EU-Pläne : Neues Lieferkettengesetz nimmt auch Industrie in die Pflicht

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Auch in Österreich gab es Rufe nach einem Lieferkettengesetz.

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Die Europäische Kommission will am Mittwoch einen Vorschlag zum sogenannten Lieferkettengesetz vorlegen, das Großunternehmen für die Zustände bei ihren Zulieferern stärker in die Pflicht nimmt. In der EU tätige Firmen sollen dazu gebracht werden, zu prüfen, dass ihre weltweiten Lieferanten unter anderem keine Kinderarbeit dulden und Umweltstandards einhalten, wie es in dem Vorschlag der Kommission heißt, den Reuters am Montag einsehen konnte.

Manager sollen zudem dazu verpflichtet werden sicherzustellen, dass Geschäftsmodell und Strategie ihres Unternehmens auf die Begrenzung der globalen Erderwärmung von maximal 1,5 Grad ausgerichtet sind.

In der EU wird mit langwierigen Debatten über das Vorhaben gerechnet. Unter anderem müssen das Europäische Parlament und die EU-Regierungen eingebunden werden. Geplant sind Regelungen, die dann für etwa 13.000 Firmen in der EU gelten würden. Hauptkriterium wäre, dass sie mehr als 500 Mitarbeiter haben und der Nettoumsatz pro Jahr bei mehr als 150 Millionen Euro liegt. In Bereichen wie etwa der Bekleidungs-, Schuh-, Lebensmittel- und Chemieindustrie sollen die Regelungen schon für kleinere Firmen gelten. Zudem könnte das Vorhaben rund 4.000 Unternehmen einbeziehen, die in der EU tätig sind, aber ihren Sitz nicht dort haben.

In Österreich gibt es - ganz im Gegensatz zu Deutschland - noch keine Regelungen zu Rechtsbrüchen entlang der Supply Chain. Das deutsche "Gesetz zur Einhaltung von Menschenrechten in internationalen Lieferketten" verpflichtet deutsche Unternehmen ab 2023 - vorerst jene, mit mehr als 3.000 Mitarbeitern - auf Missstände beim Kauf von Produkten und Teilen aus dem Ausland zu reagieren und Abhilfe zu schaffen, wenn ihnen diese bekannt werden. Hilfsorganisationen und Gewerkschaften bekommen die Möglichkeit, Betroffene vor deutschen Gerichten zu vertreten, wenn es Verstöße gibt.

Die Pläne der EU-Kommission gehen offenbar deutlich über die deutschen Regeln hinaus. Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" am Dienstag berichtet, ist bei dem EU-weiten Gesetz eine Schwelle von 500 Beschäftigten vorgesehen. Zudem seien in dem Vorschlag der EU-Kommission nicht nur direkte Zulieferer verpflichtet, Abhilfe zu schaffen, wenn Verstösse gegen Umwelt- oder Sozialstandards bekannt würden. Ausserdem ist bislang im deutschen Gesetz eine zivilrechtliche Haftung nicht vorgesehen.

In Österreich wurden die Rufe nach einem Lieferkettengesetz - unter anderem von NGOs und ÖGB und Arbeiterkammer - bislang nicht umgesetzt. Vorreiter in Europa in Sachen Lieferkettengesetz ist Frankreich, dass im ersten Halbjahr den EU-Vorsitz inne hat und das Projekt mit viel Nachdruck verfolgt. In Frankreich wurde 2017 ein Sorgfaltspflichtgesetz ("loi relative au devoir de vigilance") verabschiedet, das als eines der strengsten weltweit gilt. Außerhalb der EU kennt in Europa noch Norwegen so ein Gesetz (Law on business transparency and human rights and decent working conditions).