Green Deal : Erdgas doch nicht in Nachhaltigkeits-Taxonomie?

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Gazprom-Anlage: Taxonomie darf nicht Abhängigkeit von Russland fördern, fordern EU-Abgeordnete.

- © Gazprom

Eine Gruppe von 102 EU-Abgeordneten hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihren Vorschlag zur Aufnahme von fossilem Gas in die grüne Finanztaxonomie der EU zurückzuziehen, da der Einmarsch Russlands in der Ukraine den Vorschlag überflüssig gemacht habe.

Letzte Woche hat die Europäische Kommission Pläne vorgestellt, um die Abhängigkeit der EU von russischem Gas bis Ende 2022 um zwei Drittel zu reduzieren. Damit soll die Unabhängigkeit von allen russischen fossilen Brennstoffen „deutlich vor 2030“ erreicht werden.

Diese Pläne widersprechen den Vorschlägen der Kommission, Gas im Rahmen der EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen als grünen Übergangskraftstoff zu bezeichnen, so die Abgeordneten.

„Wir begrüßen Ihren Plan, Europa von russischen fossilen Brennstoffen unabhängig zu machen“, schreiben die Parlamentarier in einem Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die für Finanzdienstleistungen zuständige Kommissarin McGuiness.

„Dies steht in klarem Gegensatz zu dem Vorschlag, Anreize für Investitionen in fossiles Gas durch die Taxonomie-Verordnung zu schaffen, der von Ihrer Kommission vor der russischen Invasion in der Ukraine beschlossen wurde“, fügen sie hinzu und fordern die Kommission auf, den Vorschlag zurückzuziehen.

Die Kommission legte ihren Vorschlag am 2. Februar vor und erklärte, dass Gaskraftwerke als umweltfreundlich eingestuft werden könnten, wenn sie während ihrer Lebensdauer zu einer „Verringerung der Emissionen um mindestens 55 Prozent“ beitragen. Außerdem müssten die Anlagen bis Ende 2035 zu 100 Prozent auf erneuerbare oder kohlenstoffarme Brennstoffe umgestellt werden können.

Krieg in der Ukraine verlangt nach Neubewertung

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine habe jedoch die Prioritäten der EU verändert, so die Abgeordneten.

„Unsere Abhängigkeit von russischem Gas finanziert Putins Krieg und ermöglicht die Angriffe auf das ukrainische Volk“, heißt es in einem nun veröffentlichten Brief.

„Wir sollten uns von fossilem Gas abwenden und dessen verstärkte Nutzung durch den Bau neuer Gaskraftwerke vermeiden“, so die Abgeordneten weiter. Sie fügten hinzu, dass der Vorschlag der Kommission „genau das Gegenteil“ bewirke.

Der Brief wurde von 102 Abgeordneten aus den fünf wichtigsten Fraktionen des Europäischen Parlaments unterzeichnet: der Europäischen Volkspartei (EVP), den Sozialdemokraten (S&D), der zentristischen Renew Europe, den Grünen und den Linken.

Die überwiegende Mehrheit der Unterzeichner kommt jedoch aus linken Parteien, nur eine Handvoll Unterzeichner stammt aus den Reihen der EVP und von Renew Europe. Für eine Ablehnung des Vorschlags der Kommission reicht das daher nicht aus.

In einer Plenarabstimmung kann das Europäische Parlament den Vorschlag mit einfacher Mehrheit – mindestens 353 Abgeordnete – ablehnen. (red/pd)