Antriebe : Wiener Linien setzen verstärkt auf Elektrobusse - und Wasserstoff
Die Öffis in Wien sollen CO2-ärmer werden: Die Wiener Linien stocken deshalb in den kommenden Jahren ihre E-Bus-Flotte massiv auf. 62 elektrisch betriebene Busse werden bis 2027 gekauft. Eine Linie soll außerdem ab 2023/24 komplett mit Wasserstoff fahren. Der Diesel bleibt aber weiterhin der Haupttreibstoff im städtischen Bussystem.
Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von acht Jahren stehe bald die Anschaffung der nächsten Busgeneration vor der Tür, erklärte Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer vor Journalisten. Dabei geht es um ein Auftragsvolumen von rund 170 Mio. Euro. Ein Jahr habe sich das Unternehmen damit befasst, welche Modelle angeschafft werden sollen, um einerseits Netzdichte und Fahrgastkapazitäten aufrechterhalten und andererseits den Schadstoffausstoß drosseln zu können.
Das Ergebnis: 2021 werden die Verkehrsbetriebe einen Auftrag über 62 Batterie-Normalbusse (12 Meter) ausschreiben. Sie sollen zwischen 2022 und 2027 in Betrieb genommen werden. Damit betritt man in Wien insofern Neuland, als derzeit lediglich kleine City-E-Busse unterwegs sind - zwölf Stück auf den Linien 2A und 3A. Die schon für das Vorjahr geplante Umstellung der Linie 4A auf größere Elektrogefährte musste abgeblasen werden, weil es Probleme mit dem Hersteller gab bzw. das Produkt doch noch nicht ausgereift genug war.
Mit der künftigen Tranche will man sieben Strecken im Süden Wiens bedienen - darunter etwa den 61A (Liesing-Vösendorf/Siebenhirten). Alle Linien seien aber noch nicht festgelegt, sagte Peter Wiesinger, Abteilungsleiter im Bereich Kraftfahrzeuge. Die erste Linie soll jedenfalls 2023 starten. Um die Gefährte über Nacht laden zu können, wird eine eigene E-Busgarage in Siebenhirten errichtet. Zusätzlich wird der 57A (Burgring-Rudolfsheim) auf Strombetrieb umgestellt.
Warum aber wird nicht gleich das gesamte Busnetz mit Batterie betrieben? "Das ist nicht möglich", erklärte Steinbauer. Die Krux dabei: Im E-Sektor gibt es - vor allem was größere Exemplare betrifft - noch keine Modelle, die an die Leistung herkömmlicher Dieselgefährte herankommen. Denn laut Wiener-Linien-Chef muss ein E-Bus alle 80 bis 120 Kilometer geladen werden, aber je nach Linienführung bis zu 400 Kilometer pro Tag zurücklegen. Außerdem passen in einen Strom-Normalbus um knapp ein Drittel weniger Fahrgäste. Das hat mit dem Gewicht der Batterien zu tun.
Bei nicht so eng getakteten Routen an der Peripherie, wie eben rund um Siebenhirten, sei das kein Problem. Im zentrumsnahen Bereich allerdings ließen sich die dichten Intervalle mit einer reinen E-Flotte nicht mehr einhalten.
"Wir haben uns das durchgerechnet. Bei einer 100-Prozent-Umstellung bräuchten wir um 273 Busse mehr", versicherte Wiesinger. Dazu kommt, dass ein E-Bus mit rund 600.000 Euro etwa das Dreifache eines Diesel-Pendants kostet. Eine flächendeckende und damit teure Ladeinfrastruktur müsste ebenfalls errichtet werden.
Also bleiben Dieselbusse mit der derzeit schadstoffärmsten Euro-6-Klassifizierung das Herzstück des Fuhrparks. Hier wollen die Wiener Linien ab 2022 bis zu 325 Normal- und Gelenkbusse von 12 bzw. 18 Metern Länge ordern. Dazu kommen noch 62 XL-Busse (20 Meter). Die Ausschreibung in zwei Tranchen und mit einem Volumen von 145 Mio. Euro soll noch heuer über die Bühne gehen.
Bis 2027 ist damit jene Flotte, die immer noch Fossilenergie tanken muss, komplett erneuert. Sie soll nach Möglichkeit aber bald mit synthetischem Diesel betrieben werden, so Steinbauer. Ein eigenes Versuchsprojekt mit der Wien Energie sei dazu vorgesehen.
Einen ersten Schritt in Richtung Wasserstoffantrieb wagen die Wiener Linien ebenfalls: 2021 ist die Ausschreibung für zehn derartige Normalbusse geplant. Ab 2023 oder 2024 soll damit der 39A (Heiligenstadt-Sievering) als erste Buslinie der Stadt ausschließlich mit Brennstoffzellen betrieben werden. Erste Testfahrten mit einem Anbieten sind bereits im Mai 2020 geplant. Die entsprechende Tankstelle wird in der Garage Leopoldau errichtet.
Sollten die Wasserstoffmodelle tatsächlich bald zur Serienreife gelangen, hätte dies den Vorteil, dass sie - anders als E-Gefährte - Dieselbusse eins zu eins ersetzen können, erklärte Steinbauer. Das betreffe sowohl Reichweite als auch Fahrgastkapazität. (apa/red)