Hintergrund : Frankreich bleibt das am stärksten von Atomkraft abhängige Land der Welt

AKW Atom Atomkraft Atomkraftwerk Endesa Asco
© Endesa

Das älteste französische Atomkraftwerk im elsässischen Fessenheim ist seit Dienstag endgültig vom Netz. Auch nach der Abschaltung bleibt Frankreich so stark wie sonst kein Land der Welt von der Atomenergie abhängig:

Noch 56 REAKTOREN

In Frankreich sind nach der Abschaltung des Atomkraftwerks Fessenheim immer noch 56 Reaktoren in Betrieb. Nach Angaben des Netzbetreibers RTE standen sie im vergangenen Jahr für rund 71 Prozent der Stromproduktion. Das ist mit Abstand der größte Anteil weltweit. Neben den beiden Reaktoren in Fessenheim haben auch andere die vorgesehene Altersgrenze von 40 Jahren bereits überschritten.

ATOMKRAFT ALS "KLIMARETTER"

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hält die Atomkraft für entscheidend beim Klimaschutz, da sie keine Treibhausgase erzeuge. Er wirbt dafür, Europa bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt zu machen. Dabei sieht er die Atomkraft als zentralen "Teil des Übergangs". Umweltschutzorganisationen wie der BUND rufen Frankreich dagegen zum Umdenken auf.

PLÄNE ZUM TEILAUSSTIEG

Den geplanten Teilausstieg aus der Atomkraft hat Macron aufgeschoben: Insgesamt 14 Reaktoren sollen bis 2035 abgeschaltet werden, die beiden in Fessenheim eingerechnet. Der Atom-Anteil an der Stromerzeugung soll damit von derzeit gut 70 auf 50 Prozent sinken. Die sozialistische Vorgängerregierung wollte dieses Ziel bereits 2025 erreichen, also zehn Jahre früher.

VORERST KEINE NEUEN AKWs

Neue Atomkraftwerke werden in Frankreich vorerst nicht gebaut. Die Entscheidung soll frühestens Ende 2022 fallen, wie die Regierung mitteilte. Das ist nach der ersten Amtszeit von Präsident Macron. Dann soll auch über einen möglichen Ausbau der erneuerbaren Energien entschieden werden. Deren Anteil an der Stromerzeugung lag zuletzt bei rund 22 Prozent. Die letzten vier Kohlekraftwerke will Frankreich ebenfalls 2022 schließen.

DEBAKEL UM DAS "VORZEIGEPROJEKT" FLAMANVILLE

Ursprünglich wollte Frankreich sechs neue Atomreaktoren bauen. Doch nach dem Debakel um das einstige Prestigeprojekt im nordfranzösischen Flamanville hat die Regierung die Reißleine gezogen. Beim Bau des neuartigen Druckwasserreaktors am Ärmelkanal gab es Mängel und massive Sicherheitsbedenken der Atomaufsicht. Die Kosten haben sich auf 12,4 Milliarden Euro fast vervierfacht. Die Inbetriebnahme ist laut Betreiber EDF nun Ende 2022 geplant, zehn Jahre nach dem ursprünglich vorgesehenen Start. (afp/apa/red)