Gasversorgung : OMV: Posse um Kenntnis über Gazprom-Vertragsinhalte

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OMV-Öl- und Gasförderung im Schwarzen Meer:

- © OMV

Russische Gaslieferungen nach Österreich sorgen derzeit für Diskussionen: Während die österreichische Regierung bis 2027 zur Gänze auf Gaslieferungen aus Russland verzichten will, verweist die OMV auf langfristige Verträge. Diese sehen eine Abnahme des russischen Gases bis 2040 vor. Zuletzt ist die Abhängigkeit Österreichs vom russischen Gas wieder gestiegen: Im Dezember kamen 70 Prozent des Gases - und damit annähernd so viel wie vor dem Krieg - aus Russland.

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Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verweist laut dem Nachrichtensender Puls24 darauf, den Vertrag der OMV mit der russischen Gazprom nicht zu kennen. Für Ex-OMV-Chef Gerhard Roiss ist dies hingegen schwer nachvollziehbar, wird er im Ö1 Morgenjournal zitiert. Schließlich halte die Republik über die Beteiligungsgesellschaft ÖBAG mehr als 30 Prozent an der OMV und sei im OMV-Aufsichtsrat vertreten. Ein Vertrag über mehrere Milliarden Euro und eine Laufzeit über mehr als zehn Jahre müsse dem Aufsichtsrat bekannt sein, sagte Roiss. "Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Aufsichtsrat damit nicht beschäftigt hat, geht gegen Null", sagte ein mit Situation Vertrauter gegenüber der APA. Der ÖBAG liegen die Verträge nicht vor, wird im Morgenjournal auf eine Stellungnahme der ÖBAG verwiesen.

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Der aktuelle Gasliefervertrag zwischen OMV und Gazprom war 2018 verlängert worden. Unterschrieben haben Ex-OMV-Chef Rainer Seele und Gazprom-Chef Alexey Miller im Beisein von Ex-Kanzler und -ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Russlands Präsidenten Wladimir Putin bei deren Treffen im Rahmen von Putins Staatsbesuch in Österreich. Der Aufsichtsrat wurde mit dem Vertrag nicht befasst, sagte Wolfgang C. Berndt vorigen September als Auskunftsperson im ÖVP-U-Ausschuss. Die OMV habe dies zuletzt aber geändert: Nunmehr würde auch das Gremium mit Gaslieferverträgen befasst, sagte der Ex-Aufsichtsratsvorsitzende damals.

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Roiss hingegen erwarte, "dass bei derartigen Verträgen und bei derartigen Risikodimensionen der Aufsichtsrat nachfragt und sich den Vertrag vorlegen lässt." Ohne Transparenz sei es jedoch unklar, ob ein vorzeitiger Ausstieg rechtlich nicht möglich sei, oder am politischen Willen scheitere, sagte Roiss. Die SPÖ fordert, die Verträge zu veröffentlichen. "Dann ist es an der Regierung zu prüfen, wie man herauskommt", meinte Vize-Klubobmann Jörg Leichtfried am Rande einer Pressekonferenz am Dienstag.

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Die OMV hingegen denke nicht daran, auf das russische Gas zu verzichten. Die Verträge würden Abnahmeverpflichtungen vorsehen. Daher sei es sinnvoll, dieses Gas zu verwenden, verwies das Ö1 Morgenjournal auf eine schriftliche Stellungnahme der OMV. Roiss sehe die Regierung in der Pflicht: "Man muss dem Problem in die Augen schauen". Es gebe Gas aus Norwegen, LNG-Möglichkeiten über Rotterdam und Italien sowie Eigengas. Die Regierung müsse aber beginnen, dem Problem in die Augen zu schauen und nach Lösungen zu suchen. Aber dies dürfte wesentlich mehr Geld kosten, als zu behaupten, man kenne die Verträge nicht, so Roiss.

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Ex-Aufsichtsratschef Berndt hatte im U-Ausschuss weiters zu Protokoll gegeben: Die Abhängigkeit von Russland beim Gas sei gestiegen, das liege aber "nicht daran, dass irgendeiner eine Entscheidung getroffen hat, das hat sich so ergeben". Der Gasverbrauch in Österreich sei von 2014 bis 2021 um ein Fünftel gestiegen, die einheimische Fördermengen hätten sich halbiert, Bezüge aus Deutschland und den Niederlanden seien dramatisch zurückgegangen - aus den Niederlanden etwa, weil das dortige größte Gasfeld Groningen geschlossen wird. "Also wurden zusätzliche Mengen gebraucht, um das auszugleichen", argumentierte Berndt.

Alfred Stern Topmanager Industriemagazin OMV
Ausstieg aus Russengas bis 2027: Die Verträge würden Abnahmeverpflichtungen vorsehen. Daher sei es sinnvoll, dieses Gas zu verwenden, so OMV-Chef Alfred Stern - © OMV