Pricing : Preisverhandlungen: So setzen sie richtig Anker

Wenn ein solcher Satz fällt, müssen Sie als Anbieter entscheiden, ob Sie einknicken oder hart bleiben und den Bluff des Kunden offen legen. Diese Entscheidung ist der eigentliche Moment der Wahrheit der Preisverhandlung. Weder die „Kuschler“ noch die „Trickser“ können helfen, diese Entscheidung immer wieder richtig zu treffen. Im Gegenteil, sie lenken nur vom Kern der Sache ab und verleiten dazu, die Zeit mit Beiwerk zu vergeuden.

Was ist also der wichtigste Schritt, um den Reingewinn einstreichen zu können? Die systematische Aufarbeitung der zwei wesentlichen Verhandlungstreiber: die Machtbalance und die Erwartung an das Verhandlungsergebnis.

Selbsterkenntnis

Im Kern steht eine Einschätzung der Machtbalance: Mit welchem Preis komme ich durch, mit welchem nicht? Ist meine Leistung aus Sicht des Kunden gut genug im Vergleich zum Wettbewerb, um diesen Preis zu rechtfertigen? Was ist die bestmögliche Alternative für mich und was die beste Alternative für den Verhandlungspartner? Nur wer das sauber analysiert, kann gewinnen. Für diese Selbsterkenntnis ist es zum Beispiel wichtig, das Gespräch mit den Kunden außerhalb der Verhandlungssituation zu suchen. Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Schon nach kurzer Aufwärmphase tendieren Kunden dazu, auszupacken. Dann fallen Sätze wie "Mit euch ist es ziemlich einfach zu verhandeln." Für das Kundeninterview sollte jemand aus der Organisation gewonnen werden, der nicht im Alltag mit dem jeweiligen Key Account zu tun hat. Dies sichert den notwendigen Abstand, beziehungsweise die notwendige Objektivität.

Zweiter wesentlicher Verhandlungstreiber sind die internen Erwartungen an das Verhandlungsergebnis. Für die Verhandlungsteilnehmer muss klar sein: Was ist unser Ziel? Marktanteil verteidigen oder ausbauen oder höchstmögliche Marge realisieren? Erst die klare Zielvorgabe und der Rückhalt durch die Unternehmensführung schafft das Rückgrat, dass der Anbieter für die Verhandlung braucht und die Gegenseite nachweislich früher zum Einlenken bringt.

Kuscheln führt zu nichts

Was die Interaktion selber angeht, so bestätigt die Praxis, was die Wissenschaft in Experimenten gezeigt hat: "Kuscheln" nützt nichts. Es schadet nicht, aber es hilft auch nicht. Eine allzu aggressive Verhandlungsweise dagegen kann sehr wohl schaden und zum Abbruch der Verhandlung führen. Beharrt ein Anbieter nämlich mit unverschämter Geste auf seiner vielleicht überlegenen Machtposition, fordert er die Gegenseite zur irrationalen Trotzreaktion heraus. Ergebnis: Beide Seiten verlieren. Rationales Verhalten und der Austausch von Argumenten steigert dagegen nachweislich die Verhandlungseffizienz.

Setzen Sie einen Anker

Weiterer wichtiger Aspekt: Das Erstangebot zählt. Machen Sie den Anfang! Grund dafür ist der sog. "Ankereffekt": Je höher das erste Angebot, desto höher ist auch der Abschlusspreis (und umgekehrt)! Die Wirkung des Ankereffekts ist so mächtig, dass sich auch erfahrene Verhandlungsführer ihm nur selten entziehen können. Natürlich funktioniert er dann am besten, wenn das erste Angebot nicht völlig aus dem Rahmen fällt, sachlich vorgetragen und begründet wird. Die beste Gegenstrategie ist übrigens zu versuchen, einen aggressiven Gegenanker zu setzen.

Zusätzlich ist der Vergleich mit anderen Unternehmen sinnvoll. Die in einem Benchmarking zu vergleichenden Unternehmen müssen dabei nicht direkte Konkurrenten sein, sondern müssen in der Transaktionsart, der Kundenstruktur oder anderen relevanten Aspekten vergleichbar sein.

Wie man sieht lässt sich bei der Frage der richtigen Verhandlungstaktik aus unterhaltsamen Tipps rund um das Tricksen oder Kuscheln durchaus etwas lernen, Geld wird aber vor allem durch ernsthafte und systematische Vor- und Nachbereitung verdient, die deutlich über das hinausgeht, was die Mehrheit an Unternehmen heute umsetzt.

Dr. Thomas Haller ist Managing Partner bei Simon-Kucher & Partners in Wien, Dr. Gunnar Clausen ist Partner bei Simon-Kucher & Partners in Köln.

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