Bauindustrie : Wienerberger übernimmt Teile der Terreal-Gruppe

Verpackte Ziegel bei Baustoffproduzent Wienerberger

Übernahme von Teilen der Terreal-Gruppe: Es geht um mehr als 3.000 Mitarbeiter und 29 neue Standorte.

- © YouTube/ Wienerberger

Der börsennotierte Ziegelhersteller Wienerberger will Teile des französischen Dach- und Solaranbieters Terreal übernehmen. Der buchhalterische Unternehmenswert der betreffenden Geschäftsbereiche belaufe sich auf 600 Mio. Euro, teilte Wienerberger am Dienstag mit. Angaben zum Kaufpreis wurden nicht gemacht. Finanziert werde der Zukauf über den Cash-Bestand, eine neue Kreditlinie sowie die Verwendung eigener Aktien.

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Wienerberger will das Terreal-Geschäft in Frankreich, Italien, Spanien, den USA sowie die deutsche Terreal-Tochter Creaton übernehmen. Insgesamt umfasse die Transaktion fast 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wodurch Wienerberger seine Produktion um 29 Standorte erweitern würde. Das Terreal-Geschäft in Österreich, Polen und Ungarn sei hingegen nicht Gegenstand der Transaktion.

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Das zu erwerbende Geschäft wird laut Wienerberger im laufenden Jahr voraussichtlich einen Umsatz von 740 Mio. Euro und ein operatives Ergebnis (EBITDA) von 100 Mio. Euro erwirtschaften. Innerhalb von drei Jahren soll unter anderem durch die Hebung von Kostensynergien das EBITDA auf bis zu 150 Mio. Euro gesteigert werden. Den Abschluss des Kaufs erwartet Wienerberger bis spätestens Anfang 2024.

Auch deutsches Ziegelwerk steht auf der Einkaufsliste

Zum 3. Jänner 2023 übernimmt die Wienerberger GmbH in Deutschland zudem das Ziegelwerk Steinheim der Otto Bergmann GmbH in Nordrhein-Westfalen. Durch die Übernahme dieses Werks und der künftigen Herstellung von hochwärmedämmenden Poroton-Hintermauerziegeln erweitert Wienerberger die Produktionskapazitäten und stärkt die regionale Marktposition.

Wienerberger gehört in Deutschland zu den größten Marktteilnehmern. Mit dem Erwerb des Ziegelwerks verfolgt Wienerberger seine nachhaltige Entwicklung zum Systemanbieter im Einklang mit den ehrgeizigen ESG-Zielen der Unternehmensgruppe.

„Mit dem langlebigen und umweltschonenden Baustoff Ziegel und unserer Innovationskraft hat sich Wienerberger seit jeher als Pionier in unserer Branche positioniert und bietet als Komplettanbieter Lösungen für das gesamte Gebäude-, Wasser- und Energiemanagement an. Mit der Übernahme des Ziegelwerks in Steinheim setzen wir auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten auf langfristiges Wachstum und expandieren weiter im Bereich der nachhaltigen Produktion von Tonbaustoffen. Gerade Hintermauerziegel sind durch ihre Langlebigkeit und ihre regionale Verfügbarkeit ein wichtiger Beitrag zum energieeffizienten und leistbaren Wohnen.“, sagt Heimo Scheuch, Vorstandsvorsitzender der Wienerberger AG.

Wienerberger Vorstandsvorsitzender Heimo Scheuch
Blickt optimistisch in die Zukunft - © YouTube/Wienerberger AG

Optimistisch

Der börsennotierte Ziegelriese hat seine Ergebnisse in den ersten drei Quartalen des laufenden Geschäftsjahres 2022 "trotz eines herausfordernden und volatilen Marktumfelds" gegenüber demselben Zeitraum im Vorjahr massiv gesteigert. Der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) hat sich von 323 auf 629 Mio. Euro fast verdoppelt, wie der Baustoffkonzern im November bekanntgab. Der Umsatz legte demnach um ein Drittel auf knapp 3,9 Mrd. Euro zu.

Die Umsatzerlöse enthalten den Konzernangaben zufolge Konsolidierungsbeiträge von im zweiten Halbjahr 2021 erworbenen Firmen im Volumen von fast 392 Mio. Euro. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen steigerte Wienerberger das Ergebnis (EBITDA) im Vergleich zur Vorjahresperiode um 64 Prozent von rund 510 auf gut 835 Mio. Euro.

Das starke Wachstum des Unternehmens in den ersten neun Monaten sei auf die "erfolgreiche Repositionierung von Wienerberger hin zu einem Anbieter von innovativen Systemlösungen und ein breit diversifiziertes Portfolio" zurückzuführen.

Auch im dritten Quartal übertraf der Baustoffkonzern das Ergebnis der Vorjahresperiode - obwohl die Herausforderungen aufgrund der geopolitischen Lage und den damit verbundenen Auswirkungen zuletzt weiter zugenommen hätten, hieß es mit Blick auf den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die Energieversorgungskrise und die hohe Inflation.

Der bisherige Jahresverlauf sei infolge geopolitischer Spannungen von signifikant gestiegenen Energiepreisen und Inputkosten geprägt gewesen, hielt Konzernchef Heimo Scheuch fest. "Wir arbeiten innerhalb der Wienerberger seit Jahren an Verbesserungen, um den Energieverbrauch und den Rohstoffverbrauch zu senken - das hilft natürlich in einem Umfeld, wo nicht nur die Preise steigen, sondern auch die Verfügbarkeit kritisch ist", sagte der CEO in einem Online-Gespräch.

Dank vorausschauender Einkaufs- und Preispolitik sei es gelungen, die deutlich gestiegene Kosteninflation erfolgreich abzudecken und gleichzeitig während des gesamten Jahresverlaufs die Verfügbarkeit von Energie sicherzustellen. "Die Preiserhöhungen, die wir gehabt haben, haben wir an die Kunden weitergegeben", berichtete Scheuch.

Infolge des Krieges in der Ukraine war die Neubautätigkeit in Zentral- und Osteuropa dem CEO zufolge bereits vor dem Sommer rückläufig - von Polen bis Rumänien. Diese rückläufige Tendenz habe sich "seit dem Sommer verstärkt, weil die Zinsen stark gestiegen sind, auf 6 bis 7 Prozent", erklärte Scheuch.

Eine Verlangsamung im Neubaumarkt gebe es "in Nordamerika, England und ganz Europa". Insgesamt geht er davon aus, dass es in diesem Bereich heuer im Gesamtjahr zu einem Rückgang von im Schnitt 10 bis 12 Prozent kommt. Das gelte auch für Westeuropa. "In Österreich wird es auch rückläufig sein - im höheren einstelligen Bereich", erwartet der CEO. "Zentral- und Osteuropa geht derzeit stärker zurück."

Angesichts der steigenden Zinsen, der steigenden Inflation und strengerer Vergabekriterien sinkt die Nachfrage nach Wohnbaukrediten bei den Banken. "Natürlich wird uns das als Zulieferer im Neubaubereich auch treffen", räumte Scheuch ein. Bis zu 40 Eigenkapitalanteil und stark gestiegene Zinsen würden die Leistbarkeit verringern. Auf die Geschäfte des Konzerns schlägt das nicht unmittelbar durch. "Wir haben 2023 ein Übergangsjahr, weil viele Projekte noch abgearbeitet werden", so Scheuch. Er glaube aber, "dass der Eingriff, der derzeit stattfindet, ein sehr harter ist".

Im Infrastrukturbereich ist der Markt ebenfalls rückläufig. Wienerberger sei stark im Wasser- und Abwasserbereich tätig und habe damit heuer bis September 1,5 Mrd. Euro Umsatz erzielt. "Die Endmärkte an sich haben 5 Prozent verloren, seit dem Sommer, nicht Wienerberger", betonte der CEO. "Die Infrastruktur hängt sehr stark von Förderungen ab."

Im dritten Quartal weiterhin "äußerst stabil entwickelt" habe sich der Renovierungsbereich - "trotz der Zinserhöhungen, der Auswirkungen des Ukraine-Krieges und der Verknappung von Rohstoffen".

Auch für das kommende Geschäftsjahr 2023 ist der Konzernchef zuversichtlich: "Wir werden mit einem rückläufigen Marktumfeld konfrontiert, aber wir werden sicher wieder ein starkes Ergebnis liefern können", sagte Scheuch zur APA. Die Wienerberger sei "gut aufgestellt".

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