Industriekonjunktur : IV: Stabile Konjunktur trotzt Vielzahl von Störfaktoren

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„Die industriegetragene Erholung nach COVID-19 zeigt sich in einer bemerkenswert robusten Verfassung. Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung weisen auf eine fortgesetzte konjunkturelle Erholung auch im kommenden Jahr hin. Zwar verringert sich die Expansionsdynamik im Vergleich zum heurigen Jahr erheblich. Doch das ist kein Selbstläufer. Eine Vielzahl von Störfaktoren sind vorhanden“, fasste Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), am heutigen Donnerstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit IV-Chefökonom Christian Helmenstein die aktuelle konjunkturelle Situation zusammen. Einer jener Störfaktoren seien die massiv gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten, die sich zunehmend als Erholungssbremse erweisen und damit einen rascheren Abbau der Arbeitslosigkeit verhindern. "Unternehmen kommt damit außerdem ein gewisser Spielraum für Investitionen abhanden“, so Neumayer weiter.

Die Ursachen dieser nachteiligen Entwicklung seien äußerst vielfältig und u.a. in der Stärke der Erholungsdynamik selbst, aber auch geopolitisch und sogar meteorologisch begründet. „Eine kleine Volkswirtschaft wie Österreich kann diese Ursachen naturgemäß nicht beseitigen. Zwar zeichnet sich für das Frühjahr 2022 eine Entspannung der Situation ab. Dennoch könnten – und sollten – die negativen Auswirkungen durch kurzfristige Maßnahmen gedämpft und damit Wirtschaft und Arbeitsplätze vor Schaden bewahrt werden“, betonte der IV-Generalsekretär. In diesem Zusammenhang gäbe es etwa – analog zu den Corona-Hilfen – Liquiditätshilfen für besonders betroffene, energieintensive Unternehmen, Steuer- und Abgabenstundungen, Vorauszahlungsverzichte oder auch die zeitlich begrenzte Reduktion energiespezifischer Abgaben als Handlungsmöglichkeiten. „Wir profitieren derzeit von einer soliden Erholungssdynamik und sehen dadurch einen sehr ermutigenden Rückgang der Arbeitslosigkeit. Umso mehr gilt es nun alles zu tun, um diese erfreuliche Entwicklung stabil zu halten, indem wir die Liquidität und Investitionsfähigkeit der Unternehmen vor Unwägbarkeiten absichern“, so der IV-Generalsekretär.

„Hinter der Überschrift einer fortgesetzten Konjunkturerholung verbergen sich große Herausforderungen für die Unternehmen. Angesichts nach wie vor bestehender Reisebeschränkungen sind selbst die epidemiologisch motivierten, regulatorischen Beschränkungen noch nicht zur Gänze überwunden, sodass die österreichische Exportwirtschaft nicht vor dem kommenden Jahr mit einer Rückkehr zur Normalität rechnen kann. Das betrifft insbesondere den Fernhandel. Kostenseitig sehen sich die Unternehmen mit enormen Preissteigerungen für Industrierohstoffe und Energie, zum Teil auch mit Verfügbarkeitsengpässen bei Intermediärgütern, insbesondere Halbleitern, aber auch anderen Vorproduktion, konfrontiert. Und nicht zuletzt ist der wie erwartet auftretende Fachkräftemangel nur der Vorbote eines demografischen Gezeitenwechsels, welcher in den kommenden Jahren einen allgemeinen Arbeitskräftemangel mit sich bringen wird“, erklärte IV-Chefökonom Christian Helmenstein.

Die Ergebnisse der aktuellen IV-Konjunkturumfrage

Das IV-Konjunkturbarometer, welches als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, bildet sich zum ersten Mal seit fünf Quartalen und damit seit dem ersten Lockdown von 42,5 Punkten auf 39,5 Punkte zurück. Dieser (leichte) Rückgang des Konjunkturbarometers ist vor dem Hintergrund der Vielzahl von Störfaktoren ausschließlich auf die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage zurückzuführen, welche das Hochkonjunkturniveau verlassen hat und sich in Richtung einer konjunkturellen Normallage entwickelt. Bei den Geschäftsaussichten in sechs Monaten ist hingegen nach einer zweimaligen Abschwächung eine Stabilisierung auf mäßigem Niveau zu beobachten (+17 Punkte nach +16 Punkten).

Dementsprechend hat die konjunkturelle Erholungsdynamik ihren Plafond bereits durchschritten. Eine Fortsetzung der Erholung in moderatem Tempo steht – abgesehen von nicht prognostizierbaren exogenen Schocks – für die österreichische Wirtschaft außer Zweifel, schon aufgrund der nach wie vor ultraexpansiven geldpolitischen Flankierung und fiskalischer Stimuli wie insbesondere der Investitionsprämie, aber auch der konsumstärkenden Steuerreform im kommenden Jahr. Hinzu kommt, dass die bis dato weitestgehend industriegetragene Erholung im Jahr 2022 nach drei Jahren COVID-bedingter Starre wieder von der Tourismuswirtschaft mitgetragen werden wird, sodass auch von diesem Sektor erstmals nach langer Durststrecke wieder nennenswerte Wachstumsbeiträge zu erwarten sind. Schließlich sollte die österreichische Wirtschaft zusätzliche Wachstumsimpulse sowohl aus Deutschland als auch aus Italien empfangen. Erstere Volkswirtschaft sollte post-COVID nach einer zunächst zögerlichen Erholungsdynamik ab 2022 allmählich wieder Tritt fassen, während letztere im kommenden Jahr einen fortgesetzten Boom erwartet, der auch durch den europäischen Aufbaufonds alimentiert wird. Diese Gesamteinschätzung ist auch gegenüber einer erneuten, wellenförmigen Zunahme des Infektionsgeschehens infolge von Mutationen des Corona-Virus weitgehend robust.

Das Absinken des IV-Konjunkturbarometers vermochten auch die nochmals geringfügig gestiegenen Gesamtauftragsbestände (+74 Punkte nach +73 Punkten) nicht zu verhindern. Vor allem die Komponente der Auslandsaufträge wirkt hier bei einem Anstieg um 3 Punkte auf einen Saldo von nunmehr +68 reichweitenstärkend und damit auslastungs- und beschäftigungsstabilisierend. In Übereinstimmung mit dem durch die diversen Störfaktoren geprägten Gesamtbild bildet sich das Momentum bei den Produktionserwartungen in saisonbereinigter Betrachtung jedoch mehr und mehr zurück: Selbige legen nur mehr marginal um einen Punkt auf nunmehr +38 Punkte zu.

Mit der mangelnden Verfügbarkeit von Arbeitskräften zusammenhängend sinkt der Wert für den Beschäftigtenstand um 4 Punkte auf den nach wie vor sehr hohen Saldo von +26 Punkten. Weiterhin beabsichtigen nahezu zwei von fünf Unternehmen, ihren Beschäftigtenstand im laufenden vierten Quartal aufzustocken, während nur jedes zwanzigste Unternehmen seinen Beschäftigtenstand nicht zu halten vermag. Bei den erzielbaren Verkaufspreisen sieht mehr als ein Drittel der Respondenten nicht nur die Notwendigkeit, sondern auch die Möglichkeit der Überwälzung gestiegener Rohstoff- und Energiekosten (Saldo +36 nach +41).

Derzeit geht von der je nach Sektor mit wenigen Ausnahmen guten bis ausgezeichneten Mengenkonjunktur noch ein ertragsstärkender Impuls aus (Saldo +43 nach +39). Allerdings trübt sich mit dem dritten Rückgang in Folge die Perspektive auf Sicht von sechs Monaten nochmals geringfügig ein (Saldo +6 nach +7). Der Anteil der Respondenten, die eine weitere Verbesserung der Ertragslage erwarten, geht dabei um fünf Prozentpunkte auf 18 Prozent zurück. Diese in Teilen der Industrie zu beobachtende Ertragsskepsis schlägt auf den Indikator noch nicht stärker durch, solange parallel dazu der Anteil der Unternehmen, die mit einer sich verschlechternden Ertragslage rechnen, aufgrund der im Durchschnitt hohen Auslastung ebenfalls abnimmt. Dementsprechend sind die Voraussetzungen für eine anhaltende investitionsgetragene Erholung in Österreich bei einem noch im positiven Bereich liegenden Ertragsindikator nach wie vor intakt.

Die IV-Konjunkturumfrage: Zur Befragungsmethode

An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 391 Unternehmen mit rund 260.400 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung:

Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.