Industrieroboter : Kooperierende Roboter von ABB, Kuka & Co: Achse des Guten

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Das Gemunkel in der Branche hält sich schon eine Weile. Im vorigen April will ein Geschäftsführer eines heimischen Roboterherstellers zuallererst Wind von der Sache bekommen haben, die der Hersteller pneumatischer und elektromechanischer Antriebe und Automatisierungssomponenten Festo angeblich plant: Einen Festo-Roboter, der helfen soll, neues Terrain in der Industrierobotik zu erschließen. In den letzten Wochen hätten sich die Gerüchte eher verdichtet, meint der Branchenkenner.

Auch japanische Anbieter von Knickarmrobotern würden die Deutschen zunehmend häufiger im Feld der künftigen Konkurrenz führen. Nahrung geben den Spekulationen zudem personelle Wechsel. Mit dem Sparkurs beim Augsburger Roboterhersteller Kuka wechselten einige die Fronten. Bei den Schwaben kommentiert man die Gerüchte gegenüber INDUSTRIEMAGAZIN nicht.

Der Chef eines Roboterbauers kann sich zwei Szenarien vorstellen. Im ersten brillieren die Schwaben bei ihrer Roboterlösung mit Innovationen, die die Roboterwelt so noch nicht gesehen hat. "Andernfalls werde es auch eine Festo schwer haben, in einem derart gesättigten Markt größere Erfolge als andere einzufahren", glaubt er.

Neue Technologien, neuer Wettbewerb

Zumal die Stimmung auf wesentlichen Absatzmärkten für Robotik aktuell alles andere als ausgelassen ist. Zur Marktsättigung in Europas klassischem Knickarmbereich gesellten sich in einzelnen Segmenten trübe Prognosen für 2020. Der Markt für die innovative Mensch-Roboter-Kollaboration war zuletzt zwar immer noch im Plus. Die großen Wachstumsraten gehören vorerst aber in Europa der Vergangenheit an. Der Marktführer Universal Robots etwa musste zuletzt Einbußen beim Umsatz des dritten Quartals verzeichnen. Auch der auf mobile Robotik spezialisierte Anbieter MIR erlitt einen Dämpfer. Dabei wird der Kuchen nicht größer. Jüngere Wettbewerber wie Franka oder Hahn Robotics greifen den etablierten Herstellern im Segment der Cobots Umsatz ab.

Zumal haben sich die Vertriebswege radikal gewandelt. Beispiel Hannover Messe. Dort sind viele glücklich aufgehoben. Andere berichten von weniger erfreulichen Erlebnissen. Für einen österreichischen Aussteller, der lieber ungenannt bleiben will, waren die Erfahrungen aus dem Vorjahr ein Grund, heuer in Hannover zu pausieren. "Die Besucherzahlen auf unserem Stand haben sich von 2018 auf 2019 gefühlt halbiert", erzählt der Chef des Unternehmens.

Und das, obwohl 2019 kein automatica-Jahr war, das den Glanz Hannovers trüben hätte können. Hannover sei ein aufwändiges Thema, von der Unterbringung bis hin zur - recht teuren - Verpflegung. Neue Vertriebskanäle, aber auch neue Konkurrenz, die diese geschickt zu nutzen wisse, müssten als weitere Variable eines potenziellen Messeengagements einbezogen werden, meint er.

Keine Angst vor ausbleibendem Zukunftsgeschäft

Zugleich aber ist die Robotik - abgesehen von kleineren Marktverschiebungen - die wohl einzige Branche, die nicht ernsthaft ums Zukunftsgeschäft bangen muss. "Nach kurzen konjunkturellen Verschnaufpausen ging es bei uns immer rasch wieder bergauf", erzählt ein langjähriger Chef eines deutschen Robotikunternehmens. "Geht es ein Jahr einmal nicht um die Neukundengenerierung, legen wir eben alle Anstrengungen in das Zusatzgeschäft bei Bestandskunden", lautet bei einem Hersteller die einfache Rechnung. Ohenhin gebe es aus dem Vorjahr noch eine ganze Menge Kontakte aus Hannover abzuarbeiten. Der Internationale Robotikverband IFR gießt den Optimismus der Branche wie immer in Zahlen.

Von 2020 bis 2022 - so lautete jedenfalls die Hochrechnung im September - soll der Branche im Schnitt ein Wachstum von zwölf Prozent blühen. Von 422.000 Einheiten 2018 gelingt ein Sprung auf 584.000 Einheiten. Gar nicht so sehr China überraschte positiv, dort wurde - wiewohl es mit einem Anteil von 36 Prozent gemessen an Installationen längst der größte Industrierobotermarkt ist - zuletzt deutlich konservativer investiert. Vielmehr sorgte Japan für Freude - und die USA mit erstaunlichen 20 Prozent Plus. Und was auch Mitteleuropäer freudig stimmen wird: Der Maschinenbau hat die Vorzüge der Robotisierung erkannt. Mittlerweile bilden die Metallindustrie samt Maschinenbau den drittgrößten Abnehmer - Tendenz steigend. Was Hoffnung gibt: "Auch bei vielen Anlagenbauern in Österreich ist die Auftragseingangslage aktuell gut", heißt es bei einem Industrieelektronikanbieter.

Portfolio-Überraschungen

Apropos Industrielektronik: Dort wird die Verschmelzung mit der Robotik vor allem steuerungsseitig vorangetrieben. Etwa beim Eggelsberger Automatisierer B&R, der als Teil des ABB-Konzerns zuletzt die vollständige Integration der Roboterflotte der Schweizer in ihre Automatisierungssysteme vollzog. Kein reines Vertriebsthema, wie die Oberösterricher versichern. "Ein Roboter ist normalerweise ein in sich geschlossenes System mit einer eigenen Steuerung und einem eigenen Schaltschrank", sagt B&R-Geschäftsführer Hans Wimmer.

Engineering, Diagnose und Wartung liefen über eigenständige Systeme mit einer speziellen Robotiksprache, für die es oft speziell geschulte Programmierer benötigen würde, sagt er. Mit der Einbindung von ABB-Robotern sei ein vollständig integriertes Automatisierungssystem entstanden. "Für den Maschinenentwickler macht es in Zukunft keinen Unterschied, ob er eine Einzelachse oder einen Roboter in seine Maschine implementiert“, so der B&R-Chef.

Die Vorteile liegen so etwa in einer mikrosekundengenauen Synchronisierung zwischen Robotik und Maschinensteuerung, heißt es in Eggelsberg. Das bringe mit Blick auf kleine Losgrößen mehr Flexibilität, einschließlich der Maschinenebene“, sagt Sami Atiya, Mitglied des ABB-Konzernvorstands und verantwortlich für den Geschäftsbereich Robotik und Fertigungsautomation. Konkret: Da der Roboter ohne eigene Steuerung auskommt, entfallen alle Schnittstellen zur Maschine. Sämtliche Achsen und Sensoren kommunizieren nun in einem Netzwerk. Das - ein Novum - hebt die Präzision in den Mikrosekundenbereich.

Zudem werde nur eine Steuerung und ein Engineering-System für die Entwicklung, Diagnose und Wartung benötigt. Ein eigener Schaltschrank für den Roboter ist nicht notwendig. "Das spart Platz", heißt es bei B&R.

Mehr Durchsatz in derselben Zeit

Insgesamt wird das System einfacher bedienbar und programmierbar. "Mit den vorgefertigten Softwarebausteinen von mapp Technology können Entwickler die Maschinenapplikation inklusive der Robotik schntell parametrieren – Kenntnisse spezieller Robotiksprachen sind nicht erforderlich", heißt es bei den Eggelsbergern. Zudem wird die Synchronisierung zwischen Sensoren und Roboterbewegungen einfacher. So kann zum Beispiel das Ergebnis einer Qualitätsüberprüfung durch eine Vision-Kamera von B&R in weniger als einer Millisekunde in einen Steuerungsbefehl für einen ABB-Roboter umgewandelt werden. Dieser entfernt ohne manuellen Eingriff fehlerhafte Werkstücke aus dem Produktionsprozess, ohne ihn zu bremsen.

Da keine getrennte Hardware, getrennte Kommunikationsnetzwerke und getrennte Applikationen notwendig sind, lassen sich Roboter und die restliche Maschinenautomatisierung exakter synchronisieren. Die Bewegungen des Roboters und aller Maschinenachsen lassen sich mikrosekundengenau aufeinander abstimmen. Und am Ende werde die "Produktivität der Maschine und der Durchsatz erhöht", heißt es bei B&R.