Als TravelPerk im vergangenen Jahr die Übernahme von Yokoy finalisierte, war das weit mehr als ein organisatorischer Zusammenschluss zweier Technologieanbieter. Mit der Verschmelzung entsteht eine Plattform, die Geschäftsreisen und Spesenprozesse erstmals in einem durchgängigen System abbildet – vom Buchen einer Reise bis zur steuerlich korrekten Abrechnung. Gerade in Österreich, einem Markt mit besonders hohen Compliance-Anforderungen, markiert dieser Schritt einen Einschnitt. „Der österreichische Markt ist vermutlich der herausforderndste in Europa“, sagt Stephan Rudolf Hebenstreit, der seit 2020 den hiesigen Standort aufgebaut hat. „Allein die Berechnungslogik der Kollektivverträge ist ein mathemischer Exkurs für sich.“
Effizienz als Notwendigkeit
Die Reise- und Spesenlandschaft der heimischen Industrie war lange Zeit von heterogenen, oft manuellen Strukturen geprägt. Viele Unternehmen arbeiten bis heute mit Excel-Sheets, E-Mail-Freigaben und lokalen Insellösungen. Hebenstreit nennt Excel offen „den größten Mitbewerber“. Nicht, weil es leistungsfähig wäre, sondern weil sich viele Unternehmen in gewohnten Abläufen eingerichtet haben. Doch diese Gewohnheit bekommt Risse. Der wirtschaftliche Druck – von hohen Standortkosten über volatile Nachfrage bis zu neuen ESG-Vorgaben – führt dazu, dass Unternehmen verstärkt in interne Strukturen investieren. „Man merkt deutlich, dass große Industriebetriebe sehr aktiv an Modernisierungsprojekten arbeiten“, sagt Hebenstreit. „Da geht es nicht mehr nur um Sparen, sondern um strukturelle Wettbewerbsfähigkeit.“
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Die Reise- und Spesenprozesse rücken dabei unerwartet weit nach oben auf die Prioritätenliste. TravelPerk/Yokoy spricht von enormen Effizienzreserven, die bislang im Alltag schlicht verborgen waren. Studien, auf die sich das Unternehmen stützt, zeigen, dass unzählige Minuten, Stunden und ganze Arbeitstage mit „Shallow Work“ verloren gehen: mit Aufgaben also, die notwendig, aber nicht wertschöpfend sind – Belege sortieren, Kilometerlisten führen, Tagesgelder berechnen, Freigaben nachverfolgen. „Das sind unauffällige Nebentasks, die jeder machen muss, aber keiner machen will“, sagt Hebenstreit. „Und genau dort liegt das Potenzial.“
Warum Österreich ein Schlüsselmarkt ist
Mit mehr als 800 Kollektivverträgen und strengen steuerlichen Vorschriften ist Österreich ein Testfeld, an dem sich die Leistungsfähigkeit eines Systems besonders schnell zeigt. Die Plattform der beiden Unterrnehmens wurde so ausgerichtet, dass sie KV-Logiken, Zuschlagsmechanismen und steuerrechtliche Vorgaben vollständig automatisiert abbildet. Diese Tiefe ist im internationalen Vergleich außergewöhnlich. „Für uns war klar: Wenn wir Österreich ernsthaft erschließen wollen, müssen wir das KV-Thema lösen“, sagt Hebenstreit.Dass dieser Ansatz Wirkung zeigt, zeigt sich im Kundenportfolio. Überraschend ist dabei, welche Branchen besonders profitieren. Nicht Berater oder Außendienstteams verursachen die größten Reisevolumen, sondern die klassische Industrie. Maschinen- und Anlagenbauer, die täglich Monteure, Inbetriebnehmer oder Serviceteams weltweit im Einsatz haben, generieren enorme Mengen an Spesenfällen. „Ich war überrascht, wie massiv der Reiseaufwand im Anlagenbau ist“, sagt Hebenstreit. „Montagen, Abnahmen, Inbetriebnahmen – das ist ein unglaublicher Use Case."