Branchentreff : MBDach: Maschinenbau zwischen Bedrohung aus China und Entfremdung von Amerika

Maschinenbau VorausgeDACHt
© McMaster

Voll digital! Die Teilnehmer nehmen eine eigene Kongress-App rege in Anspruch. Über sie stellen sie Fragen an die Referenten und vor jedem einzelnen Vortrag stimmen sie live über eine spezielle Frage ab. Als Input für den kommenden Speaker. „Haben Sie bereits unter Handelsrestriktionen zu leiden?“ 52 Prozent sagen: ja, in überschaubaren Einzelfällen. Weitere 19 Prozent bejahen die Frage bedingungslos. So digital ist der unter dem Hashtag #MBDach heute der erste Tag des Branchentreffs der mitteleuropäischen Maschinenbauer über die Bühne gegangen.

Hauptthema Geopolitik.

Simon Evenett, Uni-Professor in St. Gallen, der dort eine unabhängige Informationsplattform zur Überwachung handelspolitischer Massnahmen betreibt, rückt das allgemein vorherrschende Bild im Detail zurecht. Nicht erst seit sich der chinesische und der amerikanische Präsident Hahnenkämpfe liefern, blühe der Protektionismus wieder auf. Die Zahl der einschlägigen Maßnahmen hat sich 2018 im Welthandel zwar verdoppelt, fand der in der Schweiz lehrende Brite mit der eigenen Methode heraus, sie stieg allerdings schon seit 2012 kontinuierlich an. „Tarife, wie Zölle, sind dabei nicht das Hauptproblem – vor allem nicht in der Maschinenbaubranche –, sondern, dass sich unsere Produzenten mit Firmen matchen müssen, die massiv von ihren eigenen Staaten subventioniert werden.“

Bedrohung aus China.

„Wie bedrohlich erschienen Ihnen Chinas industriepolitische Programme?“ Die relative Mehrheit von 42 Prozent im Festspielhaus glaubt, sie wird die Märkte „zu unserem Nachteil verzerren“. Den renommierten China-Experten Sebastian Heilmann überrascht das nicht. „Wir können nicht erwarten, dass die nächsten zehn Jahr in Kontinuität verlaufen. Das hat mit dem Veröstlichen der Wirtschaft zu tun, auch in der Maschinenbau. Die Chinesen kommen nicht als Ihre Mitbewerber. Sie wollen Sie ersetzen.“ Um die Großen mache er sich „wirklich Sorgen“, weniger über die vielen kleinen Nischenanbieter, die es hierzulange zuhauf gäbe. „Sie fallen durch das Raster der chinesischen Industriepolitik, die auf Masse ausgerichtet ist.“

Heilmann macht jedoch wenig Hoffnung an diesem Nachmittag, schildert mit 35 Jahren Kennerschaft Chinas, was seiner Expertise nach kommen wird. Und schon eingetreten ist: „124 Länder haben China bereits als wichtigsten Handelspartner, 56 die USA. Die Chinesen bauen gerade in 30 Ländern die Telekommunikation auf. Und nach Huawei werden die E-Commerce-Firmen folgen. Was neue Geschäftsmodelle und Möglichkeiten Geld zu machen angeht, sind sie sagenhaft!“ Sicher, räumt er ein, die amerikanische Wirtschaftspolitik war auch nicht zimperlich, „doch die USA haben unsere Industrie sehr groß werden lassen und haben ihre Industrie schrumpfen lassen. Das wird mit China nicht passieren.“

Der Rest der Welt habe sich auf einen neuen Modus einzustellen. Der deutsche Maschinenbauer Multivac errichtet gerade sein erstes Werk in China, sagt Hans-Joachim Boekstegers. Was dort genau passieren wird, wisse er noch nicht. Seinem Team habe weitgehend freie Hand, um sich dem speziellen Markt anpassen zu können. „Soll sich Europa besser abschotten?“ Die Maschinenbauer aus der DACH-Region zeigen sich standfest als Gläubige einer liberalen und offenen Marktwirtschaft: 67 Prozent sagen, auf keinen Fall, 25 Prozent können der Strategie der USA etwas abgewinnen. Nur 8 Prozent meinen, Europa muss sich wehren.

"Nicht arrogant sondern neugierig sein".

Für den Präsidenten des Schweizer Verbandes, Hans Hess, „ist klar erkennbar, dass einer unserer Erfolgsfaktoren unter Beschuss gekommen ist – die Offenheit. Die Erschwernisse durch Zölle macht das Handeln schwierig. Ich glaube, dass Protektionismus einen wichtigen Nerv unseres Wohlstandes treffen könnte.“ Man solle die Kirche aber im Dorf lassen. „Chinesische Übernahmen sind kein Massenphänomen“, es gebe mehr europäische Investments in China, als umgekehrt. Auch Christian Knill, Obmann des österreichischen Verbands der Metalltechnischen Industrie, will keine Angst haben. „Die Chinesen kochen auch nur mit Wasser. Wir exportieren für 1,4 Mrd. Euro nach China und hatten in den letzten zehn Jahren mehr als eine Verdoppelung. Es ist auch ein wichtiger Zulieferermarkt. Aber sie haben eine klare Vision: Sie wollen in Technologie investieren.“ Hess sieht das als spannende Herausforderung: „Ich möchte nicht arrogant sein, sondern neugierig sein.“

Eine Bilddstrecke zum ersten Tag der MBDach finden Sie hier.

Ein Interview mit VDMA-Präsident und dem Eigentümer des Maschinenbauers Alfred H. Schütte lesen Sie hier.

Einen Wordrap mit "Gastgeber" Christian Knill finden Sie hier.