Kurzarbeit und Neuausrichtung : Batteriehersteller Varta steht vor Herausforderungen

Varta Produktion

Produktionsstrasse bei Varta: Der operative Gewinn hatte sich im Vorjahr auf 282 Mio. Euro belaufen, im Juli hatte Varta noch mit 200 bis 225 Mio. Euro gerechnet, jetzt werden 55 bis 60 Millionen Euro erwartet.

- © Varta

Die herausfordernde wirtschaftliche Lage der Varta AG hält weiter an. "Steigende Energie- und Rohstoffpreise, pandemiebedingte Produktionsunterbrechungen auf Kundenseite, geringe Verfügbarkeit von Halbleitern sowie negative Konsumentwicklungen belasten das Unternehmen" heisst es in einer Aussendung des Unternehmens. Die hohen Energiepreise und Vormaterialpreise können derzeit nur begrenzt und verzögert an die Kunden weitergeben werden. Zusätzlich verzögern sich Aufträge. Auch im kommenden Jahr wird sich den ersten Planungen zufolge das Geschäft nur mühsam erholen.

So ist der Umsatz des VARTA AG-Konzerns in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2022 zum Vorjahresvergleichszeitraum um 8,3 Prozent von 622,3 Mio. Euro auf 570,7 Mio. Euro gesunken. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 182,5 Mio. Euro um 63,6 % auf 66,4 Mio. Euro gesunken.

Probleme macht derzeit vor allem das lange so wachstumsstarke Geschäft mit den Lithium-Ionen-Knopfzellen für wiederaufladbare kabellose Kopfhörer. Die aktuell schwierige Wirtschaftssituation und die Zurückhaltung der Verbraucher beeinträchtigen die Nachfrage nach den kleinen Batterien. Zwar sei die Produktion für die im zweiten Halbjahr erwarteten Neuprodukteinführungen angelaufen - aber mit einem deutlich niedrigeren Volumen als zunächst gedacht.

Zu den Kunden von Varta gehört in dem Knopfzellen-Geschäft unter anderem der Elektronikriese Samsung, auch Apple gilt als großer Abnehmer der Batterien für seine Kopfhörer. In den ersten neun Monaten fiel der Umsatz in der Sparte um ein Viertel, während die Erlöse in der Sparte mit Haushaltsbatterien um knapp 16 Prozent wachsen konnten. Das lag vor allem am schwungvollen Geschäft mit Heimspeichern, etwa für das Speichern von Solarstrom oder zum Laden von Elektroautos.

Mit einem "umfassenden Maßnahmenpaket zur Kostensenkung und Profitabilitätssteigerung" soll jetzt die Notbremse gezogen werden. Es umfasst temporäre Kurzarbeit am deutschen Produktionsstandort Nördlingen, wo Lithium-Ionen-Batterien für True Wireless Stereo Headsets hergestellt werden. "Das Unternehmen kann aber jederzeit kurzfristig die Kapazitäten wieder hochfahren, um so zusätzliche Wachstumschancen wahrnehmen zu können" heisst es. Die Bautätigkeit für einen Fabrikneubau für Rundzelle/V4Drive-Batterien soll zurückgestellt werden, bis verbindliche Kundenabnahmezusagen vorliegen.

Nur im Bereich „Household Batteries“ wächst der Umsatz derzeit, was vor allem auf das sehr hohe Wachstum im Geschäftsbereich Energy Storage Systems zurückzuführen ist, das von der sehr hohen Nachfrage nach Heimspeicherlösungen profitiert.

„Umfangreiche Lösungskonzepte und Maßnahmen sollen VARTA für die wichtigen Zukunftsmärkte richtig positionieren. Ein klarer Fokus ist dabei der Wachstumsmarkt der Energiespeicherlösungen. Hier stellen wir uns stark auf, um die ungebrochen hohe Nachfrage bedienen zu können“ sagt Varta Vorstandssprecher Markus Hackstein.

Lesen Sie hier: Warum tun Sie sich das an, Herr Tojner? Ein Porträt des Unternehmers, der Eigentümer einer Industriegruppe mit 7500 Beschäftigten in 20 Werken weltweit ist - und der Öffentlichkeit allzuoft nur als Immobilieninvestor ein Begriff ist.


Erst Ende Oktober wurde bekannt, dass der deutsche Batteriehersteller im dritten Quartal in die Verlustzone gerutscht ist. Im dritten Quartal sei ein Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 2,5 Millionen Euro aufgelaufen, zuvor war noch ein operativer Gewinn von 70,2 Mio. Euro zu Buche gestanden. Bereits Ende September hatte Varta die Gewinnprognose für das Gesamtjahr gekippt. Damals hatte es geheißen, zwei große Aufträge verzögerten sich. Das Unternehmen beliefert unter anderem Apple mit Batterien für die "Airpods"-Kopfhörer. Der langjährige Vorstandschef Herbert Schein verlässt seinen Posten mit Jahresende, wie Varta im September mitgeteilt hatte. Er soll sich künftig um den Aufbau des Geschäfts mit Lithium-Ionen-Zellen kümmern, wie sie in Elektroauto-Batterien gebraucht werden.

Nie mehr eine wichtige News aus der Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!
Michael Tojner
Michael Tojner, Varta Mehrheitseigentümer: Die herausfordernde wirtschaftliche Lage der Varta AG hält weiter an. - © Montana Tech Components

Was produziert die Varta AG?

Die VARTA AG produziert und vermarktet ein umfassendes Batterie-Portfolio von Mikrobatterien, Haushaltsbatterien, Energiespeichersystemen bis zu kundenspezifischen Batterielösungen für eine Vielzahl von Anwendungen, und setzt als Technologieführer in wichtigen Bereichen die Industriestandards. Als Muttergesellschaft der Gruppe ist sie in den Geschäftssegmenten „Lithium-Ion Solutions & Microbatteries“ und „Household Batteries“ tätig. Das Segment „Lithium-Ion Solutions & Microbatteries“ fokussiert sich auf das Mikrobatterien-, Lithium-Ionen-CoinPower-, Lithium-Ionen-Rundzellen (Lithium-Ion Large Cells) sowie auf das Lithium-Ionen-Batteriepack-Geschäft. Durch intensive Forschung und Entwicklung setzt VARTA in vielen Bereichen der Lithium-Ionen-Technologie und bei Mikrobatterien weltweite Maßstäbe und ist so anerkannter Innovationsführer in den wichtigen Wachstumsmärkten der Lithium-Ionen-Technologie sowie bei primären Hörgerätebatterien. Das Segment „Household Batteries“ umfasst das Batteriegeschäft für Endkunden, darunter Haushaltsbatterien, Akkus, Ladegeräte, Portable Power (Power Banks) und Leuchten sowie Energiespeicher.Der VARTA AG Konzern beschäftigt derzeit nahezu 4.700 Mitarbeiter. Mit fünf Produktions- und Fertigungsstätten in Europa und Asien sowie Vertriebszentren in Asien, Europa und den USA sind die operativen Tochtergesellschaften der VARTA AG derzeit in über 75 Ländern weltweit tätig.