Energiewende : Grünes Licht für Atomenergie - Gewessler bereitet Klage vor

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"Der heutige delegierte Rechtsakt mag nicht perfekt sein, aber er ist eine reale Lösung - er bringt uns näher zu unserem Ziel der Klimaneutralität", sagte EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness in Brüssel bei der Vorstellung des finalen Texts. "Mitgliedstaaten sind weiterhin voll dafür verantwortlich, ihren eigenen Energiemix zu bestimmen und die Taxonomie schreibt auch nicht Investitionen in bestimmten Sektoren vor", betonte sie weiter. "Investoren werden sehen können, ob ein potenzielle Investition Atomkraft oder Gas enthält", fügte sie hinzu.

Mit der Taxonomie soll festgelegt werden, welche Finanzinvestitionen künftig als klimafreundlich gelten sollen, um mehr Geld in nachhaltige Technologien und Unternehmen lenken und so wesentlich zur Klimaneutralität Europas bis 2050 beitragen. EU-Berechnungen zufolge braucht es dazu pro Jahr 350 Milliarden Euro aus privaten Investitionen.

Der nun angenommene Rechtsakt sieht laut Deutscher Presse-Agentur vor, dass neue Atomkraftwerke bis 2045 als nachhaltig klassifiziert werden, wenn ein konkreter Plan für die Endlagerung radioaktiver Abfälle ab spätestens 2050 vorliegt. Auch der Umbau von alten Kraftwerken kann als klimafreundliche Investition gelten. Die Nutzung besonderer unfallresistenter Brennstoffe wird allerdings erst ab 2025 vorgeschrieben, anstatt sofort zu gelten, wie im Entwurf geplant war.

Investition in "grüne" Energie

Investitionen in neue Gaskraftwerke sollen bis 2030 als nachhaltig gelten, wenn sie unter anderem schmutzigere Kraftwerke ersetzen und bis 2035 komplett mit klimafreundlicheren Gasen wie Wasserstoff betrieben werden. Im ursprünglichen Entwurf war die Beimischung von klimafreundlichen Gasen schon ab 2026 vorgeschrieben.

Bereits nach der Veröffentlichung des ersten Entwurfs hagelte es massive Kritik. Neben Österreich kündigte auch Luxemburg eine Klage an. Spanien, Dänemark, die Niederlande und Schweden lehnen eine nachhaltige Einstufung von Gas ab, hieß es Anfang der Woche. EU-Abgeordnete, Umweltschützer und Wissenschafter haben immer wieder auf die klimaschädlichen CO2-Emissionen von Gas und die ungelösten Frage des radioaktiven Abfalls bei der Kernkraft hingewiesen. Auch große Anleger wie die Europäische Investmentbank und die Investorengruppe IIGCC äußerten sich kritisch.

Kritik aus österreichische Politik

Starker Widerstand kam aus Österreich. Bundespräsident Alexander van der Bellen betonte, "Atomkraft ist weder nachhaltig und sicher", auch Erdgas sei natürlich ein fossiler, klimaschädlicher Energieträger. Ähnlich äußerte sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), er sicherte Gewessler "volle Unterstützung" zu. Finanzminister Magnus Brunner zeigte sich über die erwartetet Reaktion auf den Märkten besorgt. Auch EU-Kommissar Johannes Hahn fürchtet Verwirrungen auf dem Kapitalmarkt. Hahn votierte in der Kommissionssitzung gegen den Beschluss, hieß es aus seinem Büro.

Die deutsche Regierung will unterdessen die Entscheidung prüfen. Klimaschutzminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) lehnen den Vorschlag in einer gemeinsamen Erklärung ab. "Ich halte den Rechtsakt in der jetzigen Form für einen großen Fehler, der die Taxonomie als Ganzes stark beschädigt und unsere Klimaziele gefährden könnte", erklärte Lemke laut dpa. "Wir haben wiederholt deutlich gemacht, dass wir die Einbeziehung von Atomenergie in die Taxonomie für falsch halten", ergänzte Habeck. "Das Ganze konterkariert das gute Konzept der Taxonomie und läuft ihren Zielen zuwider."

Fraktionsübergreifender Widerstand

Das geplante Inkrafttreten der neuen Regeln lässt sich sonst nur noch verhindern, wenn 20 der 27 EU-Staaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Gesamtbevölkerung oder eine absolute Mehrheit im Europaparlament dagegen stimmen. Beides gilt aber als nahezu ausgeschlossen.

Die österreichischen Europaabgeordneten kündigten bereits fraktionsübergreifend Widerstand an. Wie der Vizepräsident des Europaparlaments, Othmar Karas (ÖVP), mitteilte, werden "alle zuständigen österreichischen Europaabgeordneten Einspruch gegen die Pläne der EU-Kommission ein(legen)". Auch die deutschen Sozialdemokraten sowie Grünen wollen gegen den Beschluss votieren.