Klimawandel : Streit um Hilfsgelder für Biomasseanlagen in Österreich spitzt sich zu

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© APA/HELMUT FOHRINGER

Die SPÖ ist weiter fest entschlossen, die Förderung von Biomasseanlagen diese Woche im Bundesrat zu Fall zu bringen. "Wenn die ÖVP auf uns zu kommt, werden wir natürlich reden, aber es gibt im Bundesrat nur mehr zwei Möglichkeiten: Runter von der Tagesordnung oder wir lehnen es ab", sagte die Vorsitzende der SPÖ-Bundestagsfraktion, Inge Posch-Gruska, in einer Pressekonferenz.

Erstes Veto im Bundesrat droht

"Es gibt im Bundesrat auch nicht die Möglichkeit, diesen Gesetzesentwurf noch zu ändern", erklärte Posch-Gruska. Die SPÖ hat im Bundesrat genug Stimmen, um Gesetze, die in der Länderkammer eine Zwei-Drittel-Mehrheit brauchen, zu blockieren. Von den 21 roten Bundesräten darf aber keiner fehlen oder von der Parteilinie abweichen. "Es werden alle da sein", so Posch-Gruska. "Ich gehe von einer Disziplin aus."

Laut dem Parlamentsexperten Werner Zögernitz wäre es das erste Mal, dass ein Gesetz am absoluten Vetorecht des Bundesrates scheitert. Ein absolutes Veto habe die negative Beendigung des Gesetzgebungsverfahrens zur Folge, so Zögernitz auf APA-Anfrage. Normalerweise kann der Nationalrat die Länderkammer mit einem Beharrungsbeschluss überstimmen, nicht allerdings bei Verfassungsgesetzen oder Bestimmungen, durch die Kompetenzen der Länder eingeschränkt werden.

SPÖ: Konkrete Einspeistarife fehlen völlig

In der SPÖ heißt es, man habe in den Ländern Kontakt aufgenommen "und bei diesen Gesprächen sind wir draufgekommen, dass es Kraftwerksbetreiber gibt, die selbst sagen: 'Nein, dieses Gesetz brauchen wir nicht, dieses Gesetz hilft uns in unserer Arbeit nicht'", sagte Posch-Gruska. Sie kritisierte, dass die ÖVP, anstatt eine Lösung zu suchen, Druck auf SPÖ-Bundesräte ausgeübt habe.

Kern der SPÖ-Kritik ist, dass im Gesetz konkrete Einspeistarife fehlen. Auch sei unklar, welche der rund 140 Anlagenbetreiber von diesen garantierten Abnahmepreisen profitieren sollen. Das Gesetz überlasse die Festsetzung der Tarife und die Gesamtsumme der Förderung zur Gänze Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Die SPÖ spricht deshalb von einer "Blankoermächtigung".

ÖVP: Nur eine Überbrückungsmaßnahme

Dem trat am Montag die ÖVP entgegen. Bei dem Gesetz handle es sich um eine Überbrückungsmaßnahme, also lediglich um die Verlängerung des bestehenden Gesetzes - eines, dass zuletzt 2017 unter der rot-schwarzen Regierung von der SPÖ mitbeschlossen wurde, wie Energiesprecher Josef Lettenbichler in einer Aussendung erinnerte. "Die vorliegende Novelle ist im Großen und Ganzen deckungsgleich damit." Für Verhandlungen und ein neues Gesetz mit Begutachtungsfrist bleibe keine Zeit mehr, so Lettenbichler.

Gegen das Gesetz ist neben der SPÖ auch die Liste Jetzt (früher Liste Pilz). "Die Regierung hat es verabsäumt, rechtzeitig eine vernünftige und umfassende Lösung auf den Weg zu bringen und will nun in mittlerweile schon gewohnter 'Husch-Pfusch-Manier' ein paar unwirtschaftliche Anlagen mit Steuermillionen künstlich am Leben erhalten", kritisierte Energiesprecher und Klubobmann Bruno Rossmann.

Die Grünen, die zwei der 61 Bundesräte stellen, werden der Novelle hingegen zustimmen. "Die Regierungsfraktionen haben ihre Bereitschaft erklärt, via Entschließungsantrag vor Erlassung der Verordnung noch einmal mit dem Parlament über die nachhaltigen Tarife zu verhandeln, und dass es zu keinen Doppelförderungen für Ökostromanlagen kommt", erklärte der Grüne Bundesrat David Stögmüller.

Im Nationalrat war das Gesetz Ende Jänner mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen worden. Neben der ÖVP-FPÖ-Koalition stimmten auch die NEOS sowie die freie Abgeordnete Martha Bißmann für die Vorlage. Die drei Parteien haben laut "Kronen Zeitung" auch einen gemeinsamen Brief an die SPÖ geschrieben. In einem weiteren Schreiben wandte sich Köstinger an die SPÖ-Landeshauptleute.

Stromwirtschaft will weiterhin Hilfsgelder an Biomasseanlagen

Für die Biomasse-Förderung ist auch die Stromwirtschaft. "Wenn wir die Ziele 2030 erreichen wollen und das sind nur mehr knapp zehn Jahre, dann müssen wir alle verfügbaren Technologien einsetzen, das ist natürlich im ganz wesentlichen Maße Wasserkraft, das ist Windkraft, das ist auch die Photovoltaik, aber die Biomasse hat einen wesentlichen Vorteil, sie ist planbar", sagte Leonhard Schitter von Oesterreichs Energie im ORF-Radio.

Biomasseanlagen: Garantierter Preis über dem Marktpreis

Bei der Förderung von Biomasse-Kraftwerken geht es - wie auch bei Windrädern und Photovoltaik-Anlagen - um einen garantierten Strompreis, der über dem Marktpreis für Strom liegt. Er wird aber nur 13 Jahre lang bezahlt. Danach sollten die Kraftwerke am Markt konkurrenzfähig sein.

Es zahlt: Der Endverbraucher

Bei 47 Biomasse-Kraftwerken läuft diese Frist zwischen 2017 und 2019 aus. Um sie in Betrieb zu halten, hat die Bundesregierung für drei Jahre 140 Mio. Euro vorgesehen - bezahlt wird dies über die Stromrechnung. (apa/red)

Der Staat unterstützt die Produktion von Strom aus Biomasse mit Steuermitteln. 137 Kraftwerke erhalten derzeit Förderungen. Bei einigen von ihnen läuft die Förderung aber aus bzw. ist sie bereits ausgelaufen. Während die Regierung an einer grundlegenden Neufassung der Ökostromförderung arbeitet, die 2020 kommen soll, will sie mit einer Übergangsregelung diese Kraftwerke in Betrieb halten.

Die Förderung von Biomasse-Kraftwerken (wie auch von Windrädern und Photovoltaik-Anlagen) läuft über einen garantierten Strompreis, der über dem Marktpreis für Strom liegt. Er wird aber nur 13 Jahre lang bezahlt. Danach sollten die Kraftwerke am Markt konkurrenzfähig sein. Bei 47 Biomasse-Kraftwerken läuft diese Frist zwischen 2017 und 2019 aus. Um sie in Betrieb zu halten, hat die Bundesregierung für drei Jahre 140 Mio. Euro vorgesehen.

Um die Bestimmung zu beschließen, sind im Nationalrat und im Bundesrat jeweils Zwei-Drittel-Mehrheiten nötig. Im Nationalrat haben dies ÖVP, FPÖ und NEOS beschlossen. Im Bundesrat hat aber die SPÖ mehr als ein Drittel der Stimmen, sie kann den Beschluss daher blockieren und hat auch angekündigt, das zu tun.

Die heiß umstrittene Übergangsregelung sieht auch andere Punkte als die Förderung von Biomassekraftwerken vor. So soll eine Kostenbefreiung für sozial schwache Menschen kommen. Bisher galt folgende Regelung: Wer von der GIS befreit ist, konnte auch um Reduzierung des Beitrags zur Ökostromförderung auf 20 Euro im Jahr ansuchen. Nun soll eine vollständige Befreiung direkt auf dem Antrag zur GIS-Befreiung angekreuzt werden können. Im Vorjahr zahlte ein durchschnittlicher Haushalt in Österreich mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden (kWh) rund 90 Euro für die Förderung von grünem Strom. (apa/red)