Weltwirtschaft : IWF: Ukraine-Krieg kann Weltwirtschaftsordnung maßgeblich verändern

Am 6. März 2022 reiste Bundeskanzler Karl Nehammer (l.) zu einem Arbeitsbesuch in die Vereinigte Arabische Emirate. Im Bild mit dem Chef von ADNOC - Sultan Al Jaber (r.).

Bundeskanzler Karl Nehammer (l.)bei seinem Arbeitsbesuch in den Vereinigte Arabische Emiraten, mit dem Chef von ADNOC - Sultan Al Jaber (r.).

- © BKA/Dragan Tatic

Der Ukraine-Konflikt kann dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge die globale Wirtschaftsordnung grundlegend verändern. Neben kurzfristigen Folgen wie einer steigenden Inflation bei nachlassendem Wachstum seien längerfristige Auswirkungen denkbar, erklärte die in Washington ansässige Organisation auf ihrer Webseite.

"Der Krieg kann die weltweite wirtschaftliche und geopolitische Ordnung grundlegend verändern, wenn sich der Energiehandel verschiebt, sich Lieferketten verändern, Zahlungsnetzwerke zerfallen und Länder neu über ihre Währungsreserven nachdenken", erklärte der IWF.

Nach dem Einmarsch in die Ukraine haben westliche Länder Russland unter anderem vom internationalen Zahlungsnetzwerk Swift abgeklemmt, Währungsreserven der Zentralbank eingefroren und angekündigt, künftig weniger Öl und Gas von dort beziehen zu wollen.

Österreichische Alternativen zum Gasimport

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr etwa schlug vor wenigen Tag vor, Gasimporte aus Russland zu stoppen. Ein Ende russischer Gaslieferungen würde die geplante Energiewende dramatisch beschleunigen und Österreich vom "russischen Erpressungspotenzial" lösen, sagte er im ZiB 2-Interview. Felbermayr räumte allerdings ein, dass ein Stopp auch Stress für die Wirtschaft bedeuten und sich in den Preisen niederschlagen würde. Er verwies darauf, dass es bis zum kompletten Umstieg auch Alternativen gebe – denn Russland habe kein Monopol auf Gas.

Bundeskanzler Karl Nehammer reiste vergangene Woche in die Vereinigten Arabischen Emirate, um sich über Alternativen für russisches Gas zu unterhalten. "Wir wollen diesen Austausch daher vor allem dafür nützen, um über die Sicherung der Gas- und Energieversorgung Österreichs zu sprechen. Wie die Ereignisse der letzten Wochen eindringlich vor Augen führen, dürfen wir nicht weiter nur von einem Gaslieferanten abhängig sein und müssen mittel- bis langfristig auch auf nachhaltige Energiequellen wie grünen Wasserstoff bauen." Daher wolle man die enge Kooperation mit den VAE und Katar weiter vertiefen. "Es gilt, die Versorgung mit Erdgas für den Winter zu sichern und mittel- bis langfristig die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren."

Möglich wäre es etwa, Wasserstoff über das Erdgasnetz zu transportieren. "Die Vereinigten Arabischen Emirate bieten ideale Bedingungen für die Produktion von grünem Wasserstoff, während Österreich über jahrzehntelange Erfahrung im Gastransport und der Speicherung sowie über die dafür erforderliche Infrastruktur verfügt", erklärte Karl Nehammer. Jedoch dürfe man sich keine Wunder erwarten, denn Russland sei der weltweit größte Exporteur von Erdgas.

Ökonomische Folgen

Neben dem menschlichen Leid und großen Flüchtlingsströmen habe der Krieg auch ökonomische Folgen. "Der Konflikt ist ein schwerer Schlag für die Weltwirtschaft, der das Wachstum beeinträchtigen und die Preise in die Höhe treiben wird", so der IWF. Auch eine Verunsicherung der Investoren, sinkende Vermögenswerten, schlechtere Finanzierungsbedingungen und Kapitalabflüsse aus den Schwellenländern könnten dadurch ausgelöst werden.

Der IWF hat bereits signalisiert, seine bisherige Prognose für das globale Wirtschaftswachstum von 4,4 Prozent für das laufende Jahr zu senken. Die neuen Vorhersagen sollen am 19. April veröffentlicht werden. Länder im Kaukasus und in Zentralasien mit engen Handels- und Finanzverflechten zu Russland dürften stärker von der dort erwarteten Rezession und den Sanktionen betroffen sein, unter denen Warenaustausch, Überweisungen, Investitionen und Tourismus leiden dürften. Der IWF verwies auf ein größeres Risiko von Unruhen in einigen Regionen, von Afrika über Lateinamerika bis zum Kaukasus und Zentralasien. Gleichzeitig werde die Ernährungsunsicherheit in Teilen Afrikas und des Nahen Ostens zunehmen, da Länder wie Ägypten 80 Prozent ihres Weizens aus Russland und der Ukraine importieren.

Der IWF sagt zudem eine tiefe Rezession in der Ukraine und in Russland voraus. In Europa könne es zudem zu Unterbrechungen bei den Erdgasimporten und zu größeren Störungen der Lieferketten kommen. Im Nahen Osten und in Afrika könne es zu Kapitalabflüssen kommen. Mit Gegenwind müssten außerdem Länder mit hohem Schuldenstand und großem Finanzierungsbedarf rechnen. (apa/red)