Konsumgüterindustrie : Henkel gibt Geschäft in Russland völlig auf

Einweihung des Produktions- und Logistikzentrums in Perm 2016 mit dem damaligen Henkel CEE Präsidenten Günter Thumser (4.v.l.)

Eine der letzten großen Investitionen von Henkel in Russland: Einweihung des Produktions- und Logistikzentrums in Perm 2016 mit Henkel CEE Präsidenten Günter Thumser (4.v.l.)

- © Henkel

Die Meldung kam dann doch überraschend: Am 19. April um 12:20 kündigte der Konsumgüterhersteller Henkel über eine Presseaussendung an, seine Russland-Geschäfte völlig aufzugeben. "Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen des Krieges in der Ukraine hat Henkel entschieden, die Geschäfte in Russland aufzugeben. Wir werden nun eng mit unseren Teams in Russland an den Details der Umsetzung arbeiten" heisst es in einer Aussendung. Noch vor einigen Tagen war man diesbezüglich zurückhaltender. Am 4. April hieß es, dass die operative Tätigkeit, "obwohl diese in der Öffentlichkeit zum Teil sehr kritisch gesehen würde" mit Einschränkungen zunächst weitergeführt wird.

Der Druck für Henkel wurde angesichts der Eskalation im Konflikt in der Ukraine wohl zu hoch. Und der Rückzug des Unternehmen, das seit 1990 in Russland aktiv ist, soll für die Mitarbeiter in Russland abgefedert werden: Die russischen Mitarbeiter werden in einer Übergangszeit weiter beschäftigt und bezahlt. "Darüber hinaus unterstützen wir weiterhin unsere Mitarbeiter und die Menschen in der Ukraine und den Nachbarländern mit finanziellen Spenden sowie Lebensmittel- & Sachspenden" heisst es.

Wie teuer wird der Rückzug?

Henkel, deren Russland-Aktivitäten über die Wiener Konzerntochter Henkel CEE geführt werden, stellt in Russland vor allem Güter des täglichen Bedarfs her und erzielt rund fünf Prozent des Gesamtumsatzes in der Russischen Föderation und den GUS Staaten. Henkel CEE beschäftigt in Russland 2.500 Mitarbeiter in elf Werken. Wie teuer der Ausstieg wird, und wie mit der drohenden Gefahr der Enteignung sowie der Tatsache, dass eventuell lokale Führungskräfte haftbar gemacht werden könnten, umgegangen wird, muss der Konzern derzeit offen lassen. „Die mit der Entscheidung verbundenen finanziellen Auswirkungen des geplanten Ausstiegs für Henkel können noch nicht näher quantifiziert werden" heisst es von Seiten des Unternehmens. Henkel werde "eng mit seinen Teams in Russland an den Details arbeiten, um einen geordneten Ablauf zu gewährleisten".

Im Geschäftsjahr 2021 erzielte der Konzern in Branchen wie Waschmittel, Klebstoffe oder Oberflächentechnik mit Marken wie Persil, Schwarzkopf oder Loctite einen Umsatz von über 20 Milliarden Euro und ein Betriebsergebnis von rund 2,7 Milliarden Euro.

Was bedeutet das für die Wiener Konzerntochter Henkel CEE?

Die Aufgabe des Russlandgeschäftes kann als ein schwerer Schlag für die Osteuropa-Zentrale Henkel CEE in Wien gelten. Henkel CEE ist mit einem Umsatz von 8,7 Milliarden Euro im Vorjahr das vierzehntgrößte Industrieunternehmen des Landes. Die Konzerntochter gilt als Innovationsmotor und wuchs unter der Leitung von Präsident Günter Thumser in die Verantwortung für Tochterunternehmen in 32 Ländern in Mittel- und Osteuropa sowie in der Region Zentralasien-Kaukasus. Der ehemalige Henkel CEE Boss Thumser war vor seinem Aufstieg in der Konzernzentrale 2001 bis 2004 als General Manager für den Aufbau von Henkel Ukraine in Kiev zuständig.

Am Standort Wien wird seit 1927 produziert. Zu den Top-Marken von Henkel in Österreich zählen Blue Star, Cimsec, Fa, Loctite, Pattex, Persil, Schwarzkopf, Somat und Syoss.

Henkel Produktion
Henkel Produktion in Russland: Das Unternehmen gibt elf Werke mit 2.500 Mitarbeitern auf. - © Henkel