Zahlungsdienste : Wirecard: Druck auf österreichischen Konzernchef steigt

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Dem aus Österreich stammenden Wirecard-Chef Markus Braun steht vielleicht einer der wichtigsten Tage als Vorstandschef bevor: Am Donnerstag will der deutsche Zahlungsabwickler die schon mehrfach verschobene Jahresbilanz 2019 veröffentlichen. Anleger schauen vor allem darauf, ob der Konzern von den Wirtschaftsprüfern ein Testat für die Geschäftszahlen bekommt.

"Keine Anzeichen für ein baldiges glückliches Ende"

Ist das nicht der Fall oder gibt es viele Beanstandungen, wird der Druck auf den Österreicher nach Meinung von Experten weiter steigen. Und selbst wenn die Prüfer den Daumen heben, kämpft der 50-jährige Österreicher noch an vielen anderen Fronten: Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Marktmanipulation, Aktionärsklagen und die Sorge vor Geschäftseinbußen wegen eines Imageverlustes.

"Es gibt keine Anzeichen dafür, dass der Krimi bei Wirecard bald ein glückliches Ende nimmt", sagt Analyst Mirko Maier von der Landesbank Baden-Württemberg. "Wenn das Testat eingeschränkt ist, dürften die Fragezeichen hinter Braun noch größer werden." Die Fondsgesellschaft Deka, einer der größeren Investoren von Wirecard, fordert schon länger einen Neuanfang mit einem neuen Chef. "Es bringt nichts, jetzt an ihm festzuhalten, sonst wird sich die Reputation des Unternehmens nicht wieder herstellen lassen", sagt Ingo Speich, Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Deka.

"Markus Braun ist das Zugpferd"

Doch so ganz unproblematisch wäre ein Rücktritt Brauns nach Ansicht von Experten nicht. "Braun ist das Zugpferd und der strategische Kopf hinter der ganzen Wachstumsstory", sagt ein Analyst, der seinen Namen nicht nennen möchte. Ein Abgang des Wieners sei für Anleger ein negatives Zeichen. Positiv könne man einen Managerwechsel an der Börse nur verkaufen, wenn dies ein längerfristiger Prozess wäre. Die Verträge von Braun und die der anderen Vorstände stehen Ende 2020 ohnehin zur Verlängerung an.

Vom Startup in die Königsklasse der deutschen Börse

Kein anderer Chef eines DAX-Konzerns ist so eng mit seinem Unternehmen verbunden wie Braun. Er lenkt Wirecard seit fast zwei Jahrzehnten, ist der größte Aktionär und hat das einst auf die Zahlungsabwicklung von Online-Pornoanbietern fokussierte Startup in die Königsklasse an der Börse geführt. Doch die seit Jahren immer wieder aufkommenden Vorwürfe der Bilanzfälschung bekommt Braun nicht abgeschüttelt. Wegen des Verdachts der Marktmanipulation ermitteln nun sogar Staatsanwälte gegen ihn und seine drei Vorstandskollegen. Zudem steht noch das finale Ergebnis einer Sonder-Bilanzprüfung durch KPMG aus.

Seit dem Dax-Aufstieg im September 2018 geht es mit dem Kurs des einstigen Stars am Handelsparkett tendenziell bergab. Die Aktien verloren fast die Hälfte ihres Werts auf rund 90 Euro. Die Titel des niederländischen Rivalen Adyen legten im selben Zeitraum dagegen um gut 60 Prozent zu und auch die Aktien des US-Anbieters Paypal klettern seither nach oben. "Die Branche steht gut da, die Wachstumstreiber sind intakt", sagt Maier. "Rein auf das operative Geschäft betrachtet, läuft es bei Wirecard. Aber die Sorge vor Einbußen durch den Reputationsverlust ist bei Anlegern sehr groß."

Wirecard erwartet weiterhin einen Milliardengewinn für 2020

Wirecard-Investor Deka fürchtet, dass sich Kunden abwenden. "Reputation ist für einen Finanzkonzern wie Wirecard das A und O", sagt Speich. Der Konzern mit seinen gut 5.000 Mitarbeitern steuert das bargeldlose Bezahlen via Smartphone oder Kreditkarte an der Ladenkasse und prüft etwa in Online-Shops, ob der Kunde vertrauenswürdig ist. Er nimmt den Kaufpreis entgegen und leitet ihn abzüglich einer Gebühr an den Händler weiter. Besonders lukrativ ist nach Einschätzung von Experten das Geschäft mit Partnerfirmen im Ausland, das im Zentrum der Manipulationsvorwürfe steht.

Braun räumte bereits ein, dass die Coronakrise Spuren im Geschäft mit Reise- und Touristikfirmen hinterlässt. Jedoch laufe es wegen des Trends zu mehr digitalen Angeboten in anderen Bereichen besser. Am Ziel eines Betriebsgewinns von 1,0 bis 1,12 Mrd. Euro in 2020 hält Wirecard deshalb fest. (reuters/apa/red)

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