine Nähe in diese Region gibt, auch durch die EU-Erweiterung. Wir sind mit der Türkei einen Schritt weiter gegangen und jetzt gehen wir noch weiter östlich. Das ist auch eine Frage der Marktentwicklungen und der Durchdringung in dem jeweiligen Markt. Wenn wir nach Deutschland oder Frankreich schauen, haben wir ganz andere Wettbewerbssituationen. Wettbewerb gibt es überall genug, aber in diesen Ländern haben wir eine Basis, die wir weiterentwickeln können und es ist ein Mehrwert, den wir dort erbringen. Natürlich wird das Netzwerk auch zwischen den Ländern optimiert. Gerade bei den chinesischen Kunden werden immer wieder zentral über Ungarn, Belgien oder Amsterdam Mengen hereingeflogen und dort kommissioniert. Wir übernehmen die Lieferung dort, konsolidieren sie und verteilen sie in mehrere Länder. Ähnlich auch mit einem anderen großen internationalen Kunden – hier haben wir etwa ein Hochgeschwindigkeitsnetz aufgebaut, das nutzen wir so gut wie möglich auch international.

Wie können Sie heimische Händler in Sachen E-Commerce unterstützen?
Das ist ein wichtiger Punkt und hier gibt es immer den Push von unserer Seite, viel Spezielles anzubieten. Es beginnt damit, dass wir in Österreich nicht nur das beste Zustellnetz haben, sondern auch das beste Abholnetz. Der Händler muss gut serviciert werden, wenn er seine Versandmengen weitergeben möchte – und selbstverständlich eine sehr hohe Geschwindigkeit, kombiniert mit Werbeunterstützung und digitalen Angeboten. Da gibt es gute Möglichkeiten. Wir haben in Österreich auch große Händler unter Vertrag, für die wir auch das gesamte Fulfillment abwickeln. Dadurch gibt es aus Empfängerkundensicht einen noch 
effizienteren Prozess bis hin zur Retoure, falls nötig. Unser Ziel ist es, die gesamte Wertschöpfungskette anzubieten – auch im Bereich Lager- oder IT-Lösungen. So haben wir mit der Firma ACL ein Tochterunternehmen, das IT-Lösungen zur Optimierung zwischen stationärem Handel und Versandhandel anbietet. Auch große Kunden nutzen diesen Wertschöpfungsschritt. Das ist also ein umfassendes Paket. Nicht zu vergessen ist shöpping.at, das auch gut wächst, und wo wir auch internationale Vertriebsleistungen anbieten. Wir entwickeln unsere Angebote also stetig weiter. Vor einigen Jahren haben wir etwa eine Autostore-Lösung entwickelt, die wir bereits bei ein paar großen österreichischen Kunden einsetzen – und aufgrund des großen Wachstums kommt nun die nächste Lösung von Hikrobot dazu, die gerade installiert und dieses Jahr noch in Betrieb gehen wird. Das bringt entscheidende Produktivitätsvorteile, durch die man den Kunden attraktive Preise bieten kann.

Wie ist das Wachstum in diesem Bereich? 
Wir haben viele große Kunden unter Vertrag, aber es gibt auch viele mittlere und kleinere mit großem Interesse. Wir wollen das Thema auch internationalisieren: Wir sind mit einigen Kunden im Gespräch, ob wir zusammen ein Zentrallager machen – eventuell in Südosteuropa.  Grundsätzlich sind wir in unserem Kerngeschäft permanent dabei, zu automatisieren. Unseren Logistikstandort in Inzersdorf haben wir vor etwa einem Jahr eröffnet – seither betreiben wir dort Europas modernstes Paket-Logistikzentrum mit umfassenden Automatisierungslösungen. Wir haben dort etwa ein hybrides Drei-Sorter-Konzept. Das bedeutet: Unabhängig von der Paketgröße – ob Sperrgut, Standardpakete oder Kleinpakete – werden Pakete dort ausgeschleust und durch die Sorter kombiniert und so schon für die Zustellung vorbereitet. Durch die Kombination mit unserem AutoUnloader und Vereinzelungsanlagen können die Pakete gut vereinzelt werden, sodass es zu keinem Engpass kommt. Als nächsten Schritt arbeiten wir dort mit Kippsystemen, die ganze Paletten oder Rollbehälter kippen und auch die Pakete vereinzeln. Die Pakete laufen dann weiter aufs Band, wo sie etwa unser Sortierroboter Robin aufnimmt und aufs Förderband legt.  Demnächst entsteht in Salzburg ein neues Logistikzentrum – nach dem Ausbau aller bestehenden Standorte ist das auf absehbare Zeit der letzte große Schritt.

SB-Filiale in Wien

- © Österreichische Post AG

Was hat sich bei den Poststationen auf der letzten Meile getan?
Wir pushen in allen unseren Ländern die 24/7-Lösungen. In Österreich haben wir die Poststationen deutlich ausgebaut und auch international wurde der Ausbau der Parcel Locker deutlich erhöht. In Summe stehen wir bei fast 7.000 Stationen, davon sind 1.500 in Österreich. In Ballungsräumen wie Wien ist es teilweise schwierig, sie im öffentlichen Bereich aufzustellen, deshalb bieten wir diese 24/7-Lösungen auch in ehemaligen Ladengeschäften an. Natürlich wollen wir eine möglichst hohe Zustellquote erreichen, das funktioniert am Land mit unseren mehr als 1 Million abgestellten Paketen gut, was in der Stadt schwieriger ist. Deshalb bieten wir die 24/7-Lösungen im sogenannten Schlapfenradius an. Das wird auch international sehr gut angenommen. Darüber hinaus verfügen wir in Österreich über mehr als 80.000 Empfangsboxen, die mit RFID-Chip funktionieren und in Stiegenhäusern von großen Mehrparteienhäusern stehen. Uns ist wichtig, dass für den Empfänger der Eingriff in den Zustellprozess möglich ist. Mit PostPay haben wir zudem ein zweites innovatives Projekt, das in dieser Form bislang auch international einzigartig ist. Im Online-Handel kommt es beim Bezahlvorgang häufig zu Kontaktabbrüchen – aus unterschiedlichen Gründen. Mit PostPay bieten wir eine Lösung, bei der die Zahlung spätestens bei Zustellung des Pakets erfolgt. Dieses Modell wurde zunächst auf shöpping.at eingeführt und wird nun schrittweise auch anderen E-Commerce-Versendern zugänglich gemacht. Spannend ist, dass auch große chinesische Kunden Interesse daran zeigen, da sie das Vertrauen in die Post auch dazu nutzen, um eine Beziehung zum Kunden zu entwickeln. Darüber hinaus profitieren Versender von attraktiven Gebühren.

Was steckt denn hinter dem Angebot AllesPost und AllesPost Deutschland?
Aus dem Produkt AllesPost haben wir gelernt, dass es viele Empfänger gibt, die gerne alle ihre Pakete von der Österreichischen Post zugestellt haben möchten, weil sie unsere Zuverlässigkeit und unser Service sehr schätzen. Mit AllesPost bekommen Empfänger eine virtuelle Postadresse, mit der die Pakete in ein Post-Logistikzentrum umgeleitet werden, um dann von der Post auf der letzten Meile zugestellt zu werden. Wir haben bereits viele Empfänger in Österreich, Tendenz steigend. Jetzt gibt es natürlich auch im Ausland Produkte, die Online-Shopper gerne an ihre österreichische Adresse empfangen möchten. In vielen Fällen werden diese Produkte aber nicht nach Österreich geliefert – dafür wurde AllesPost Deutschland ins Leben gerufen. Wenn Empfängerkunden also bei einem Händler bestellen, der nicht nach Österreich liefert, gibt man eine virtuelle, deutsche Empfangsadresse ein. Die Sendung wird dann von uns übernommen, konsolidiert und wir stellen das Paket in Österreich zu. 

  • Portrait Peter Umundum, Österreichische Post AG
    "Wir pushen in allen unseren Ländern die 24/7-Lösungen."

    Post-Paket-Chef Peter Umdundum

Die Post hat den größten E-Fuhrpark Österreichs. Welche Herausforderungen gab es bei der Umstellung und was wird noch kommen? 
Wir haben inzwischen mehr als die Hälfte unserer Zustellflotte auf Elektromobilität umgestellt: Von insgesamt 10.000 Zustellfahrzeugen in Österreich, werden es bis Jahresende etwa 6.000 E-Fahrzeuge sein. Wien wird schon demnächst die erste Millionenstadt Europas sein, die wir 100% CO2-frei auf der letzten Meile servicieren. Wir haben mit Städten wie Graz begonnen und anschließend die Zustellung auch in Innsbruck und in Salzburg CO2-frei umgesetzt. Wien ist ein sehr großer Schritt, weil wir hier sehr viele Fahrzeuge haben, wobei auch die Beladeinfrastruktur nicht zu unterschätzen ist. Vor allem für Zusteller im ländlichen Raum wurde ergänzend eine Charge-at-Home-Lösung etabliert. Dabei ist es wichtig, dass die eingesetzte Energie nachweislich grüner Strom ist. Insgesamt wollen wir eintausend Fahrzeuge pro Jahr konvertieren, um mit 2030 unser Ziel – Co2-frei auf der letzten Meile in ganz Österreich – zu erreichen. 2025 haben wir außerdem zwei Innovationsschritte gesetzt: Das ist einerseits der Einsatz von E-Allradfahrzeugen, mit denen wir auf den Bergen CO2-frei zustellen können – die ersten hundert Fahrzeuge sind bereits im Einsatz. Andererseits arbeiten wir am Thema bidirektionales Laden, das heißt unser Fuhrpark soll zukünftig als Pufferspeicher dienen. Damit stehen wir noch am Anfang. Das Ziel ist rund 10.000 Fahrzeuge als kleines Kraftwerk zur Verfügung zu stellen – für uns selbst, aber auch für Dritte. Insgesamt investieren wir in den Bereich der Elektromobilität jährlich rund 50 Millionen Euro.

Auch beim Thema Verpackungen verfolgt die Post das Thema Nachhaltigkeit. Wie kommen nachhaltige Verpackungen an?
Ich glaube das Produkt Post Loop fasziniert viele Kunden, wenn wir es erstmalig präsentieren. Der Hochlauf ist noch ein bisschen verhalten, hier müssen vor allem auch die IT-Systeme nachziehen, und das braucht seine Zeit. Es gibt einige Kunden, die das Angebot bereits nutzen, auch größere Händler sind hier dabei.  Wir bieten diese Lösung auch für den Einzelpaketversand in unseren Filialen an – immer mit derselben Logik: Kunden können die verwendete Verpackung nach Erhalt zur Wiederverwendung zurücksenden. Parallel dazu haben wir auch das Produktportfolio erweitert. Das Thema beschäftigt zunehmend die Wirtschaft. Die Umstellung erfordert Zeit, auch wenn die Nachfrage vorhanden ist.

Wie nachhaltig werden die Auslandsmärkte der Post in Zukunft sein? 
Auch hier gibt es eine Roadmap. Wir haben das Commitment, dass wir als Konzern 2040 Net Zero sein wollen – in allen Märkten. Es gibt einen plausiblen Plan - auf der letzten Meile setzen wir auf Elektromobilität, im Gebäudebereich sowohl auf Photovoltaik als auch auf Wärmepumpen. Der wesentliche Bereich ist der Schwerverkehr. Eine vollständige Umstellung bis 2030 erscheint unter den derzeit verfügbaren Bedingungen schwierig. Für das Jahr 2040 halten wir eine Umsetzung aber für erreichbar.