Sanktionen : Metall-Embargo als nächste Eskalationsstufe?

Gabriel Felbermayr vom Wifo

Wifo-Chef Felbermayer: Metallembargo würde Russland hart treffen.

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Bereits einen Tag nach seiner Einführung wird das von den USA verhängte Ölembargo als wenig wirksam bezeichner. Laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) schadet es der russischen Wirtschaft kaum. "Der Importstopp von russischem Öl durch die USA mag symbolisch von hoher Bedeutung sein", sagte IfW-Handelsforscher Hendrik Mahlkow am Mittwoch. "Einen ökonomischen Schaden bei der russischen Wirtschaft verursacht er praktisch nicht und hat daher auch keine unmittelbaren Auswirkungen auf die finanziellen Handlungsspielräume Wladimir Putins."

Eine Bewertung, der sich auch Wifo-Chef Gabriel Felbermayer, früher selbst am IfW anschließt. Die Sanktionen gegen Russland wirken nicht so stark wie zunächst angenommen, urteilt er. "Uns hat etwas überrascht, dass der Rubel nicht stärker eingebrochen ist, weil die Russen eine clevere Abwehrstrategie verwenden", so Felbermayr. Zwar dürfe die Zentralbank nicht mehr auf ihre Guthaben im Westen zugreifen. Denn eigentlich würde sie, um die russische Währung zu stützen, jetzt Rubel kaufen und Devisen verkaufen, das gehe aber nicht. Dafür würden nun die Devisen aus dem Öl- und Gasverkauf verwendet.

"Will man also wirklich Druck auf Putin aufbauen, wird man vermutlich über Einschränkungen bei Erdöl, Gas und Metallen sprechen", meint der Wifo-Chef. Freilich wären Sanktionen bei Öl für Russland auch leichter zu umgehen. Bei Gas gebe es in Europa sehr unterschiedliche Zugänge - je nach Grad der Abhängigkeit von russischem Gas -, eine Uneinigkeit könne man hier nicht brauchen, auch nicht mit den USA, so der Wifo-Chef: "Das würde der Kreml sofort ausnützen. Daher meine ich, es geht aus geopolitischen Gründen zunächst um Erdöl und Metalle."

Risiko für voestalpine und Autozulieferer

Nach Berechnungen der Deutschen Rohstoffagentur kamen 44 Prozent des in Deutschland verwendeten Nickels im Jahr 2020 aus Russland, bei Titan waren es 41 Prozent, bei Eisenerz rund ein Drittel, bei Palladium 18 Prozent. 2021 war Russland laut einer Erhebung der Credit Suisse mit einer Fördermenge von 108 Millionen Tonnen der weltweit fünftgrößte Eisenerz-Produzent.

Vor allem die österreichische voestalpine gehören nach Einschätzung der US-Investmentbank JPMorgan zu den Firmen, deren Risiko infolge einer möglichen Eisenerz-Verknappung besonders hoch ist. Voestalpine hat nach eigenen Angaben ausreichende Lagerbestände für die kommenden Monate. "Wir gehen davon aus, unseren Rohstoffbedarf über diesen Zeitraum hinaus durch unsere anderen Rohstofflieferanten abdecken zu können."

Während bei der voestalpine das Eisenerz im Fokus steht, ist die Autobranche und ihre österreichischen Zulieferer vor allem an Nickel und Palladium aus Russland angewiesen. "Nickel ist die größte Sorge für die Batterie-Lieferkette, die mit Rekordpreisen für Lithium und sehr, sehr hohen Kobaltpreisen zu kämpfen hat", sagt etwa Caspar Rawles von der Beratungsfirma Benchmark Mineral Intelligence (BMI).

Für Katalysatoren wiederum braucht man Palladium. Das Edelmetall statt aus Russland von woanders her zu beziehen, sei nicht so einfach, weil es überall knapp sei, sagte Henrik Marx, Leiter des Edelmetallhandels bei Heraeus. Chris Blasi, Chef des Edelmetallhändlers Neptune Global, schätzt den Wert des in einem Katalysator eingesetzten Palladiums auf rund 200 Dollar. Die Kosten könnten sich aber auch verdoppeln. "Entweder zahlen die Verbraucher mehr für Autos. Wenn es die Autobauer nicht auf sie abwälzen können, müssen sie anderweitig nach Einsparmöglichkeiten suchen." (apa/red/pd)