Stahlindustrie : Bis Oktober soll Thyssenkrupp in zwei Teile aufgespalten sein

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© Peter Martens

Gut ein halbes Jahr nach dem Amtsantritt des neuen Thyssenkrupp-Chefs Guido Kerkhoff rückt die Aufspaltung des Ruhrkonzerns in greifbare Nähe. Die Geschäftsergebnisse des jüngsten Quartals sind durchwachsen. Die Teilung in zwei selbstständige Unternehmen werde faktisch bereits zum 1. Oktober dieses Jahres vollzogen sein, kündigte Kerkhoff in Essen an.

Der geplanten Trennung des Unternehmens in ein Werkstoff- und ein Industriegüterunternehmen müsse die Hauptversammlung des Konzerns jedoch Anfang 2020 noch zustimmen.

"Wir sind längst auf dem Weg", so Kerkhoff, der mit der Teilung auch eine Vereinfachung der Unternehmensstrukturen und einen auf nur noch drei Köpfe verkleinerten Vorstand anstrebt. Bereits mit Beginn der Sommerferien in Nordrhein-Westfalen Mitte Juli solle jeder der mehr als 160.000 Thyssenkrupp-Mitarbeiter wissen, wie sein künftiger Arbeitsplatz aussieht.

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Auf betriebsbedingte Kündigungen werde das Unternehmen dabei verzichten, versicherte Kerkhoff. Es sei jedoch geplant, die Kosten weiter zu reduzieren. Bis zum Geschäftsjahr 2020/21 will Thyssenkrupp die Verwaltungskosten für beide Unternehmen auf unter 300 Mio. Euro senken - von derzeit rund 380 Millionen.

Nach der nun erfolgten Vorstellung der neuen Strukturen sollen noch im Frühjahr die Namen der Vorstände bekannt werden, bevor es im Mai dann um die Eckdaten der Finanzstrukturen und der neuen Strategie gehen wird.

Der langjährige Thyssenkrupp-Finanzchef Kerkhoff hatte im vergangenen Sommer die Leitung des in die Krise geratenen Ruhrkonzerns übernommen. Zuvor war sein Vorgänger Heinrich Hiesinger überraschend zurückgetreten, nachdem ihn Finanzinvestoren stark unter Druck gesetzt hatten. Im Frühherbst legte Kerkhoff dann den Plan zur Aufspaltung des Konzerns vor und versprach, das Unternehmen mit dem radikalen Umbau aus der Krise zu holen.

Mit dem ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2018/19 (zum 30. September) zeigte sich Kerkhoff jedoch nicht zufrieden. "Herausragende Ergebnisse" seien nicht erzielt worden, räumte er ein. In den ersten drei Monaten hatte der Stahl- und Industriekonzern im operativen Geschäft weniger verdient. Sinkende Gewinne in den Industriegeschäften wie Komponenten, Aufzüge oder Anlagenbau waren der Grund dafür. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) sank um mehr als ein Viertel auf 333 Mio. Euro.

Auch das Ergebnis der vor der Fusion mit dem europäischen Geschäft von Tata Stell stehenden Stahlsparte ging zurück. Grund waren eine schwächere Nachfrage in der Automobilindustrie sowie Produktionsunterbrechungen durch das Niedrigwasser des Rheins.

Beim Nettoergebnis legte Thyssenkrupp hingegen zu. Der Gewinn stieg um 55 Prozent auf 145 Mio. Euro. Der Umsatz kletterte um 2 Prozent auf 9,736 Mrd. Euro, die Auftragseingänge nahmen um 8 Prozent auf 10,111 Mrd. Euro zu.

Kerkhoff zeigte sich zuversichtlich, das geplante Stahl-Gemeinschaftsunternehmen mit Tata trotz erwarteter Einwände der EU-Kommission noch im Frühjahr abschließen zu können. Dass das Vorhaben voraussichtlich nicht ohne Auflagen durchgewinkt werde, sei keine Überraschung, sagte Kerkhoff.

Im Hinblick auf die Pläne Kerkhoffs, die Führungsstrukturen zu vereinfachen, kam von der Finanzfirma Cevian umgehend Applaus. "Die Entscheidung des Thyssenkrupp-Vorstands, die Matrix-Organisation abzuschaffen, ist ein wichtiger Schritt, um das unternehmerische Potenzial freizusetzen und das Management in eine klare Verantwortung zu nehmen", sagte Cevian-Gründer Lars Förberg.

"Thyssenkrupp hat großes Potenzial und wir unterstützen alle Schritte, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens stärken." Cevian hatte immer wieder die hohen Kosten der Verwaltung kritisiert und Reformen gefordert. Der schwedische Investor hält rund 18 Prozent an Thyssenkrupp.

Kerkhoff will den Konzern in eine Werkstoff AG und eine Industriegüter AG aufspalten. Die Führungsstrukturen sollen vereinfacht werden. Jedes Unternehmen soll nur noch drei Vorstände haben - einen Vorsitzenden, einen Finanzchef und einen Personalvorstand. Weitere zentrale Funktionen sollen zusammengelegt werden. Im Geschäftsjahr 2020/2021 sollen die Verwaltungskosten für beide Unternehmen insgesamt bei unter 300 Mio. Euro liegen nach zuletzt 380 Mio. Euro. (dpa/reuters/apa/red)

(dpa/apa/red)