Volkswagen und Rivian: Wolfsburgs 5,8 Milliarden-Wette auf bessere Software
Volkswagen und Rivian starten gemeinsames Joint Venture „Rivian Volkswagen Group Technologies“
Volkswagen hat eine wegweisende Partnerschaft mit dem US-amerikanischen Elektroautohersteller Rivian geschlossen. Das neue Joint Venture, „Rivian Volkswagen Group Technologies“ (RVGT), gehört zu gleichen Teilen beiden Unternehmen und soll rund 1000 Mitarbeiter beschäftigen. Nur etwa 100 dieser Mitarbeiter stammen aus der kriselnden Volkswagen-Softwaretochter Cariad, die in den letzten Jahren durch massive Probleme und Verzögerungen Schlagzeilen machte. Der ehemalige Cariad-Retter Sanjay Lal, ein prominenter Softwareentwickler aus dem Silicon Valley, wird dem neuen Unternehmen fernbleiben, da er sich der technologischen Führung Rivians hätte unterordnen müssen.
Cariad verliert an Einfluss – VW setzt auf Rivian-Technologie
Mit der Integration von Teilen der Cariad-Belegschaft in RVGT verliert Volkswagen einen Teil seines bisherigen Software-Anspruchs. Cariad, das in den letzten Jahren zwölf Milliarden Euro verschlang, konnte die Softwareentwicklung für Elektroautos nicht rechtzeitig vorantreiben, was zu kostspieligen Verzögerungen führte.
Das Joint Venture soll nun den Weg für eine innovative Software- und Elektrofahrzeugarchitektur ebnen, die auf Rivians Technologien basiert. Ziel ist es, diese gemeinsam weiterzuentwickeln und langfristig in den Volkswagen-Konzern zu integrieren. Bis 2027 sollen erste Modelle mit der neuen, konzernintern als SSP bezeichneten Architektur auf den Markt kommen. Der Rollout startet mit Marken wie Volkswagen, Audi, Scout und Porsche, während in China weiterhin eigene Softwarearchitekturen zum Einsatz kommen.
Co-CEOs und globale Expansion
RVGT wird von den beiden Co-CEOs Carsten Helbing (Volkswagen) und Wassym Bensaid (Rivian) geleitet. Helbing zieht zeitnah von Wolfsburg nach Palo Alto, dem Hauptsitz des Joint Ventures. Neben diesem Standort sind weitere Büros in Europa und Nordamerika geplant.
Ein ambitioniertes Ziel des Joint Ventures ist die mögliche Lizenzierung der entwickelten Technologie an andere Automobilhersteller. Diese könnte als Branchenstandard etabliert werden, auch wenn ein direkter Beitritt weiterer Hersteller derzeit nicht geplant ist.
Milliardenschweres Investment und strategische Vorteile
Volkswagen investiert insgesamt 5,8 Milliarden US-Dollar in das Projekt, wovon 3,5 Milliarden auf Rivian-Anteile entfallen, um das US-Unternehmen finanziell zu stabilisieren. Rivian kämpft derzeit mit rückläufiger Nachfrage nach Elektrofahrzeugen in den USA und schreibt weiterhin rote Zahlen. Im letzten Quartal erzielte Rivian 874 Millionen Dollar Umsatz bei einem Verlust von 392 Millionen Dollar.
Volkswagen profitiert von der Zusammenarbeit durch die Übernahme moderner Technologien und stärkt gleichzeitig Rivian, das mit elektrischen SUVs, Pick-ups und Lieferwagen für Amazon in zwei wichtigen Fahrzeugkategorien tätig ist. Rivians Expertise in der Softwareentwicklung könnte für Volkswagen entscheidend sein, um sich im globalen Wettbewerb um Elektromobilität und Digitalisierung durchzusetzen.