Personalia : Wirecard: Österreicher Markus Braun tritt als Konzernchef zurück

Wirecard Markus Braun
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Wirecard-Vorstandschef Markus Braun, ein Österreicher, tritt im Zuge des Bilanzskandals beim deutschen Dax-Konzern mit sofortiger Wirkung zurück. Interimschef wird der erst am Vorabend in den Vorstand berufene US-Manager James Freis, wie Wirecard am Freitag in München mitteilte.

Wirecard wickelt bargeldlose Zahlungen für Händler ab, sowohl an Ladenkassen als auch online. Aktionärsvertreter hatten den Rücktritt Brauns mehrfach gefordert, um rasch für Aufklärung zu sorgen. Auch droht eine Klagewelle.

Knapp zwei Milliarden Euro sollen auf Konten in Asien liegen

Der Zahlungsabwickler ist seit über einem Jahr in Bedrängnis, seit die Londoner "Financial Times" dem Management in einer Serie von Artikeln Bilanzmanipulationen vorwarf. Am Donnerstag hatte Wirecard schließlich offenbart, dass die Bilanzprüfer Zweifel an der Existenz von 1,9 Milliarden Euro haben, die auf Treuhandkonten in Asien verbucht wurden. Es gebe Hinweise auf falsche Angaben zu Täuschungszwecken. Daher hatte Wirecard die Vorlage der Jahresbilanz erneut verschoben. Wirecard selbst fürchtet einen "gigantischen" Milliardenbetrug und will Strafanzeige erstatten.

Zudem droht Wirecard der Verlust von Milliardenkrediten. Wenn das Unternehmen bis zum heutigen Freitag keinen von Wirtschaftsprüfern testierten Jahres- und Konzernabschluss vorlege, könnten Kredite von etwa zwei Milliarden Euro gekündigt werden, hatte Wirecard am Donnerstag bekannt gegeben.

Markus Braun: "Betrugsfall erheblichen Ausmaßes nicht auszuschließen"

Der Zahlungsabwickler Wirecard sieht sich im Zusammenhang mit den milliardenschweren Bilanzunklarheiten als mögliches Betrugsopfer. "Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die Wirecard AG in einem Betrugsfall erheblichen Ausmaßes zum Geschädigten geworden ist", sagte Vorstandschef Markus Braun, in einem Video, das in der Nacht zu Freitag online gestellt wurde. Das Video ist hier abrufbar: https://www.youtube.com/watch?v=ssAaEzfxrEE]

Es sei aktuell unklar, warum zwei Banken, die im Auftrag von Wirecard Treuhandkonten verwaltet hätten, dem Wirtschaftsprüfer EY gegenüber erklärt hätten, Bestätigungen über dort angelegte Milliardensummen seien gefälscht, so der Österreicher. Die Aktien verloren im vorbörslichen Handel erneut fast 10 Prozent, nachdem sie am Donnerstag um rund 65 Prozent eingebrochen waren.

Jahresabschluss zum vierten Mal verschoben

Wirecard hatte am Donnerstag die Veröffentlichung des lange erwarteten Jahresabschlusses 2019 zum vierten Mal verschoben mit der Begründung, dass der Abschlussprüfer EY keine Hinweise auf die Existenz von Guthaben über 1,9 Milliarden Euro gefunden hat. Der Betrag entspricht rund einem Viertel der Bilanzsumme. Erste personelle Konsequenzen wurden bereits gezogen - der für das operative Geschäft zuständige Vorstand Jan Marsalek, ein enger Vertrauter von Firmenchef Braun, wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt. Einem Insider zufolge ist nicht auszuschließen, dass weitere Personen den Konzern verlassen müssen. Die Fondsgesellschaft Deka fordert schon seit längerem den Abgang von Braun.

Durch den fehlenden Jahresabschluss 2019 können Banken Wirecard zufolge am heutigen Freitag Kredite fällig stellen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro. Wann Wirecard nun seinen eigentlich für April angekündigten Jahresabschluss 2019 vorlegt, ist unklar. Der Zahlungsdienstleister steht schon seit einigen Monaten im Fokus von Vorwürfen der Bilanzfälschung. Unter anderem die britische Zeitung "Financial Times" hatte immer wieder darüber berichtet.

(dpa/reuters/apa/red)