Big Leaguer des Shopfloors : Fabrik2021: Wie BRP-Rotax um den Titel Effizienteste Produktion im Land fightet

Produktion bei BRP-Rotax in Gunskirchen
© BRP-Rotax

Rekordverdächtige Auslastung bei einem Höchststand von aktuell über 1.500 Mitarbeitern: Der Boom des motorisierten Freizeitsportbereichs drückt dem Gunskirchener Motorenwerk BRP-Rotax seinen Stempel auf. Jede freie Sekunde ist man - auf heimische Gefilde zurückgeworfen - auf Achse, motorisiert auf festem Terrain anzutreffen oder im nassen Element, wie es der Erfinder des Sea-Doos vorsah. Rund zwei Drittel der in vier Linien am Standort produzierten Antriebe für BRP-Powersport-Fahrzeuge, Karts und Sportflugzeuge gehen nach Nordamerika, dort ist der Hang zur motorisierten Erlebnisfreude noch einmal ausgeprägter, die Nachfrage demzufolge "weiterhin ungebremst", schildert Gerald Greiner.

Der studierte Mechatroniker arbeitet seit 2017 im Produktionsbereich von BRP-Rotax, seit dem Vorjahr hat er die Produktionsleitung der Montage inne. Von so mancher Glanzstunde im Unternehmen, das sich Ende Juni der Evaluierung durch Fraunhofer Austria stellt, kann der 39-jährige "production guy" eindrücklich erzählen. So machte das Unternehmen die Einführung von sechs Business-Unit-Leitern, die ihre Teams als Entrepreneure am Shopfloor in kleinen agilen Einheiten steuern und crossfunktional die Qualität sowie die Planung weiterentwickeln, speziell in der Pandemie "um einiges reaktionsschneller", sagt Greiner.

Anbindung an Wertstrom

Auch am Shopfloor - für Besucher ein Ort mit intensiver Erfahrungsebene - gelangen Riesenschritte. Fast mehrheitlich wurden die Produktionsmaschinen der im Vierschichtbetrieb genutzten Anlagen für Zwei- und Viertaktmotoren sukzessive an den Wertstrom angebunden. Im Zuge dieser Kontextverschiebungen fanden "250 Maschinen einen neuen, optimalen Stellplatz", schildert Greiner. Nun sei von der Fertigung bis zur Montage ein perfekter Warenstrom nach den Gesetzmäßigkeiten des One-piece-flow realisiert.

Auch deshalb: Ein automatisiertes Pull-System trat im Vorjahr an die Stelle der bisher genutzten Kanban-Karten. Jetzt weiß der Mitarbeiter an der Linie audiogestützt und dank direkter visueller Unterstützung am Bildschirm oder Tablet jederzeit, welcher Handgriff der nächste ist. Und die Liniensteuerung weiß zu jeder Zeit, welcher Motor einer Tranche sich wo an der Linie befindet. So wird Material zum optimalen Zeitpunkt bereitgestellt. "Wir schraubten am für uns sehr wichtigen Parameter Flächennutzungsgrad", so Greiner.

Laufende Erweiterungen

Zugleich ist der Gunskirchener Standort aktuell Kulminationspunkt für Erweiterungsschritte. So wurden im Vorjahr die Produktionsflächen durch einen Zubau erweitert, aktuell verdoppelt man die Kopfzahl in der Montage und eine weitere Plasmabeschichtungsanlage fand in den Maschinenpark. Auch mitunter abstrakt anmutende Technologien der Künstlichen Intelligenz werden in Gunskirchen lebendig. In der "Linie Süd" - hier werden Antriebe für On-Road-Roadster und Schneeschlitten montiert - erfolgt mithilfe von zwei kollaborierenden Robotern und Kamerassystemen über maschinelles Lernen die visuelle Schlusskontrolle. "Unser erster großer Praxiseinsatz von KI", sagt Gerald Greiner.

Auch die Prinzipien der schlanken Fertigung bleiben in Gunskirchen Teil des hier fest verankerten rationalen Zweckstrebens. Freilich nicht ungeachtet der neuen digitalen Möglichkeiten. So wurde unlängst ein VR-Assessment, eine Art Crashkurs für für Montagemitarbeiter im virtuellen Raum, geschaffen. Was nicht verschwiegen werden soll: Mit der Lösung setzten sich die Oberöstereicher kürzlich in einem VR-Wettbewerb gegen British Airways und US-Airforce durch.