Bergbau : Siemens-Chef Kaeser will FFF einbinden - und scheitert

Umweltschützer laufen Sturm gegen die Entscheidung von Siemens, an dem Auftrag für eine umstrittene Kohlemine in Australien festzuhalten. Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future (FFF) kündigte Proteste auf der Siemens-Hauptversammlung am 5. Februar an und organisierte Demonstrationen in mindestens zwölf deutschen Städten.

Trotz heftiger Kritik schon vor der Entscheidung hatte Siemens-Chef Joe Kaeser auf dem Geschäft beharrt und dies mit Vertragsverpflichtungen und Zuverlässigkeit für Kunden begründet. Das deutsche Unternehmen liefert dem indischen Energiekonzern Adani Signaltechnik für eine australische Bahnstrecke zum Transport von Kohle, die in indischen Kraftwerken verfeuert werden soll.

Adani zeigte sich zufrieden mit der Zusammenarbeit mit Siemens. Es sei erfreulich, dass der Konzern sich nicht einschüchtern und von seinem Versprechen abbringen lasse, in Australien Stellen zu schaffen und Entwicklungsländer mit Kohle zu versorgen, erklärte das indische Unternehmen. Zum Auftrag: Nach Protesten: Siemens prüft Belieferung einer Kohlemine in Australien >>

Demos gegen Siemens mit Bildern von Koalabären

"Die heutige Entscheidung macht die Bestrebungen von Kaeser, den Siemens-Konzern zukunftsgerichtet wirken zu lassen, vollständig zunichte", erklärte FFF im Internet. In Zeiten der Klimakrise müssten gerade auch Konzerne Wort halten. "Dazu gehört eben auch, sich nicht am Bau eines Wahnsinnsprojekts zu beteiligen, das im Alleingang das weltweite 1,5-Grad-Ziel gefährdet", erklärte FFF mit Blick auf eine Begrenzung der Erderwärmung. Der Eintrag war überschrieben mit der Aufforderung "Siemens schür keine Feuer!" und bebildert mit Buschbränden, einem Känguru und zwei Koala-Bären.

Die Debatte um die Mine war durch die schweren Buschbrände in Australien verschärft worden. Die Feuer werden auch auf die globale Erwärmung zurückgeführt, für die der CO2-Ausstoß mitverantwortlich gemacht wird. Kohlekraftwerke gelten als besonders umweltschädlich.

Auch in Australien löste Siemens bei Klimaschützern Entrüstung aus. Die Gruppe Galilee Blockade, die bereits die Geschäfte von Partnern der Adani-Mine blockiert hat, will nun Siemens ins Visier nehmen. "Die Bürger werden ihre Proteste so lange ausweiten, bis Siemens auf die Wissenschaft hört und sich auf die richtige Seite der Geschichte stellt", so ein Sprecher.

Die Ausbeutung von Rohstoffen ist eine zentrale Quelle des australischen Wohlstands - mit verheerenden Folgen für die Natur und das Klima. Die wachsenden Proteste von Umweltschützern dagegen will die Regierung Australiens jetzt einfach verbieten.

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"Wenn der Siemens-Vorstand denkt, das sei das Ende der Diskussion, dann macht er sich selbst etwas vor", sagte der Direktor der Klimaschutzorganisation Market Forces, Julien Vincent. Vielmehr müsse der Konzern auf seiner Hauptversammlung mit großem öffentlichem Widerstand rechnen. Siemens müsse dann seinen Aktionären erklären, "warum die Teilnahme an einem der weltweit für den Ruf besonders riskanten Projekte im besten Interesse des Unternehmens ist".

Joe Kaeser wollte junge Klimaschützerin in den Aufsichtsrat von Siemens setzen

Siemens-Chef Kaeser hatte sich vor der Entscheidung, an dem 18 Millionen Euro schweren Auftrag zur Lieferung von Signaltechnik an Adani festzuhalten, mit der Klima-Aktivistin Luisa Neubauer getroffen. Um dem Sturm der Entrüstung zu begegnen, bot er Neubauer einen Posten im Aufsichtsrat der Siemens-Energiesparte an - bekam aber einen Korb. Kaeser räumte in einer ausführlichen Stellungnahme ein, dass Siemens bei dem Projekt im Vorhinein hätte "klüger sein sollen".

Kaeser hatte in den vergangenen Jahren im Umgang mit der Öffentlichkeit wenig Glück. Im Herbst 2018 zögerte er wochenlang, ehe er nach der Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi seinen Auftritt an einer Wirtschaftskonferenz in dem Land absagte. Wenig später übte er mitten im Ringen um die Genehmigung der Zug-Allianz mit der französischen Alstom per Twitter heftige Kritik an EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, die die Fusion letztlich verbot. Kaeser ist einer der wenigen deutschen Wirtschaftslenker, die sich immer wieder selbst über die sozialen Medien zu Wort melden - auch ohne das mit den PR-Profis im Konzern abzusprechen. Auch auf die Kritik am Adani-Projekt war er zuerst im Dezember in einem Twitter-Eintrag eingegangen. (reuters/apa/red)

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